Waschbären sehen possierlich aus – für seltene heimische Amphibien und Reptilien sind sie jedoch eine echte Gefahr. Auch andere invasive Arten bereiten dem Ökosystem Probleme. Foto: © iLUXimage - stock.adobe.com

Rund 2000 invasive Arten sind mittlerweile in Deutschland zu Hause. Manche fressen, töten oder verdrängen heimische Tiere und Pflanzen. Fünf Beispiele aus dem Kreis Calw.

Insekten, die riesige Kolonien bilden, Kabel beschädigen und Stromausfälle verursachen, gewaltige Amphibien, die praktisch alles fressen und die heimische Tierwelt bedrohen – die Ameisen-Art Tapinoma magnum und der Nordamerikanische Ochsenfrosch sind nur zwei Beispiele für invasive Arten, die mittlerweile in Deutschland zu finden sind.

 

Tatsächlich aber gibt es bundesweit inzwischen rund 2000 Tier- und Pflanzenarten, die ursprünglich nicht in Deutschland heimisch waren. Das teilte jüngst die Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung mit.

Etwa 20 invasive Arten sind auch im Kreis Calw bekannt. Das erklärte Mara Müssle, Pressesprecherin des Calwer Landratsamtes, nach Rücksprache mit der Fachabteilung Landwirtschaft und Naturschutz.

Auf Anfrage unserer Redaktion beleuchten die Experten beispielhaft fünf Arten näher. Mindestens eine davon dürften viele bereits selbst gesehen haben.

Asiatische Hornisse

Die Asiatische Hornisse gibt es seit 2004 in Europa. Ursprünglich stammt sie aus Südostasien. Mittlerweile komme sie jedoch flächendeckend auch im Kreis Calw vor „und breitet sich rasant aus“, heißt es aus dem Landratsamt.

Das ist vor allem für Honigbienen ein Problem – denn die Asiatische Hornisse lauert vor den Fluglöchern und erbeutet heimkehrende Flugbienen. Welche Auswirkungen das auf das Ökosystem haben wird, sei noch nicht abschließend geklärt, erläutern die Experten.

Völlig verschwinden werde die Art aber nicht mehr. Die Bevölkerung könne jedoch bei der Eindämmung der Tiere helfen. Dazu hat die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg eine Meldeplattform im Internet eingerichtet (https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/natur-und-landschaft/asiatische-hornisse-melden).

Um sicherzugehen, dass es sich wirklich um die Asiatische Hornisse handelt, seien aussagekräftige Bilder des Tieres oder des Nestes nötig.

Nilgans

Die ursprünglich aus Afrika stammende Nilgans breitet sich seit Jahren ebenfalls immer weiter aus. Unter anderem entlang der Nagold sind die Tiere an vielen Stellen immer wieder zu beobachten.

„Sie konkurriert um Brutplätze und Nahrung und setzt sich mit aggressivem Verhalten gegenüber heimischen Vogelarten durch. Dies kann zu einer Gefährdung der Artenvielfalt an heimischen Gewässern führen“, erklären die Fachleute.

Mindestens am Kurparksee in Bad Liebenzell kam es bereits zu entsprechenden Vorfällen; dort gingen Beobachtungen zufolge Nilgänse auf heimische Vogelarten los. Im Kreis Calw ist die invasive Art bereits flächendeckend vertreten.

Signalkrebs

Im Unterschied zu Nilgans und Asiatischer Hornisse dürfte der Signalkrebs den meisten Menschen bislang unbekannt sein. Doch auch diese Art ist im Kreis Calw neu hinzugekommen; bekannt wurde etwa ein größeres Vorkommen im Köllbach und auch in der Nagold bei Altensteig.

Die Tiere stammen eigentlich aus Westkanada und dem Westen der USA. „Die invasiven Krebsarten sind resistent gegenüber der ebenfalls aus Nordamerika stammenden Krebspest. Das sorgte in der Vergangenheit bereits für eine massive Dezimierung heimischer Arten wie dem Steinkrebs und dem Dohlenkrebs“, führen die Experten des Landratsamtes aus. Hinzu komme die deutlich höhere Reproduktionsbereitschaft und die höhere Aggressivität im Vergleich zu heimischen Arten.

In den Gewässern bei Altensteig, wo das größere Vorkommen entdeckt wurde, gebe es schon lange keine heimischen Krebse mehr. Daher sei schwer zu beurteilen, ob dies auch am Signalkrebs liegt.

In den Nagoldzuflüssen Ziegelbach, Schwarzenbach und Huchenfelderklinge sei dagegen noch heimische Flusskrebsarten zu rechnen. „Von einer akuten Gefährdung ist hier aktuell aber nicht auszugehen“, heißt es dazu.

Drüsiges Springkraut

Ebenfalls weniger als invasive Art bekannt dürfte das drüsige Springkraut sein. Das könnte auch daran liegen, dass es bereits im 19. Jahrhundert als Gartenpflanze aus dem asiatischen Raum nach Europa importiert wurde.

Die Pflanze breitet sich unter anderem über fließende Gewässer sehr schnell und über weite Strecken in Überschwemmungsbereichen aus.

Aber: „Anders als noch vor ein paar Jahren schreibt man dem Drüsigen Springkraut heute keinen sonderlich starken Verdrängungseffekt mehr zu. Dies hängt mit der späten Blüte im Hochsommer zusammen. Eine Vielzahl von Pflanzenarten haben ihre Blütezeit bis dahin bereits abgeschlossen und müssen nicht mit der invasiven Art konkurrieren“, berichten die Fachleute.

Nachhaltig bekämpfen lasse es sich nur schwer und mit hohem Aufwand. Wer das Gewächs aus seinem Garten entfernen will, solle die Stängel während der Blütezeit (auf keinen Fall bis zur Ausbildung des Samenstandes warten) abschneiden und anschließend kompostieren. In der freien Landschaft dürfen die Reste dagegen auf keinen Fall entsorgt werden.

Die Pflanze ist bereits flächendeckend im Kreis Calw vertreten.

Waschbär

Sie sehen putzig aus – doch Waschbären können gravierende Probleme im Ökosystem verursachen.

„Die possierlichen Tiere stellen eine echte Gefahr für seltene Amphibien und Reptilien dar“, erklären die Experten. Waschbären fressen sowohl Pflanzen als auch Fleisch, gelten als enorm anpassungsfähige und können zudem „Baumverstecke wie Spalten und Höhlungen, aber auch künstliche Nisthilfen auf der Suche nach Nahrung plündern“ – was Vogel- und Fledermausarten zu schaffen macht.

Im Kreis Calw ist der Waschbär flächendeckend etabliert. Die ersten Tiere – zwei Waschbärpaare – wurden vor etwa 90 Jahren in Nordhessen ausgesetzt, weitere kamen später hinzu. Mittlerweile gibt es Schätzungen zufolge etwa zwei Millionen Exemplare in Deutschland.