Nagold rüstet auf: Nach gehäuften Fällen von Vandalismus will die Stadt vermehrt mit Videoüberwachung arbeiten. Wo kommt sie überall zum Einsatz? Gibt es große Bedenken? OB Jürgen Großmann äußert sich dazu.
Wenn im sonst so beschaulichen Nagold Unruhe gestiftet wird, sticht es natürlich sofort ins Auge. So wie die Schmierereien und heruntergerissenen Deckenplatten im OHG-Parkhaus im Frühjahr 2024, oder Einbrüche wie am OHG, Brände und zerschmetterte Fenster wie am Nagolder Berufsschulzentrum Anfang vergangenen Jahres. Die Randalierer, oft Gruppen Jugendlicher.
Kann die Stadt einer solchen Situation überhaupt Herr werden? Zumindest will sie nicht mehr nur zuschauen. „Wir handeln jetzt, schauen nicht mehr nur drauf“, erklärt Nagolds OB Jürgen Großmann. Seit zwei Jahren stehe das Thema Videoüberwachung an der Tagesordnung, so Großmann, heute seien die Kameras schon weitestgehend im Einsatz.
In vielen Parkhäusern, Nord, Traube, Innenstadt Ost oder der Waldachpassage etwa, zielt die Videoüberwachung auf die Ein- und Ausfahrten sowie Kassenautomaten. Seitdem sei kein Vandalismus mehr festgestellt worden, erklärt er, in einem Fall habe man sogar ein Fahrzeug identifizieren können, das einen Anfahrschaden verursacht hatte.
Was eine Videoüberwachung rechtfertigt
Es sind aber nicht nur die Parkhäuser, die dem Oberbürgermeister Sorgen bereiten. Auch der ZOB war in der Vergangenheit Schauplatz von Vandalismus, an den Toiletten etwa. Da es sich dort aber um einen öffentlichen Raum handelt, ist tiefergehende Begründung der Videoüberwachung vonnöten – potenzielle Sachbeschädigung reicht in den meisten Fällen nicht aus.
Eine Häufung körpergefährdender Straftaten schon. Großmann nennt hier explizit Beschwerden von Frauen, die abends Übergriffen ausgesetzt gewesen seien oder körperliche Attacken und Auseinandersetzungen. „Die Kameras sind scharf“, betont er, „länger werden wir diese Situation nicht mehr hinnehmen.“
Auf Kooperation der Bevölkerung angewiesen
Großmann rechnet derweil mit keinem Widerstand aus der Stadtbevölkerung. „Die überwiegende Mehrheit der Menschen ist sehr darauf bedacht, dass ihre Stadt sauber und sicher ist.“ Mit der Videoüberwachung könne ein wichtiger Beitrag geleistet werden, das Sicherheitsgefühl der Nagolder zu verbessern, zeigt er sich überzeugt. Außerdem seien die Behörden besonders von der Hilfe der Bevölkerung abhängig. „Wir nehmen alles, was wir aus der Bevölkerung hören, sehr ernst und sind dankbar für jeden Hinweis.“
Die Stadt ist dazu verpflichtet, öffentliche Räume, die videoüberwacht werden, auch als solche zu kennzeichnen. Die Datenschutzbeauftragte der Stadt, Stefanie Fischer, versichert: Unter der Woche würden die Aufnahmen spätestens nach 48 Stunden gelöscht, am Wochenende seien es 72. Die Löschung erfolge automatisch.
Sollte eine Auffälligkeit gemeldet werden, geschehe die Auswertung immer unter dem Vier-Augen-Prinzip, so Christian Renz, Leiter der Abteilung IT. Auch die Polizei werde bei der Auswertung schnellstmöglich eingebunden, erklärt Ordnungsamtsleiter Achim Gräschus.
Schulen ebenfalls im Fokus
Wo soll die Videoüberwachung noch stattfinden? Ein weiterer Hotspot seien die Schulen, so OB Großmann. Kameras filmen dort die Eingänge und Schulhöfe – aber erst ab einer bestimmten Uhrzeit. Abends und an den Wochenenden seien die Kameras angeschaltet, der Schulbetrieb werde explizit nicht gefilmt, betont er. Beim Neubau der Zellerschule sei ein Überwachungskonzept bereits fest eingeplant.
Sicherheit sei ein großes Thema, bewege die Menschen. Um diese zu gewährleisten, soll auch das Ordnungsamt personell verstärkt werden. Die Präsenz sei wichtig. Großmann gibt sich kämpferisch. „Die Tendenz ist ganz klar: Wir werden noch einen Zahn zulegen.“