Nahversorgung: Simmozheimer Bevölkerung diskutiert eifrig über Landmarkt und Discounter-Filiale / Erneut Thema am Ratstisch
Discounter oder Landmarkt beziehungsweise Dorfladen? Diese Frage zur künftigen Entwicklung der Nahversorgung in Simmozheim treibt derzeit die dortige Bevölkerung um. Die Lebensmittelversorgung in der Gäugemeinde ist kommende Woche erneut Thema im Gemeinderat.
Simmozheim. In der Gäugemeinde wird nach der jüngsten Sitzung des Gemeinderats eifrig über den Neubau einer Netto- oder Penny-Filiale auf der grünen Wiese und als Gegenentwurf über einen Landmarkt diskutiert, der im Gebäude des ehemaligen "nah und gut"-Markts unterkommen könnte. Wie berichtet, hatte ein gelernter Kaufmann aus der Einzelhandelsbranche seine Vorstellungen für einen "Simmozheimer Landmarkt" in den 200 Quadratmeter großen Räumen des ehemaligen Lebensmittelgeschäftes, das zum 31. August geschlossen wurde, vorgestellt. Außer dem in Simmozheim lebenden Kaufmann bewerben sich die Discounter Penny und Netto um einen Neubau in der Gäugemeinde. Letztere benötigen für den Bau eines modernen Lebensmittelmarktes ein Grundstück von mindestens 4000 Quadratmetern. Darauf könnten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche und 60 Parkplätze entstehen. Während sich die Einrichtung eines Ladens in den bisherigen "nah und gut"-Räumen relativ schnell erreichen ließe, würde sich der Bau eines Lebensmitteldiscounters ziemlich hinziehen.
Der Favorit
Die Gemeindeverwaltung hatte die Ansiedlung eines Marktes mit einer Verkaufsfläche von circa 800 Quadratmetern favorisiert. Eine Fläche im Gebiet "Weiler Weg" erachtet sie als dafür geeignet, nicht zuletzt, weil sie nicht weit von der Ortsmitte entfernt liegt. Zu einer Einigung kam es in der Oktober-Sitzung jedoch nicht und eine Entscheidung in dieser Angelegenheit wurde vertagt.
Unterdessen sorgt das Thema Lebensmittelversorgung für viel Gesprächsstoff, weil die beiden verschiedenen Varianten für deren künftige Ausgestaltung völlig gegensätzlicher Natur sind. "Wir sind der Meinung, dass in Simmozheim ein Discounter fehl am Platze ist. Es wäre vorteilhaft, wenn der Lebensmittelmarkt den dörflichen Charakter unterstreicht", äußern sich Daysi und Ferdinand Breitling, Jutta und Albert Rentschler sowie Ulrike und Kurt Schmid gegenüber dem Schwarzwälder Boten. Sie sprechen damit vielen Simmozheimern aus dem Herzen. Nicht zuletzt eine Unterschriftenaktion pro Landmarkt hatte unlängst großes Interesse hervorgerufen. Ein Landmarkt könne das Dorfzentrum beleben und die sozialen Kontakte fördern, betonen die drei Simmozheimer Familien. Wichtig sei dies gerade im Hinblick auf die älteren Einwohner, die einen wesentlichen Anteil der Kundschaft ausmachen würden. "Die Versorgung sollte sich auf die täglich notwendigen Dinge konzentrieren, was bei einem Discounter nicht unbedingt der Fall ist, da die Verkaufsfläche auf circa einem Viertel der Fläche mit wöchentlich wechselnden Non-Food-Angeboten wie Werkzeugen, diversen elektrischen Artikeln, Kleidung oder Haushaltsartikeln belegt ist", wird weiter argumentiert.
Das Müllproblem
Hinsichtlich des anfallenden Verpackungsmülls zum Beispiel bei abgepackten Wurst- und Fleischwaren sehen die Befürworter eines Dorfladens auch eher Potenziale bei einem Versorger, der lokale Waren anbiete und Verpackungsanteile so gering wie möglich halten könne: "Möglicherweise ist der lokale Anbieter eher fähig, sich auf regionale und alternative Quellen zu stützen, da es hier keine Konzernvorgaben gibt". Somit seien die Chancen für eine umweltgerechtere Versorgung ohne Massentierhaltung, mit weniger Kunststoffverpackungen und kurzen Wegen größer als bei einem Discounter. "Bei der Entscheidung sollten auch die am Ort existierenden Filialen der Bäckereien berücksichtigt werden", betonen die Familien. "Möchten wir das Handwerk unterstützen, oder gibt es Konkurrenz von industriell erzeugten Backwaren beim Discounter?", fragen sie sich. Sie würden für die lokale Handwerkskunst plädieren.
Für den Discounter seien 60 Parkplätze geplant. "Eigentlich sollten wir im Angesicht der Umweltdiskussion doch eher zum Schluss kommen, dass man auch mal zu Fuß oder mit dem Rad einkaufen gehen kann. Seither waren zwölf bis 15 Parkplätze ausreichend, 60 Plätze sind nach unserer Auffassung unnötig und bedeuten zu viel versiegelte Fläche. Würden diese tatsächlich genutzt, so führt das zu einer stark erhöhten Verkehrsbelastung."
Streuobstwiesen für Parkplätze zu opfern, komme nicht in Frage: "Wir meinen, die aktuelle Umweltdiskussion zeigt uns auf, dass solche Biotope wie Streuobstwiesen doch eher gefördert als vernichtet werden müssen. Sie zählen zu den artenreichsten Lebensräumen in Deutschland und bieten zahlreichen Vögeln sowie Insekten einen optimalen Lebensraum. Sofern wir dies wieder schätzen lernen, versorgen sie uns mit heimischem Obst."
Außerdem sei zu berücksichtigen, dass es sowohl in Weil der Stadt als auch in Althengstett mehrere Discounter unterschiedlicher Anbieter gebe. Ein neuer Discounter in Simmozheim würde kaum Kunden von außerhalb des Ortes anziehen und wäre wegen mangelndem Umsatz eventuell nicht lange überlebensfähig, geben die Kritiker zu bedenken. Was dann bliebe, wäre ihrer Ansicht nach eine neuerliche Versorgungslücke und zusätzlich eine Bauruine.
Für den Landmarkt spreche auf jeden Fall die bereits vorhandene Fläche und dass er zeitnah eröffnet werden könne. "Der Markt ist ausreichend dimensioniert und kann alles bieten, was für den täglichen Bedarf benötigt wird. Es ist vorgesehen, dass sowohl regionale als auch Bio-Produkte sowie Artikel zu Niedrigpreisen angeboten werden", äußern sich die Befürworter des Landmarkts. Durch das Angebot von lokalen Produkten werde die eigene Region gestärkt. Das Einkaufen in solch einem Markt sei angenehmer und persönlicher als in einem anonymen Discounter. "In Gesprächen mit Freunden, Bekannten und Nachbarn kommt immer wieder zum Ausdruck, dass es in Simmozheim wieder einen ›normalen Dorfladen‹ geben soll", betonen die drei Familien.
Die Entscheidung
Das geplante Konzept des Landmarkts habe sich bereits in anderen Gemeinden bewährt, "und wir sollten diese Chance auf jeden Fall nutzen". Die Gemeinde trage dabei keinerlei Risiko. "In Anbetracht des Konzepts für das Schillerareal und die strategischen Ziele, formuliert im Gemeindeentwicklungskonzept ›Perspektive Simmozheim 2030‹, sehen wir das als ideale Ergänzung im Ortskern, die einfach und schnell umzusetzen ist. Wenn man die momentane Umweltdiskussion ernst nimmt, dann ist es höchste Zeit, Mut für alternative Lösungen zu zeigen, sonst wird sich nichts in unserem Konsumverhalten ändern." Nun hoffe man auf eine zukunftsweisende Entscheidung des Gemeinderats. Das Ratsgremium wird sich am Donnerstag, 7. November, in seiner Sitzung ab 19 Uhr mit dem weiteren Vorgehen in Sachen Lebensmittelversorgung befassen.