Beim Unglück der Fähre "Sewol" kamen vor Südkorea im April beinahe 300 Menschen ums Leben. Foto: dpa

Beim Untergang der Fähre "Sewol" vor Südkoreas Küste kamen im April fast 300 Menschen ums Leben. Der Kapitän rettete sich als einer der ersten. Jetzt wurde er verurteilt.

Seoul - Rund sieben Monate nach der „Sewol“-Katastrophe mit Hunderten Toten ist der Kapitän der südkoreanischen Unglücksfähre zu 36 Jahren Haft verurteilt worden. Lee Joon Seok habe seine Pflichten verletzt und trage die volle Verantwortung für das Unglück, erklärten die Richter am Dienstag. 295 Menschen waren beim Untergang der „Sewol“ am 16. April 2014 offiziell ums Leben gekommen, 9 werden noch immer vermisst. Die meisten Opfer waren Schüler auf einem Ausflug. Der Kapitän war unter den ersten, die das Schiff verließen. Die Staatsanwaltschaft hatte die Todesstrafe verlangt, die in Südkorea aber seit längerem nicht mehr vollstreckt wird.

Das Bezirksgericht in der südkoreanischen Stadt Kwangju sprach den 69-jährigen Kapitän jedoch vom Mordvorwurf frei: Er trage die volle Verantwortung, aber Tötungsabsicht könne ihm nicht unterstellt werden, hieß es in der Urteilsbegründung. Kurz zuvor hatte das südkoreanische Ministerium für Ozeanangelegenheiten angekündigt, die Suche nach den neun letzten Vermissten einzustellen.

Erster Maschinist wegen Mordes verurteilt

Der erste Maschinist des Schiffes wurde wegen Mordes zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt, wie Südkoreas Nachrichtenagentur Yonhap berichtete. Er habe zwei verletzte Crewmitglieder in voller Absicht ihrem Schicksal überlassen. 13 weitere Besatzungsmitglieder wurden zu Haftstrafen zwischen 5 und 20 Jahren verurteilt.

Die Angehörigen der Opfer zeigten sich nach dem Urteil enttäuscht: Man solle die Angeklagten doch gleich freilassen, wenn das Leben ihrer Kinder so wertlos sei, zitierten Medien die Hinterbliebenen.

An Bord der „Sewol“ hatten sich zur Zeit des Unglücks vor der Südwestküste des Landes 476 Menschen befunden. Viele waren Schüler, unterwegs zur Ferieninsel Cheju. Als die Auto- und Personenfähre „Sewol“ am Vorabend des 16. April von Inchon abfuhr, war sie deutlich überladen, wie Ermittler später herausfanden.

Bei der Katastrophe kippte die „Sewol“ plötzlich zur Seite und lief schnell mit Wasser voll. Viele der Insassen wurden eingeschlossen. Es setzte eine dramatische Rettungsaktion ein. An den Fernsehern erlebten die Südkoreaner mit, wie die Küstenwache mit Hubschraubern und Booten versuchte, Insassen zu retten, bevor das Schiff binnen weniger Stunden komplett sank.

Suche nach Vermissten eingestellt

Kurz vor dem Urteil am Dienstag verkündete Südkoreas Minister für Ozeanangelegenheiten, Lee Ju Young, dass die Suche nach den Vermissten im Wrack eingestellt werde. Die Umstände seien zu gefährlich. In den vergangenen Monaten waren zwei Rettungstaucher ums Leben gekommen. Der Minister entschuldigte sich, dass die Regierung ihr Versprechen, alle Leichen zu bergen, nicht halten könne.

Anfang November hatte das südkoreanische Parlament als Konsequenz aus der Katastrophe ein Gesetzespaket verabschiedet. Das sogenannten „Sewol“-Spezialgesetz zielt auf eine unabhängige Untersuchung des Unglücks. Die Angehörigen hatten auf ein Mitspracherecht bei der Besetzung der Kommission gedrängt. Außerdem werden die Küstenwache als auch die Nationale Agentur für Notfallmanagement aufgelöst und in einem Ministerium für Katastrophenmanagement zusammengefasst.

Künftig wird es darüber hinaus möglich sein, das Vermögen von Unfallverantwortlichen einzuziehen. Kurz nach dem Urteil am Dienstag kündigte das südkoreanische Parlament an, bald mit den Beratungen über die Entschädigung der Opferfamilien zu beginnen.