In Corona-Zeiten ist der Wald für viele Menschen Sehnsuchtsort und Rückzugsraum. Foto: © Farknot Architect – stock.adobe.com Foto: Schwarzwälder Bote

Corona: Natur vor der Haustür als Zufluchtsort/ Revierförster macht auf Kehrseiten der Entwicklung aufmerksam

Viele Freizeitmöglichkeiten wie Sport im Verein oder Singen, Reisen und anderes mehr sind aufgrund der Corona-Verordnungen derzeit nicht möglich. Folglich suchen die Menschen Abwechslung in ihrem Umfeld und nutzen die Natur vor der Haustür als Zufluchtsort.

Althengstett/Gechingen/Simmozheim/Ostelsheim. Natürlich ist ein Aufenthalt in der Natur die beste Möglichkeit, sich wieder zu erden, die Seele baumeln zu lassen und auch wieder Kraft zu schöpfen. "Waldbaden" heißt das heute. Dass die Zahl derer, die Wald und Flur in ihrer nahen Umgebung zu Erholungszwecken aufsuchen, enorm zugenommen hat, weiß der Forst-Revierleiter der vier Gemeinden im Gemeindeverwaltungsverband Althengstett, Jürgen Martinek. Und er weiß auch um die Auswirkungen, die sich daraus ergeben.

Inzwischen Hotspot fürWohnmobil-Touristen

"Wir beobachten, dass das Simmozheimer Hörnle mittlerweile auch ein überregional bekannter Hotspot für Wohnmobil-Touristen ist, an Wochenenden und bei schönem Wetter ist der Parkplatz übervoll", so der Förster im Gespräch vor Ort. Heute parken wenige Autos und nur ein Wohnmobil dort, was wohl dem April-Wetter mit Schnee- und Graupelschauer geschuldet ist, dazu sieht der Platz recht sauber aus. "Warum wohl?", fragt Martinek und spricht das Müll-Problem an solchen Orten an: "Erst gestern waren unsere Leute hier und haben den Müll eingesammelt. Der liegt vielfach neben dem aufgestellten Mülleimer oder ›fällt‹ gleich neben den Autos raus und liegt dann auf dem Platz verstreut." Das ist nicht nur ein ästhetisches Problem, sondern auch eines für die Tierwelt: "Nachts kommt der Fuchs oder die Raben, sie verteilen die Hinterlassenschaften weiter auf der Suche nach Fressbarem und nicht alles davon ist für sie gesund."

Forstarbeiter sammelngroße Müllmengen ein

Mittlerweile sind die Forstarbeiter auch Müllsammler, zwei Mal die Woche sind sie in der Regel im Gebiet der Verbandsgemeinden als solche unterwegs. Vielfrequentierte Orte wie das "Hörnle", von wo aus sich die Erholungssuchenden auf den Weg machen, gibt es in den Gemarkungen jeder der vier Gemeinden, weiß Martinek, mit den entsprechenden Mengen an unschönen Hinterlassenschaften. Was ihm auch auffalle, sind deutlich mehr Hundebesitzer als in Vor-Corona-Zeiten, die unterwegs sind: "Über die Gründe können wir jetzt spekulieren, es gibt sicher mehrere."

Wie sieht es jetzt im Wald aus? "Ein Waldweg hat ja mehrere Funktionen", sagt Martinek, "erstmal ist er eine Verbindung von A nach B, die Spaziergänger und Wanderer nutzen". Weiter ist er Sportgelände für Radfahrer und Jogger. Dann ist er noch Wirtschaftsweg und Arbeitsgebiet für die privaten und kommunalen Waldbesitzer. Hier kollidieren zwangsläufig manchmal die verschiedenen Interessen, "und es ist zu beobachten, dass die mehr Menschen, die mittlerweile im Wald unterwegs sind, in den Wald ›hineindiffundieren‹". Will heißen, so Martinek, diejenigen, die bisher auf den Schotterwegen unterwegs waren, suchen sich die ruhigeren, kleineren Waldwege und die anderen, die bisher auf den kleinen Wegen und Pfaden unterwegs waren, laufen jetzt mitten durch den Wald. Und die Mountainbiker suchen sich ihre Trails abseits der Wanderer, Spaziergänger und anderen Radler. Das wiederum stört die Tierwelt in der aktuellen Brut- und Setzzeit erheblich. Deshalb ruft der Revierleiter dazu auf, auf jeden Fall auf den ausgewiesenen Wegen zu bleiben.

Hat Corona auch Auswirkungen auf die lokale Forstwirtschaft? Aktuell ja, bei der nicht wie üblich möglichen Holz-Versteigerung an private Holzkäufer. Dabei kommen in normalen Jahren die Interessenten zum Beispiel in den Gemeindehallen in Simmozheim oder Gechingen zusammen und geben ihre Gebote für die aufgerufenen Holzmengen und -qualitäten ab. "Diesmal mussten wir das über Zuteilungen machen und dabei konnte leider nicht jeder Wunsch zur Zufriedenheit erfüllt werden", berichtet Martinek.

Zu Beginn der Corona-Krise im vergangenen Jahr, als vermehrt Sturm- sowie Schadholz aufgrund von Insektenbefall angefallen war, kam es wegen des Überangebotes zu einem Einbruch des Holzpreises. "Unsere regionalen Sägewerke haben anfangs das Holz zwar noch abgenommen, jedoch konnten sie das verarbeitete Holz nicht weiterverkaufen, weil viele der auch länderübergreifenden Ketten aufgrund von Corona abgebrochen waren", so der Förster. Diese Problematik gebe es erfreulicherweise im zweiten Corona-Jahr nicht mehr, die Verarbeitungs- und Weiterverkaufswege funktionierten wieder.