Stattliche 704 412 Euro soll die Umsetzung des Masterplans "Sicherheit und Ordnung sowie Sauberkeit in Albstadt" kosten – und künftig 400 500 Euro an Unterhaltung. Nicht alle Gemeinderäte waren dafür.
Albstadt - Fünf Gegenstimmen und eine Enthaltung gibt es auch nicht alle Tage bei einem Beschluss, über dessen Notwendigkeit weitgehend Einigkeit besteht. Doch der Inhalt des Masterplans Sicherheit und Sauberkeit wurde im Gemeinderat kontrovers diskutiert.
Seine Ziele und die Wege dorthin erklärte Carmen Braun vom Ordnungsamt Albstadt. Zu den Wegen zählt die Kooperation mit der künftigen Citymanagement und -event GmbH sowie die Unterstützung durch "Stadtlabore" und die Einrichtung eines kommunalen Ordnungsdienstes: Vier Mitarbeiter sollen in zwei Schichten arbeiten – zwei in einer Nachtschicht dienstags und mittwochs bis 24 Uhr, donnerstags bis samstags jeweils bis 1 Uhr – und zwei weitere in einer Tag-Schicht montags bis freitags. Dafür wird die Zahl der Stellen im Gemeindevollzugsdienst von acht auf sechs reduziert und er wird nur noch zur Verkehrsüberwachung eingesetzt.
Weitere Methoden: Schulhöfe, auf denen sich Jugendliche gerne treffen, sollen künftig Video-überwacht werden, Alarmanlagen bekommen und von Sicherheitsunternehmen kontrolliert werden. Eine neue Schulhofsatzung, auf der eine Benutzungsordnung für Schulhöfe fußt, hat der Gemeinderat ebenfalls erlassen.
Der Einsatz von Streetworkern soll Konflikte im öffentlichen Raum vermeiden. 2024 ist zudem das Ergebnis einer Sozialraumanalyse des Kinder- und Jugendbüros zusammen mit der Dualen Hochschule Villingen-Schwenningen zu erwarten.
716 000 Euro nur fürs Saubermachen
Öffentliche Beleuchtung, Stadtreinigung – 2021 kostete sie 716 000 Euro, 2020 waren 145 Tonnen Siedlungsmüll zusammengekommen – spielen eine große Rolle, denn der Verschmutzungsgrad nimmt zu. Das Ordnungsamt wird künftig überprüfen, wo außerhalb des Abfuhrtages Mülltonnen und Gelbe Säcke draußen gelagert werden.
Noch ratlos ist die Stadt, was den Vandalismus und die starke Verschmutzung öffentlicher Toiletten angeht, denn die müssen sein, und will deshalb an Lösungen arbeiten.
Rechtlich nicht durchsetzbar sind laut Braun Videoüberwachung und Alkoholverbot am Bürgerturmplatz sowie Waffenverbotszonen.
Tralmer: Die Wirte müssen mitreden dürfen
Warum die Stadt den Betreibern von Außengastronomie "einfache und klare Gestaltungsregeln" auferlegen will, mochte CDU-Fraktionschef Roland Tralmer nicht einleuchten: "Weitere Reglementierung der Gastronomie sehen wir kritisch, sagte er mit Blick auf die harten Corona-Jahre für Wirte. "Die Gestaltungssatzung muss mit jenen überarbeitet werden, die es tatsächlich betrifft."
Jugend hält Sicherheitslage für bedrohlich
Dass Jugendliche im Ausschuss für Soziales, Kultur, Schulen und Sport geschildert hätten, "dass sie die Sicherheitslage als bedrohlich empfinden", hält Tralmer für ein deutliches Signal. Geld in die Hand zu nehmen, sei deshalb richtig, doch es sei auch wichtig, die Bürger zu sensibilisieren, was nur funktioniere, wenn die Stadt sich sichtbar der Probleme annehme – überall in Albstadt, nicht nur in Ebingen. "Angemessene Sozialarbeit" gehöre deshalb dazu, und gerade für Handel und Gastronomen sei es "von existenzieller Bedeutung", dass die Menschen sich in der Stadt wohl und sicher fühlten.
Uli Metzger (Freie Wähler) folgte Markus Lehmann, dem Albstädter Polizeichef, der zuvor dargelegt hatte, dass die Zahl der Straftaten in Albstadt nach einem "kleinen Corona-Knick" derzeit wieder steige, aber insgesamt konstant sei mit 2120 Taten 2021. Dass die Zahl steige, erklärte Lehmann auch mit aktuell drei Schwerpunkteinsätzen pro Woche, bei denen vor allem Drogendelikte aufgedeckt würden und somit "aus dem Dunkeln in die Statistik" kämen.
"Man sieht, die subjektive Empfindung ist schlechter als die Realität", sagte Metzger und brach eine "Lanze für das Betriebsamt", das oft zeitnah Müll neben Abfallcontainern beseitige, obwohl das Sache des Landratsamtes wäre.
Kiefer hält den Ton für übertrieben
Jürgen Kiefer (B ’90/Die Grünen) befürchtet, dass das Thema hochgeschaukelt werde: "Der Ton ist der subjektiven Lage nicht angemessen", sagte er mit Blick auf Lehmanns Vortrag. "Ich glaube nicht, dass andere Kommunen so ungeschickt sind, über Waffenverbote zu reden."
Thilo Frizenschaf (WSA) ist wichtig, "dass die Sauberkeit künftig nicht am Samstagmittag endet" und dass auch am Sonntagmorgen einmal gereinigt werde. "Wenn wir einen kommunalen Ordnungsdienst in der Stadt haben, wird Verdrängung stattfinden", sagte er mit Blick auf bestimmte soziale Gruppen, für die er Plätze forderte, wo sie sich aufhalten könnten. "Das Primärziel ist nicht die Sperrstunde, sondern Präsenz", betonte der Polizist abschließend.
Z.U.G.-Solistin Elke Rapthel waren Maßnahmen und Formulierungen in der Vorlage "zu scharf". Sie forderte mehr Streetworker und das Öffnen der Jugendhäuser in den Ferien.
"Vielleicht gehen manche schon gar nicht mehr an manche Orte"
Matthias Strähler (CDU) mahnte mit Blick auf anstehende Investitionen in die Ebinger Innenstadt, dass diese nicht schon bald wieder "vermüllt und kaputt gemacht" werden dürften. Das Jugendforum bezeichnete er als "inoffizielles Expertenteam", und es sei ein Alarmzeichen, wenn Jugendliche sich in manche Bereiche abends nicht mehr hineinwagten.
Lennart Spengler (CDU) gab zu bedenken, dass die Zahl an Straftaten deshalb so niedrig sein könnte, "weil subjektives Unsicherheitsgefühl dazu geführt hat, dass manche an manche Orte nicht mehr gehen", und FDP-Fraktionschef Philipp Kalenbach erinnerte daran, dass zur Sicherheit auch gehöre, im Herbst nicht auf schlüpfrigem Laub auszurutschen und im Winter auf Glatteis.