Die Entscheidung in der Standortfrage für einen Gefängnisneubau ist noch völlig offen. Foto: Archiv Quelle: Unbekannt

Baden-Württemberg muss womöglich 17 rückfallgefährdete Schwerverbrecher entlassen.

Stuttgart - Baden-Württemberg muss in den kommenden Monaten womöglich 17rückfallgefährdete Schwerverbrecher entlassen. Bei ihnen wurde die Sicherungsverwahrung, in die sie nach Ablauf ihrer Haftstrafe genommen wurden, aufgrund einer Gesetzesveränderung des Bundes im Jahr 1998 rückwirkend verlängert, was der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg im Mai dieses Jahres für unrechtmäßig befand.

Zwar hat es das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart danach trotzdem in einem Fall abgelehnt, einen mehrfach vorbestraften Sextäter aufgrund des Urteils aus Straßburg freizulassen, aber ob diese Rechtsprechung mittelfristig zu halten ist und kurzfristig auch vom Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe mitgetragen wird, ist unklar.

Am liebsten elektronische Fußfesseln

Das Justizministerium in Stuttgart muss sich deshalb auf den schlimmsten Fall vorbereiten und hat sich daher dazu entschlossen, den betroffenen Häftlingen anzubieten, sie wenigstens ein bisschen auf eine denkbare Freilassung vorzubereiten. In monatelangen Kursen sollen sie sich in Umgangsformen üben und auf Dinge wie Wohnungssuche vorbereitet werden.

Acht der 17 Gefangenen, von denen 15 in Freiburg einsitzen, haben das Angebot angenommen, die anderen sind entweder derzeit in Therapie oder wollten nicht. Im Justizministerium betont man, dass dies kein Hinweis darauf sei, dass die Täter wirklich freigelassen werden. Aber eine entsprechende Entscheidung der Gerichte könne eben "nicht ausgeschlossen" werden.

Für den Fall, dass die Häftlinge tatsächlich freikommen, will sie Justizminister Ulrich Goll (FDP) in jedem Fall überwachen lassen. Am liebsten wäre ihm das Anbringen einer elektronischen Fußfessel, mit deren Hilfe jeder Schritt der Entlassenen per GPS kontrolliert werden könnte. Doch dies geht bislang nur auf freiwilliger Basis. Um eine solche Fußfessel den Häftlingen aufzwingen zu können, müsste Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) eine entsprechende Rechtsgrundlage schaffen. Ob die streitbare Ministerin dazu bereit ist, wird sich vielleicht schon an diesem Mittwoch oder Donnerstag klären, wenn sich die Justizminister von Bund und Ländern für zwei Tage in Hamburg treffen.