Bild mit Seltenheitswert in Baden-Württemberg: Der Einsatz von pyrotechnischem Material kam zuletzt im Südwesten nur selten vor Foto: dpa

Es ist Winterpause beim Fußball. Zeit, die Hinrunde zu analysieren. Das macht auch die Polizei in Baden-Württemberg. Die Zwischenbilanz fällt durchwachsen aus: mit weniger Einsatzstunden, aber mehr Verletzten.

Stuttgart - Die Polizei in Baden-Württemberg kommt nicht zur Ruhe. Nach dem Terroranschlag in Berlin hat sie auf Weihnachtsmärkten und bei anderen öffentlichen Veranstaltungen ihre Präsenz massiv erhöht. Und auch an Silvester sind in diesem Jahr landesweit sehr viele Beamte im Einsatz, um das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken und Übergriffe wie im vergangenen Jahr in Köln und Stuttgart zu verhindern. Da kommt es gelegen, dass nun in den Fußballligen ein paar Wochen der Ball ruht. Denn die Spiele von der Bundes- bis zur Oberliga halten die Polizei sonst ziemlich in Atem.

Um die Sicherheit rund um die Stadien gewährleisten zu können, reagieren die Einsatzplaner mit einer nicht unerheblichen Zahl an Kräften – vor allem bei Hochrisikospielen, wenn verfeindete Fangruppierungen aufeinanderzutreffen drohen.

Durchschnittlich weniger Einsatzstunden

Wie aus Zahlen des baden-württembergischen Innenministeriums hervorgeht, kamen die Beamten in der Hinrunde dieser Spielzeit bei den 161 Spielen von der Bundes- bis zur Oberliga auf 77 916 Einsatzstunden. Das entspricht durchschnittlich 483,9 Stunden pro Begegnung. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren bedeutet dies einen leichten Rückgang.

In der Hinrunde der Saison 2014/15 hatte der Schnitt in den fünf höchsten Spielklassen noch bei 509,2 Stunden gelegen, im Vergleichszeitraum der Saison 2015/16 bei 485,1 Stunden. „Bei der Zahl der Einsatzstunden sind wir weiter auf einem guten Weg“, sagte Ministeriumssprecher Renato Gigliotti unserer Zeitung.

Derby zwischen KSC und VfB fordert Polizei am meisten

Das baden-württembergische Derby zwischen dem Karlsruher SC und dem VfB Stuttgart forderte die Polizei in dieser Saison bisher am meisten. Bei dieser Partie leisteten die Beamten 9912 Einsatzstunden. Der hohe Aufwand zahlte sich allerdings auch aus. Im Karlsruher Wildpark gab es keine Krawalle. Es sei „besonders erfreulich“, dass das Derby „weitgehend friedlich“ verlaufen sei, sagte Gigliotti.

Generell hat sich der Abstieg des VfB Stuttgart laut der Statistik kaum positiv auf die Arbeitsbelastung der Polizei ausgewirkt. Was daran liegt, dass der Zuschauerzuspruch bei Heimspielen auch in der zweiten Liga enorm ist und die bisherigen Gegner in der Mercedes-Benz-Arena wie FC St. Pauli, 1860 München oder auch 1. FC Nürnberg viele Anhänger mitbrachten. So benötigte die Polizei zumindest im bisherigen Saisonverlauf mehr Personal in der zweiten Liga beim Karlsruher SC (im Schnitt 2078 Einsatzstunden) und VfB Stuttgart (1440) als in der ersten Liga bei der TSG Hoffenheim (942) und dem SC Freiburg (937).

Auch dass die Stuttgarter Kickers (durchschnittlich 368 Einsatzstunden statt in der Vorsaison 332) und der VfB II (132 statt 161) nach dem Abstieg im Sommer nur noch viertklassig spielen, trägt bisher kaum zur Entlastung bei. Denn in der Regionalliga Südwest tummeln sich – ähnlich wie in der dritten Liga – viele Traditionsclubs. Kickers Offenbach, Waldhof Mannheim, SSV Ulm und 1. FC Saarbrücken haben eine große, teils gewaltbereite Fanbasis. „Die Situation hat sich da aus polizeilicher Sicht weder verbessert noch verschlechert“, resümierte Ministeriumssprecher Gigliotti.

Mehr als doppelt so viele Verletzte

Traurig ist derweil, dass die Zahl der Verletzten bei einem Stadionbesuch zuletzt wieder gestiegen ist. Von der Bundes- bis zur Oberliga verletzten sich mehr als doppelt so viele Personen (58) in der Hinrunde der Saison 2016/17 wie im vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres (25). Mehr als ein Drittel der Verletzten gab es rund um die drei Begegnungen SC Freiburg gegen Eintracht Frankfurt, TSG Hoffenheim gegen SC Freiburg und VfB Stuttgart gegen 1860 München. Positiv ist hingegen, dass die Zahl der Pyrotechnik-Delikte in den Stadien im Land drastisch von 37 auf 6 zurückging.

Die Experten im Innenministerium weisen darauf hin, dass die polizeiliche Halbzeitbilanz immer durch den Zeitpunkt der Heimspiele der einzelnen Vereine und deren Brisanz verzerrt sei. So gibt es die eine oder andere Mannschaft, die bereits in der Hinrunde mehrere Heimspiele gegen Vereine absolviert hat, die von der Polizei in Abstimmung mit Verbänden und Vereinen als Hochrisikopartien eingestuft wurden. Andere haben diese erst noch vor sich. Spätestens von Ende Januar an wird die Polizei also auch wieder rund um die Stadien im Südwesten viel zu tun haben.