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Private Sicherheitsdienste übernehmen immer öfter die Aufgaben der Polizei. Dies stößt auf Kritik.

Stuttgart - Wenn es Ärger gibt vor Schulen oder an einer Bushaltestelle, dann sind sie zur Stelle: Private Sicherheitsdienste übernehmen immer öfter die Aufgaben der Polizei. Deren Gewerkschaft sieht die Entwicklung kritisch: Private Sicherheitsleute könnten bei schweren Konflikten wenig ausrichten.

Abends geht es los. Jugendliche aus allen Himmelsrichtungen rotten sich zusammen, ziehen Wodka-Flaschen aus den Taschen und fläzen sich auf eine Parkbank. Ein beliebter Schauplatz für das große Palaver. Es wird erzählt, gescherzt, gelacht, gebrüllt und übermütig gejuchzt. Die Anwohner freut das weniger. Um ihren Schlaf gebracht, beschweren sie sich am nächsten Morgen auf dem Rathaus. Doch wie lässt sich dieses Problem angehen? Immer mehr Kommunen im Südwesten finden darauf ihre eigene Antwort - und wollen sich dabei nicht auf die Polizei oder den städtischen Vollzugsdienst verlassen.

Private Sicherheitsdienste heißt die Lösung. In 25 Gemeinden und Städten Baden-Württembergs sind sie bereits im Einsatz. Und es könnten noch mehr werden. Denn der Branche geht es rosig. Die Zahl der Unternehmen ist zwischen 2005 und 2007 stetig nach oben geklettert, wie das Wirtschaftsministerium jetzt bekanntgab: von 336 auf 367 (neuere Daten gibt es nicht). Auch die Beschäftigten bei den privaten Sicherheitsdiensten sind mehr geworden: 10038 waren es 2005, drei Jahre später lag diese Zahl bereits bei 11337. Ein geschätztes Drittel davon fällt unter die Sparte geringfügig Beschäftigte, sogenannte Mini-Jobber.

Sie alle verändern das Bild einer Stadt. Denn wo früher noch Polizisten zum Einsatz kamen, da treten jetzt die privaten Sicherheitsleute auf. So wie in Korb im Remstal. Von Oktober bis Januar sind sie dort zum ersten Mal durch die Innenstadt patroulliert. Besonders in den Nächten des Wochenendes haben sich die privaten Sicherheitsleute gezeigt. Mit Erfolg: "Die Beschwerden über Lärmbelästigungen in der Innenstadt sind zurückgegangen", sagt Stephanie Müller, die Leiterin des Ordnungsamts in Korb. Die Sicherheitsfirma aus dem benachbarten Schorndorf darf sich freuen: Ihren Vertrag hat der Korber Gemeinderat jetzt um sechs Monate verlängert. "Es muss sich zeigen, wie sich die Situation in der wärmeren Jahreszeit darstellt", sagt Müller.

"Wir verstehen uns als Beobachter und Melder"

In der vergangenen Zeit kam es vor allem am Korber Seeplatz in der Ortsmitte zu unschönen Szenen. Hier hält der Nachtbus am Samstag und Sonntag, und hier sammeln sich dann auch die vielen Partygänger aus Stuttgart. Und die wollen meist nicht gleich nach Hause gehen. Stattdessen wird noch palavert und geschwätzt, gelacht und gebrüllt. Zum Ärger der Anwohner. Denn obwohl die Nachtschwärmer den Platz irgendwann wieder verlassen, bietet sich am nächsten Morgen oft ein hässliches Bild. Sachbeschädigungen und Verschmutzungen gehörten an den Wochenenden regelmäßig dazu.

Die Gemeinde hat sich lange überlegt, wie sie dieses Problem lösen kann. Es gab Runde Tische mit den Gewerbetreibenden, Gespräche, die Polizei hat verstärkt kontrolliert. Es hat alles nichts gebracht. Und wenn die staatlichen Ordnungshüter eine noch stärkere Präsenz zeigen? Auf dem zuständigen Waiblinger Revier verweist man auf das "sehr enge Personalkorsett der Polizei".

Bei der Deutschen Polizeigewerkschaft ist man trotzdem wenig erfreut über die Sicherheitsfirmen aus der Privatwirtschaft: "Polizeiliche Arbeit muss eine hoheitliche Aufgabe bleiben", sagt deren Landesvorsitzender Joachim Lautensack. Denn die Privaten verfügten einfach nicht über das Know-how der "umgänglich ausgebildeten" Staatsdiener. In brenzligen Konfliktsituationen könnten die Privatsheriffs nur "kommunikativ" auf die Übeltäter einwirken. Festnehmen darf laut Gesetz nur die Polizei.

Daran gibt es nach Meinung von Tobias Bunk auch nichts zu deuteln. Bunk ist Prokurist der Sicherheitsfirma, die in Korb im Einsatz ist. "Wir verstehen uns als Beobachter und Melder", sagt er. Eine "echte Handhabe" besitze nur die Polizei. Und die würde von den Privaten sofort verständigt werden, sollte Gefahr in Verzug sein. Doch Bunk ist überzeugt: In Korb wirke allein die Präsenz der Sicherheitsleute. Weniger begeistert von privaten Sicherheitsdiensten ist man in Kornwestheim. Am Bahnhof und im Stadtpark wollte die Gemeinde für Ordnung sorgen. Doch ohne Erfolg. "Den Jugendlichen ist durchaus bewusst, dass Sicherheitsdienste nur beschränkte Eingriffsrechte haben", heißt es auf dem Rathaus.