Ältere Autofahrer sollten sich nicht überschätzen. Foto: dpa

Was tun, wenn ältere Menschen zur Gefahr im Straßenverkehr werden? Stigmatisierung hilft nicht. Eine Kampagne setzt auf Aufklärung.

Stuttgart - Was tun, wenn Senioren sich und andere im Straßenverkehr gefährden? Die Landesregierung hält nichts von Verboten und Sanktionen, sondern setzt auf Aufklärung. „Information ist unsere Waffe. Wir möchten, dass sich die Menschen einfach damit auseinandersetzen“, sagte Innenminister Reinhold Gall (SPD) am Mittwoch in Stuttgart.

Eine Kampagne unter Federführung des Verkehrsministeriums mit Ansprache über Radio, Fernsehen, Printmedien und Veranstaltungen soll mehr Öffentlichkeit schaffen für Themen wie freiwillige Sicherheitstrainings und Fahreignungsberatungen. Das sei nötig, weil Senioren immer mobiler würden - gleichzeitig seien sie aber überproportional häufig in tödliche Verkehrsunfälle verwickelt, sagte Gall bei der Vorstellung der Empfehlungen der Projektgruppe „Mobilität im Alter“.

Ein Drittel der Verkehrstoten 65 Jahre und älter

Im Jahr 2014 war fast ein Drittel der Verkehrstoten im Südwesten 65 Jahre und älter. Bei den getöteten Fußgängern waren es 40 Prozent, unter den getöteten Radfahrern betrug der Anteil der Senioren rund 62 Prozent. Anders als bei jungen Leuten ist nicht Raserei die Hauptunfallursache. Die älteren Leute seien den komplexen Verkehrsverhältnissen nicht mehr gewachsen, machten Fahrfehler bei baustellenbedingten Spurverengungen, Kreuzungen, Einmündungen und beim Rückwärtsfahren. Gall: „Zur Wahrheit gehört, dass drei Viertel der tödlichen Unfälle von den Senioren selbst verursacht sind.“

Das einzige von der Projektgruppe vorgeschlagene verpflichtende Element ist die Einführung von Sehtests für alle Führerscheininhaber, egal welchen Alters. Gall will diese Anregung sehr ernst nehmen, denn es gebe keinen Grund, warum dies für Lkw-Fahrer gelte, nicht aber für Pkw-Fahrer.

Allerdings wäre der Bund für eine solche Regelung verantwortlich. Obligatorische Fahreignungschecks ab einem gewissen Alter lehnt die Projektgruppe mit Vertretern des Landesseniorenrates, des Fahrlehrerverbandes und der Verkehrswacht ab. „Das Alter lässt keine Rückschlüsse über die Fahreignung zu“, betonte auch Gall.

Altpeter gegen Pauschalurteile

Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) wandte sich ebenfalls gegen pauschale Behandlung bestimmter Altersgruppen und wies darauf hin, dass der Verzicht auf das Autofahren einen Verlust der Lebensqualität bedeute. Deshalb sei es besonders wichtig, die Zeit nach dem Auto in den Fokus zu rücken. Dazu gehöre, Wege gut zu beleuchten, das Parken auf Gehwegen zu bekämpfen, Ampel-Grünphasen ausreichend lang zu schalten und auf Barrierefreiheit zu achten: „Sichere Mobilität für ältere Menschen muss bereits ab der Haustür möglich sein.“

Die Radhelm-Kampagne für junge Menschen wird nun auf die Senioren ausgedehnt. Dies und Angebote für Fahrradtrainings seien umso nötiger, weil das Interesse der älteren Leute an E-Bikes zunehme. In einigen Gemeinden gibt es Anreize für den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel in Form einer kostenlosen Jahreskarte für Senioren.

Gall verwies auch auf Fahrassistenzsysteme, die in ihrer Bedienung die Senioren nicht überfordern dürften. Ferner sollen zur Verringerung schwerer Verletzungen Metall-Schilder und -Leitplanken durch Kunststoffprodukte ersetzt werden.