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Porträt / Simone Duelli-Meßmer ist Schulleiterin des Hoptbühl-Gymnasiums / Yoga macht sie jetzt vor dem Bildschirm

Manchmal kommen die Momente, in denen Simone Duelli-Meßmer in ihrer Arbeit keinen Sinn mehr sieht. Doch die Direktorin des Villinger Gymnasiums am Hoptbühl erkennt trotz Pandemie in ihrer Verantwortlichkeit für 600 Schüler und 65 Lehrkräfte dann stets auch wieder positive und motivierende Aspekte.

VS-Villingen. "Es ist ein Hürdenlauf, bei dem die Hürden immer höher werden", sagt die Schulleiterin. Vor zwei Wochen waren alle froh, dass die Schüler nach Monaten des Fernunterrichts wieder in die Schule kommen durften. Eine Woche später schlossen sich die Türen wieder. Die Siebt- bis Zehntklässler hatten seit Dezember keinen Präsenzunterricht mehr.

Aufwand für eine Woche

Simone Duelli-Meßmer atmet tief durch bei der Erinnerung an den nur für eine Schulwoche betriebenen Aufwand, um mit Testungen einen infektionssicheren Wechselunterricht auf die Beine zu stellen – gegen die Widerstände mancher und im Einklang mit Ängsten und Unsicherheiten bei vielen Betroffenen. "Aber wir haben es geschafft", sagt die 53-Jährige nicht ohne Stolz. Es herrsche eine "gute Stimmung" angesichts eines Modells, bei dem jeder Schüler einmal pro Woche das Schulgebäude besuchen konnte. Doch das ist erst einmal wieder Vergangenheit. Die Konzentration liegt nun auf den Abitursprüfungen, die seit einer Woche laufen. Hinter Simone Duelli-Meßmer und ihrem Team liegen hektische Tage, nachdem das Kultusministerium sehr kurzfristig verschärfte Regelungen für die Durchführung der Prüfungen verordnete.

Das Leben von der Privatfrau Simone Duelli-Meßmer, die mit ihrem Ehemann Kalli Meßmer in ihrer Heimatstadt Donaueschingen wohnt, hat sich seit dem Ausbruch der Pandemie komplett verändert. Ihr Yoga turnt sie jetzt vor dem Bildschirm, in keiner Probe des "Frauenchors der Baar" erklingt ihre Alt-Stimme und die geliebten Kneipen-, Theater- und Ausstellungsbesuche sind unmöglich geworden. Was blieb, sind Ausflüge in die Natur und dort am liebsten in die Nähe von Wasser.

Semester in Frankreich

Die Mutter einer erwachsenen Tochter wollte nach ihrem Abitur 1986 eigentlich Medizin studieren, interessierte sich aber auch für Kunstgeschichte und Verwaltungswissenschaften. Da ihre Abschlussnoten für ein Medizinstudium Wartezeit mit sich brachten, überbrückte sie diese mit zwei Vorabsemestern in Frankreich an der Sorbonne, gepaart mit einer Au-Pair-Anstellung.

Zurück in Deutschland studierte sie schließlich deutsche und französische Literatur und Sprachwissenschaften und verbrachte dabei ein Sprachsemester auch in Italien. Das damals noch zweijährige Referendariat absolvierte sie auf dem Deutenberg in Schwenningen und am Fürstenberg-Gymnasium in Donaueschingen. Ihre erste Anstellung als Lehrkraft erhielt sie in Zeiten der Lehrerschwemme Anfang der 1990er-Jahre in Trossingen – als die einzige Lehrkraft im ganzen Land mit der Fächerkombination Deutsch, Französisch und Italienisch.

2000 folgte sie dem Ruf des Hoptbühl-Gymnasiums, das eine Italienischlehrerin suchte. 2007 wurde Simone Duelli-Meßmer zur Abteilungsleiterin für Moderne Fremdsprachen und Gesellschaftswissenschaften und 2011 als Nachfolgerin von Rolf Seiler zur Schulleiterin bestellt.

25 Jahre Pädagogin

Im Rückblick auf inzwischen 25 Jahre als Pädagogin nennt sie die größte Veränderung von gymnasialer Bildung: die Umstellung von G9 auf G8. Die Idee dahinter war, die Gymnasiasten "wirtschaftstauglicher" auszubilden. Paradoxerweise wuchs danach die Übergangsquote der Viertklässler auf das Gymnasium stetig auf heute über 40 Prozent und sorgte für immer mehr Heterogenität der Schülerschaft.

Simone Duelli-Meßmer hat schon mehrere Petitionen gegen G8 unterzeichnet, eine Chance sieht sie derzeit nicht. Von der Bildungspolitik wünsche sie sich, dass "strukturell aufgeräumt" werde und es wieder eine Durchlässigkeit gebe. Momentan haben überforderte Gymnasiasten in der fünften Klasse keine Chance, ihre Fehlentscheidung rückgängig zu machen.

Dankbar sei sie, sagt die Direktorin, dass es immer engagierte Eltern gebe, die mit der Schule in den "so wichtigen" Dialog treten. Sie wünsche sich von allen Eltern aber mehr Interesse für die Bildungsinhalte und die Anerkennung "unserer Professionalität".

Lob an Kollegium

Ein großes Lob spricht die Chefin ihrem Kollegium aus, das in der Pandemie mit ihren "unglaublichen Herausforderungen bei der Stange, untereinander kooperationsbereit und im Austausch bleibt". Als Vorgesetzte profitiert Simone Duelli-Meßmer von einer Ausbildung in "themenzentrierter Interaktion". Am Ruth-Cohn-Institut widmet man sich der Optimierung von Teamarbeit, weil: "Offene und versteckte Konflikte belasten die Arbeitsatmosphäre, Machtspielchen kosten Zeit und Energie und Arbeitserfolge stellen sich nur schleppend ein". Natürliche Prozesse in Teams zu erkennen und entsprechende Regeln aufzustellen, die eine gute Zusammenarbeit aller ermöglichen, das hat die Schulleiterin gelernt.

Und schlussendlich hat sie auch einen Wunsch an die Schüler, den sie wohlweislich als idealistisch einschätzt. Sie sollten erkennen, dass Lernen "etwas Tolles" ist, das nicht in Noten, sondern im Leben seinen Ausschlag gibt. Zur Verantwortung für die zu kurz gedachte Orientierung auf Benotung zieht sie aber auch das Bildungssystem. Zugang zu vielen Studiengängen gewähre ein Numerus Clausus statt fachbezogene Aufnahmeprüfungen.