Vor Gericht berichten Ermittler von der Aussage der Tochter. Diese musste laut Staatsanwaltschaft die beiden Angeklagten beim Sex filmen – ihre Mutter und den heute 67-jährigen Gregor Braun, einst erfolgreicher Rad-Profi.
Im Prozess um eine Mutter, die einem Mann Nacktbilder ihrer Tochter geschickt haben und sie zum Filmen von Sex mit diesem Mann aufgefordert haben soll, berichteten die Ermittler am Dienstag, dem dritten Verhandlungstag, von ihren Erkenntnissen. Zudem äußerten sich die beiden Angeklagten, die heute 35-jährige Mutter und der inzwischen 67 Jahre alte Mann, zu ihrem Lebensweg. Bei Letzterem handelt es sich um Gregor Braun, der in der 1970er- und 1980er-Jahren Erfolge als Radrennfahrer feierte. 1976, bei den olympischen Spielen in Montreal, gewann er sogar zwei Goldmedaillen.
Die Aussage der Ermittler
Nach Angaben der Ermittler decken sich die Aussagen der Tochter in Vernehmungen mit den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft (siehe Info). Vor Gericht drehte sich viel darum, ob die damals kleine Tochter einzelne Sex-Praktiken erkennen konnte. Dies habe sich in den Vernehmungen bestätigt, so die Ermittler. Sie habe die Mutter beispielsweise beim Masturbieren filmen müssen.
Die Tochter sei dann ab 2018 bei der Familie eines Freundes untergekommen und habe dort nach und nach von den Taten berichtet. Sie habe sich erst nach ihrem 14. Geburtstag an die Polizei gewandt, da sie gedacht habe, dass „einem Kind nicht geglaubt wird“, berichtete der Ermittlungsrichter. Er erzählte auch von einer Aussage des Mädchens, nachdem die Mutter ihr gedroht haben solle: Mache die Tochter oder lasse sie die Fotos nicht machen, müsse sie mit den Männern Sex haben.
Die Mutter bestritt das laut Ermittlern in ihrer Aussage. Sie räumte jedoch ein, gegen Geld Sex mit dem Angeklagten gehabt und die Bilder auf Anweisung Brauns gemacht zu haben. Sie habe ihre Tochter aber nie dazu gezwungen. Laut den Ermittlern erklärte sie ihrer Tochter aber schon in jungen Jahren, dass es dafür Geld gebe – das die klamme Familie dringend brauche. Die Tochter konnte auf den Bildern zudem eindeutig identifiziert werden. Sie wiederum war in der Lage, intime Merkmale des Angeklagten zu benennen.
Unmengen an Datenträgern habe man bei Gregor Braun gefunden, erklärte der Kriminalpolizist. Unter vielen expliziten Inhalten seien auch Videos der beiden Angeklagten gewesen. Eine Kinderstimme oder gar die Tochter sei auf dieses Aufnahmen nicht zu erkennen. Allerdings fanden die Ermittler drei Videos und 40 Bilder mit der Tochter, die der Angeklagte gelöscht hatte. Die Tochter posiere auf den Aufnahmen nackt, etwa im Alter von neun Jahren. Das Gericht sah sich die Dateien unter Ausschluss der Öffentlichkeit an.
Weitere solche Kindesmissbrauchsdarstellungen befanden sich laut Polizei nicht in seinem Besitz. Allerdings werteten sie den Suchverlauf des Mannes im Internet aus. Er hatte unter anderem versucht herauszufinden, ob es strafbar ist, Sex vor Kindern zu haben.
Die Aussage des Angeklagten
Gregor Braun stammt aus Rheinland-Pfalz. Nach einer Schlosserlehre feierte er in den 1970er-Jahren als Rennradfahrer internationale Erfolge, gewann gar zwei olympische Goldmedaillen. Nach dem Karriereende arbeitete er in der Hotel- und Eventbranche und kam so schließlich in den Nordschwarzwald. In Bad Wildbad war er für die Radsportakademie tätig, die jahrelang den Bikepark auf dem Sommerberg betrieben hatte.
Der Rentner ist zum dritten Mal verheiratet. Er erzählte, nach seiner Karriere alkoholabhängig geworden, mittlerweile aber „trocken“ zu sein. Die Angeklagte– er nannte sie Freundin – habe er in einer Bar kennengelernt. Es sei „mehr als eine sexuelle Bekanntschaft“ gewesen. Er habe sie finanziell unterstützt.
Braun berichtete zudem von gesundheitlichen Problemen. Zudem habe er kürzlich einen Suizidversuch überlebt und sei deshalb in psychiatrischer Behandlung gewesen. Er hat keine Vorstrafen. Familie und Freunde hätten sich trotz der Vorwürfe nicht von ihm abgewandt.
Die Aussage der Angeklagten
Die 35-Jährige berichtete derweil von einer zerrütteten Kindheit: Gewalt, die Mutter weggegangen, der Vater viel gearbeitet, bei den Großeltern aufgewachsen. Ihr Großvater sei „ihr Ein und Alles“ gewesen, aber an ihrem ersten Schultag verstorben. Die Oma habe sie „gemocht, aber nicht geliebt“. In der Schule sei sie gemobbt worden, weil sie „keine Mutter hatte“. Kontakt zu ihr habe sie nur noch einmal gehabt und sei danach kurz in Therapie gewesen.
2006 sei ihre Tochter auf die Welt gekommen. Wer der Vater ist, weiß sie nicht. Die Frau schlug sich mit Minijobs durch, erhielt staatliche Zuwendungen. Zudem habe sie sich später um die im selben Haus wohnende Oma gekümmert, die mittlerweile verstorben sei.
Auch sie erklärte, den Angeklagten in einer Bar kennengelernt zu haben. Mittlerweile habe sie einen anderen Lebensgefährten und ein weiteres Kind.
Ihre erste Tochter sei „kein Wunschkind gewesen“. Ab der Pubertät wurde die Situation immer schwieriger. Auch wenn ihre Tochter ihr fehle, fühle sie sich „befreit“, seit diese nicht mehr bei ihr wohne.
Die Frau berichtete auf Nachfrage ihres Anwalts, als Kind von nahen Angehörigen sexuell missbraucht worden zu sein. Sie wurde zudem in einem früheren Fall vor Gericht zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie ihre pflegebedürftige Großmutter attackiert hatte. Diese Geldstrafe bezahlte Gregor Braun.
Die Forderung der Tochter
Claus Unger, Anwalt der Tochter, stellte als Vertreter der Nebenklägerin einen Antrag vor Gericht auf mindestens 10 000 Euro Schmerzensgeld für seine Mandantin. Die Summe forderte nicht von der Mutter, sondern nur vom Angeklagten.
Das Gericht will am Mittwoch zu einem Urteil kommen. Richter Dirk Hornikel ließ bereits durchblicken, dass nicht alle Anklagepunkte zu einem Urteil führen müssten.
Die Vorgeschichte
Seit vergangener Woche müssen sich eine 35-jährige Frau und der 67-jährige Gregor Braun, früher als Radrennfahrer international bekannt, vor dem Tübinger Landgericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes in mehreren Fällen verantworten. Laut Staatsanwaltschaft hatte der Mann die Frau für Sex-Treffen bezahlt. Ihre Tochter habe bei den Treffen zuschauen müssen, dies habe mehr Geld gegeben. Die Tochter habe zudem manche Treffen filmen müssen, ebenso ihre Mutter bei der Selbstbefriedigung. Darüber hinaus habe die Angeklagte Nacktbilder von ihrer Tochter gemacht und diese an den Mann geschickt. All das habe sich im südlichen Kreis Calw abgespielt. Die heute 16-jährige Tochter ist laut Anklage im Tatzeitraum zwischen vier und zwölf Jahren alt gewesen. Die Taten sollen sich in einem VW-Bus im Wald abgespielt haben. Der Angeklagte bestritt die Vorwürfe. Die Tochter sagte am zweiten Verhandlungstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit aus. Eine Zeugin, die das Mädchen bei sich aufgenommen hatte, berichtete vor Gericht, dass dieses von Schlägen durch die nun angeklagte Mutter und den Missbrauch durch weitere Männer erzählt hat.