Pferdehalterin Katja Hahn-Heinze (links) und die Besitzerin der Pferdepension Miriam Wittum an der Weide, auf der die beiden Pferde verletzt wurden. Foto: Wind

In Simmersfeld-Fünfbronn wurden zwei Pferde verletzt. Eines ist inzwischen tot. Unsicherheit bei Pferdewirtin.

Simmersfeld-Fünfbronn - Vor drei Wochen wurden zwei Pferde auf einer Koppel bei Simmersfeld-Fünfbronn verletzt. Analyseergebnisse stehen noch aus, aber im Ort fürchtet man, dass es der in der Gegend sesshafte Wolf war. Pferdepensionsbesitzerin Miriam Wittum fühlt sich mit ihren Sorgen nicht ernstgenommen.

Die Unsicherheit in Fünfbronn ist groß, berichtet Miriam Wittum, die dort gemeinsam mit ihrem Mann Johannes die Pferdepension Concentus Equorum betreibt. Bereits im Februar wurde Wolfs-DNA an einem gerissenen Rotwild auf einem Feld bei Fünfbronn nachgewiesen, auch zwei Schafe im 15 Kilometer entfernten Baiersbronn-Huzenbach fielen Ende Juli einem Wolf zum Opfer. "Es steht fest, dass der Wolf hier ist. Er wurde auch schon von einer Wildtierkamera aufgenommen", sagt Wittum. Sie erzählt von Hundehaltern, die nicht mehr alleine Gassi gehen, einem Landwirt, der seine Rinder den Sommer über im Stall ließ und Dorfbewohnern, die sich nach Einbruch der Dämmerung nicht mehr aus dem Haus trauen. "Wir haben einen Welpen, mit dem ich abends raus muss. Da leuchte ich selbst immer ganz paranoid mit der Stirnlampe die Wiesen ab", so Wittum.

So ernst ist die Stimmung in Fünfbronn aber erst seit ein paar Wochen. "Jetzt traut man diesem Wolf einfach alles zu", meint Wittum.

"Auf den ersten Blick ist mir nichts aufgefallen"

Am Freitag, 24. August, schaut Miriam Wittum wie jeden Morgen nach der Hengstherde, die ganzjährig in einem 3,5 Hektar großen Gelände am Waldrand etwa 500 Meter vom Ort entfernt steht. "Auf den ersten Blick ist mir nichts aufgefallen", erinnert sie sich. Im Nachhinein sei auffällig gewesen, dass der Jährling Ostwind abseits der Gruppe stand, während sich der andere Jährling Amor Schutz suchend an einen älteren Wallach drückte. "Beide hatten tiefe, nässende Wunden an den Läufen", so die Pferdewirtin. Wittum rief sofort den Tierarzt: "Wir dachten erst, dass es Koppelverletzungen sind, die sich die Pferde irgendwie selbst zugezogen haben." Aber beim Säubern der Wunden durch den Tierarzt seien auf einer Höhe von etwa 1,30 Meter Bissspuren zum Vorschein gekommen. Für einen DNA-Abstrich war es da aber zu spät. "Bei Amor wurde ein Abstrich genommen, es ist aber unwahrscheinlich, dass da etwas rauskommt, weil die Wunde stark genässt hat."

Aufgrund der bereits bekannten Wolfsrisse in der Gegend und der Größe der Verletzungen, stellt sich für Wittum schließlich die Frage, ob ein Wolf die beiden jungen Pferde angegriffen haben könnte.

Die Besitzerin von Ostwind, Katja Hahn-Heinze aus Sindelfingen, ist zu diesem Zeitpunkt noch im Urlaub und erfährt nur über das Handy von dem Vorfall. Die Flugbegleiterin macht sich im Internet schlau und stößt auf das Luchs- und Wolfsmonitoring der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA). "Am Freitagabend und übers Wochenende habe ich dort niemanden erreicht, am Montag hat sich dann jemand von dort gemeldet", so Hahn-Heinze. Miriam Wittum telefoniert montags mit dem zuständigen Jägern und dem Orstvorsteher: "Ich hab sie gefragt, ob sie was von einem wildernden Hund wissen – es war aber keiner bekannt." Auch ein Rissgutachter kommt auf die Pferdepension.

"Das Gangbild von Ostwind hat uns nicht gefallen. Das deutete auf tieferliegende Verletzungen hin", so Wittum. Darum wurde der junge Hengst in die Tierklinik in Empfingen gebracht. "Da hat er sich aber scheinbar gar nicht wohl gefühlt, weil er vorher noch nie in einer Box stand", sagt Hahn-Heinze. Der Jährling, den sie erst vor Kurzem als prämiertes Fohlen für mehrere tausend Euro vom Züchter gekauft hatte, bekommt Koliken und stirbt letztlich beim Versuch einer Kolik-OP. "Ich glaube, das war einfach alles zu viel für ihn. Er wollte nicht mehr."

Dass die Verletzungen der beiden Tiere auf einen Wolfsangriff zurückzuführen sind, ist nicht bewiesen. Fotos der Wunden wurden laut Umweltministerium in Stuttgart an Experten im In-und Ausland geschickt. Von Seiten des Landkreises teilte Pressesprecherin Janina Müssle auf Anfrage des Schwarzwälder Boten mit: "Uns ist bisher nur bekannt, dass Pferde verletzt wurden, sehr wahrscheinlich von einem größeren hundeartigen Tier." Ob es ein großer Hund oder Wolf war, sei noch nicht geklärt. "Das Ergebnis liegt uns bisher noch nicht vor."

"Ich hoffe inständig, dass da etwas rauskommt. Ich möchte einfach wissen, was passiert ist", meint Hahn-Heinze. "Es geht hier auch nicht drum, Stimmung gegen den Wolf zu machen. Uns wäre es sehr viel lieber, wenn das ein wildernder Hund war", ergänzt Wittum. Für ihre junge Familie könnte der Vorfall weitreichende Konsequenzen haben. "Ich habe allen meinen Einstellern Bescheid gegeben und erzähle es auch denen, die bei mir für einen Platz anfragen", so Wittum. Sie habe deshalb schon mehrere Absagen erhalten. "Und ich kann es den Leuten nicht übel nehmen, ich würde es nicht anders machen."

Elektro-Zaun um die Koppel nachgerüstet

Die Pension verfolgt ein Ganzjahreskonzept, bei dem die Pferde Sommer wie Winter in der Herde auf der Koppel gehalten werden. Erst im vergangenen Jahr bekamen die Wittums die Genehmigung für einen weitläufigen Offenstall. "Wir sind auch einer, der ganz wenigen Höfe, die Hengste in der Herde halten." Aber eben diese naturnahe Haltung scheint jetzt zum Problem zu werden. "Wir haben den Elektro-Zaun um die Koppel sofort nachgerüstet", sagt Wittum. Wie vom Nabu empfohlen wurden drei zusätzliche Litzen in Bodennähe angebracht. "Ich glaube aber nicht, dass das den Wolf lange abhalten wird." Die untere Litze dürfe maximal auf einer Höhe von 20 Zentimetern angebracht werden, bei Unebenheiten im Gelände und auf einer Länge von etwa einem Kilometer sei das aber schwer zu gewährleisten. Auch die Stutenherde wurde inzwischen entsprechend gesichert. Am liebsten würde die Pferdewirtin einen hohen, untergrabungssicheren Zaun um das Gelände bauen. Doch das müsse sie erst einmal genehmigt bekommen. "Mir ist klar, dass wir mit dem Wolf leben müssen, aber dann muss ich mich auch gegen ihn schützen dürfen", fordert sie.