Zwei Kurznachrichten beschäftigen aktuell Abgeordnete des Landtags: eines des suspendierten Polizeiinspekteurs Andreas Renner, die andere des Justiz-Staatssekretärs Siegfried Lorek (CDU). Foto: Fotolia/Robert Kneschke

Der wegen sexueller Belästigung beschuldigte Polizeiinspekteur Renner nahm Kontakt zu seinem Freund, dem Justiz-Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU) auf. Dessen Haus führt die Aufsicht über die Staatsanwaltschaften im Land, zu der auch die gegen Renner ermittelnde in Stuttgart gehört.

Die ministerielle Antwort auf die SPD-Anfrage lässt vor allem eine Frage unbeantwortet: Wann genau schickte der Polizeiinspekteur Renner seinem Freund und Förderer, Justizstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU), eine SMS mit der Bitte um ein Gespräch? Das Datum dieser Kontaktaufnahme ist entscheidend: Nach offizieller Darstellung soll Andreas Renner am 23. November darüber informiert worden sein, dass gegen ihn ein Disziplinarverfahren wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung einer Hauptkommissarin eingeleitet wurde. Gleichzeitig sei an diesem Tag die Staatsanwaltschaft Stuttgart über den Vorfall informiert worden. Das sei, so versichert das zuständige Landespolizeipräsidium, die erste Konfrontation Renners mit den gegen ihn gerichteten Vorwürfen gewesen.

Warum Justizministerin Marion Gentges (CDU) in ihrer Antwort schreibt, ihr Staatssekretär Lorek habe am 24. November Renner per Kurznachricht mitgeteilt, „dass ein Kontakt bedingt durch das laufende Ermittlungsverfahren derzeit nicht möglich sei“, verwundert deshalb in doppelter Hinsicht: Zum einen verschweigt sie, wann genau Renner seinen Freund und Förderer Lorek um ein Gespräch bat. Zweitens wurde die Staatsanwaltschaft – so die Darstellung des Innenministeriums – zwar am 23. November über den Fall informiert. Das Ermittlungsverfahren wurde aber erst später eingeleitet.

„Auffällig ist, dass nicht mitgeteilt wird, wann Renner seine SMS an Lorek schickte. Es wird lediglich gesagt, wann der Staatssekretär auf diese Kurznachricht geantwortet hat. Dies wirft weitere Fragen auf, insbesondere wann Renner tatsächlich über die Vorwürfe gegen ihn informiert wurde“, bemängelt SPD-Innenexperte und Generalsekretär Sascha Binder den Antwortbrief aus dem Justizministerium auf eine Anfrage der Sozialdemokraten.

Staatsanwältin von den Ermittlungen abberufen

Zumal der Brief in einem zweiten Aspekt verwundert: Die den Fall ermittelnde, von ihren Kolleginnen und Kollegen als besonders engagiert und kompetent geschätzte Staatsanwältin wurde von den Ermittlungen abberufen, um ab Mitte Februar das Personalreferat für den höheren Dienst im Justizministerium zu übernehmen. Die Anklägerin hatte sich auf die ausgeschriebene Teilzeitstelle beworben, die ihr Mitte Januar zugesagt wurde. Allerdings: Ins Justizministerium wurde nur abgeordnet, also nicht auf eine Planstelle versetzt. Das bedeutet: Sie blockiert ohnehin bis auf weitere die Stelle in der Staatsanwaltschaft Stuttgart. Hätte also – gerade wegen der Bedeutung des Falles – die Ermittlungen auch zu Ende führen können, während ihr die Stelle im Justizministerium zugesichert worden wäre.

Auch dieses Detail erfuhren die Parlamentarier erst durch ihre Anfrage. „Es ist zu erwarten, dass der Wechsel der bislang zuständigen Staatsanwältin das Ermittlungsverfahren gegen den Inspekteur der Polizei verzögert“, sagt Binder und bemängelt: „Jeder von uns gestellte Antrag bringt neue Erkenntnisse ans Licht, die das Innenministerium von sich aus nicht kommuniziert.“

Gut versorgter Abgeordneter

Nach Recherchen unserer Zeitung ordnete Justiz-Staatssekretär Lorek zwar an, er sei von allen Vorgängen rund um das Verfahren Renner nicht zu informieren, um so einen Rollenkonflikt zu vermeiden. Das, so ein Ministerialer sarkastisch, könne auch so interpretiert werden, dass er nur mündlich – und so im Falle eines Untersuchungsausschusses schwer nachweisbar – informiert werden wolle.

CDU-Mann Lorek gilt als Förderer Renners, der 2019 gegen die erklärten Vorbehalte des damaligen Präsidenten des Landeskriminalamtes dessen Stellvertreter wurde. Ein Jahr später wurde er bereits Inspekteur der Polizei Baden-Württembergs und so der höchste Polizeivollzugsbeamter des Landes. Gerüchte, dass er Mitarbeiterinnen sexuell belästigt haben soll, gab es bereits seit mehreren Jahren.

Ex-Polizist Lorek brüstete sich vor der Landtagswahl im März 2021 vor Parteifreunden, im Falle seiner Nichtwahl ins Parlament bei seiner Rückkehr in den Polizeidienst von Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz und Renner gut versorgt zu werden. Schon zu Beginn des Wahlkampfes wechselte seine Frau in den höheren Verwaltungsdienst, ohne das übliche Auswahlverfahren zu durchlaufen. Die Polizistin im gehobenen Dienst wurde einfach persönliche Referentin der damaligen CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann im Bildungsministerium.