Premierminister Boris Johnson hatte sich vom Verhalten einiger Parteikollegen distanziert. Foto: dpa/Uk Parliament

„Ablenkung“ durch die übereinander geschlagenen Beine der Kollegin, Aufforderungen, doch auf dem Schoß des Kollegen Platz zu nehmen: Das britische Unterhaus wird von starken Vorwürfen von Sexismus gegenüber männlichen Abgeordneten erschüttert. Schuld sei auch zu viel Alkoholkonsum im Parlaments-Komplex, heißt es von den Kritikerinnen.

Können Abgeordnete männlichen Geschlechts sich in Westminster alles erlauben? Das ist eine Frage, die nicht mehr nur viele britische Parlamentarierinnen beschäftigt, sondern nun auch weite Teile der Öffentlichkeit im Vereinigten Königreich. Neuen Anlass zu der Frage gab der jüngste Skandal um den konservativen Volksvertreter Neil Parish, der von Fraktionskolleginnen dabei beobachtet wurde, wie er sich mitten im Sitzungssaal des Unterhauses auf seinem Mobiltelefon mit pornografischem Material vergnügte. Am vergangenen Wochenende sah sich Parish gezwungen, sein Mandat niederzulegen. Er habe „einen schrecklichen Fehler“ gemacht, der ihm nun „lebenslang nachgehen“ werde, sagte er. Bezeichnend war, wie die Sache ablief. Erst suchte Parish, die Sache herunterzuspielen. Er habe, erklärte er, sich Traktoren für seine landwirtschaftlichen Güter anschauen wollen und sei versehentlich auf eine Porno-Webseite gerutscht. Danach musste er zugeben, dass er diese Webseite ein zweites Mal, „und diesmal absichtlich“, frequentiert hatte. Scharfe Kritik handelte sich im Anschluss auch der Geschäftsführer der Fraktion ein, der tagelang gezögert hatte, gegen Parish vorzugehen.