Über die Pläne für ein Wasserstoffzentrum Nordschwarzwald sprachen in Simmersfeld der Innovationsbeauftragte Stefan Kaufmann (von links), Boysen-Geschäftsführer Rolf Geisel, der Parlamentarische Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel und Landrat Helmut Riegger, während sie ein mit Wasserstoff und Strom angetriebenes Fahrzeug inspizierten.Foto: k-w Foto: Schwarzwälder Bote

Zukunftstechnologie: Innovationsbeauftragter der Bundesregierung schaut sich in Simmersfeld um

Stefan Kaufmann – auch als "Mister Wasserstoff der Bundesregierung" bekannt – hat sich mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel in Simmersfeld über die Konzeption für das Boysen Wasserstoffzentrum Nordschwarzwald (BWZ) informiert.

Simmersfeld. Der Umsatz der Boysen Gruppe hat in den letzten Jahren eine starke positive Entwicklung genommen, doch ist das für den Chef der Abgasspezialisten noch lange kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen, sagte Geschäftsführer Rolf Geisel, als er den beiden CDU-Bundestagsabgeordneten in Simmersfeld ein mit Wasserstoff und Strom angetriebenes Auto vorstellte. Schnell waren sich die beiden Politiker mit dem Unternehmer und dem Calwer Landrat Helmut Riegger einig: Die Weiterentwicklung der Wasserstoff-Technologie darf nicht am Mittelstand vorbeilaufen und schon gar nicht den Großkonzernen alleine überlassen werden.

"Wir haben uns schon lange vor Dieselskandal 2015 und Corona 2020 mit künftigen Antriebstechniken beschäftigt", betonte Geisel, der sich nicht vorstellen kann, dass die Elektromobilität über einen 40-prozentigen Marktanteil hinauskommt, zumal der Hybrid unwirtschaftlich sei. Es werde auch künftig Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor geben, allerdings in zunehmend reduziertem Umfang. "Um die verschiedenen Anforderungen zwischen Nah-, Fern- und Schwerlastverkehr zu erfüllen, müssen wir uns intensive Gedanken über alternative Antriebskonzepte machen", zeigte sich Geisel technologieoffen.

"Auf jeden Fall müssen wir schauen, dass unsere deutsche Automobilindustrie nicht zugrunde geht", sagte der Unternehmer. Für das Wasserstoffzentrum soll Strom aus regenerativen Energien genutzt werden. Geisel: "Wir sehen klare Vorteile, das Thema in unserer Region zu etablieren." Eine Wasserstoff-Tankstelle ist ebenfalls geplant. In der Forschung arbeitet Boysen mit Universitäten in Stuttgart, Karlsruhe und Dresden zusammen.

Die Investitionen sind nicht ganz uneigennützig, wie der Geschäftsführer erklärte, denn "die Rendite in der Automobil-Zulieferung geht stetig nach unten". Ergo engagiere sich Boysen auch verstärkt in der Aus- und Weiterbildung, denn "wir brauchen gute Leute, die diesen Umbruchprozess mittragen". Jetzt sei es allerdings an der Zeit, politische Unterstützung einzufordern, um den Bau von Elektrolyseur-Anlagen, die Brennstoffzellen-Fertigung und Transportsysteme für die Wasserstoffwirtschaft voranzubringen.

"Um Deutschland zur Wasserstoffrepublik zu machen, müssen wir unsere ganze Innovationskraft aktivieren. Dann haben wir im internationalen Wettbewerb die Nase vorn", betonte der Innovationsbeauftragte Stefan Kaufmann, "dafür brauchen wir gerade auch den Tüftlergeist und die Cleverness aus dem Innovationsstandort Baden-Württemberg."

Für Hans-Joachim Fuchtel rückt die Frage in den Vordergrund: Wie stehen wir zu unserem innovativen Mittelstand? Dazu sei eine exakte Strukturanalyse nötig, um die Chancen für die Technologie herauszukristallisieren. Fördergelder müssten unbedingt im ländlichen Raum ankommen, um strukturschwache Regionen in die "Pole Position" zu bringen.

Dass der Mittelstand "ohnehin schneller und flexibler auf die Herausforderungen reagieren und sie auch umsetzen kann", sagte Landrat Helmut Riegger, der Fördergelder beim Mittelstand gut eingesetzt sieht. Rolf Geisel zeigte sich zufrieden mit der über dreistündigen ersten Bestandsaufnahme: "Wir brauchen auf jeden Fall das Gefühl, dass wir mit dem Thema nicht alleine dastehen."