Pils, Weizen, Export – alles klassische Biersorten. Dass es aber auch noch andere Sorten und Geschmäcker gibt und wie Bier eigentlich hergestellt wird, das alles – und noch viel mehr – lernen die Teilnehmer beim Bierbrauseminar.
Albstadt-Ebingen - Laut krachend zermahlt eine kleine Mühle das Getreide zu Schrot, das mit Wasser gemischt in einen Messing-Tank geleitet und aufgeheizt wird. In einem kleinen Glaszylinder ist die "Matschepampe" zu sehen, bevor sie im tiefen, dunklen Tank verschwindet. "Sieht aus wie schon mal gegessen", kommentiert jemand. Genau wie ich – und elf andere – besucht er das Bierbrauseminar im Brauhaus Zollernalb am Ebinger Bahnhof.
Selber Hand anlegen und ein Bier brauen – in diesem Fall Export – dürfen wir zwar nicht; dafür erklärt und zeigt uns Bierbraumeister und Biersomelier Dominik Reger den Brauprozess von Anfang bis Ende – naja fast: "Nach dem Brauen muss das Bier noch etwa sechs Wochen reifen", erklärt er. Gut, die Kostprobe muss in diesem Fall dann eben warten.
Die krachende Mühle stört übrigens keinen: An diesem Samstag um 8 Uhr morgens sind wir – die Seminarteilnehmer, Dominik, Brauer Niko Haug und ein Azubi – die einzigen im Brauhaus.
Zum Brauen braucht’s Mathe, Chemie und Physik
Aller Anfang ist die Maische, so wird die "Matschepampe" eigentlich genannt. Während sie erhitzt wird, erzählt Niko von seiner Ausbildung – in der man vor allem solide Kenntnisse in Mathe, Chemie und Physik braucht. "Das bewegt sich schon auf Oberstufenniveau", sagt er, und auch wenn ich das Abitur habe – aus mir wäre nie eine Brauerin geworden. Chemie hätte ich vielleicht noch verstanden, wäre aber an Mathe und Physik wohl gescheitert.
Wobei für die Brauer-Ausbildung kein Abitur nötig ist, wie Niko weiter erzählt: "In meinem Jahrgang waren auch Hauptschüler dabei. Wir sind den Stoff eben zusammen Schritt für Schritt durchgegangen."
Zwischendurch erklärt Braumeister Dominik, dass der Ukraine-Krieg sich auch auf das Bierbrauen auswirke: "Die Ukraine ist der größte Malzproduzent und -lieferant Europas, gefolgt von Russland an zweiter Stelle." Die Lieferung aus der Ukraine falle in diesem Jahr jedoch aus, und auch aus Russland sei momentan keine Lieferung zu erwarten. "Der Rest ist derzeit auf einen Tagespreis begrenzt."
Läuterung und Ausschank-Wettbewerb
Im Anschluss daran folgt die Läuterung. "Theoretisch kann der Sud jetzt schon getrunken werden", sagt Dominik. "Ist halt pappsüß, süßer als eine Cola." Ich verzichte auf einen Probeschluck und lasse den anderen den Vortritt. Die bestätigen mir nickend: "Ja, ist extrem süß."
Die Malzreste hingegen schmecken nach "ganz schlechtem Müsli" wie ein Teilnehmer sagt – sie enden als Viehfutter in der Landwirtschaft. "Das regt die Milchproduktion an", erklärt Dominik. Früher habe er die Reste auch an das Backhaus Mahl verkauft, die daraus ein spezielles Brot gebacken hätten. Der Pandemie wegen ging die Nachfrage zunächst zurück und seit einiger Zeit habe sich niemand mehr bei Dominik gemeldet. "Keine Ahnung, warum. Aber das Brot hat sich meines Wissens nach gut verkauft."
Weil auch die Läuterung ihre Zeit braucht, veranstaltet Dominik einen Ausschank-Wettbewerb: Wer am nächsten an den 0,3-Strich im Glas rankommt, gewinnt zwei Six-Pack Bier aus eigenem Hause – alle anderen bekommen nur einen. Anfangs liefere ich mir mit einem Teilnehmer ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Beide haben wir den 0,3-Strich nur knapp verfehlt – aber knapp daneben ist auch vorbei. Am Ende gewinnt Thomas mit einer Punktlandung die zwei Six-Packs. Macht nichts, ich bin trotzdem stolz auf meine Leistung und mit einem Six-Pack mehr als zufrieden.
Sauer, rauchig, kurios: Bier ist nicht gleich Bier
Bei einem Bierbrauseminar darf eine Bierprobe natürlich nicht fehlen. Dafür hat Dominik verschiedene Biersorten – eigene wie fremde – organisiert, und ich bin fasziniert, wie unterschiedlich Bier schmecken kann: Das natursaure Bier schmeckt nach Zitronensaft; ich find’s lecker, die anderen Teilnehmer schwanken zunächst zwischen "das ist doch kein Bier" – "wie Brause, aber nicht süß" und "schlechtem Schampus", freunden sich dann aber doch damit an: "Kein Bier, aber trinkbar."
Das Rauchbier schmecke hingegen wie "flüssiger Rauchschinken" – mein Gesicht verzieht sich zu einer Fratze und der rauchige Nachgang bleibt mir noch zwei Proben lang in Nase und Rachen hängen. Da war der Geruch nach "flüssigem Brot" bei den Tanks zur Mittagszeit wesentlich angenehmer.
Besonders überrascht bin ich von dem Eisbier: Zweimal muss ich mein Probier-Glas schwenken, bevor ich den eigensinnigen Geruch erkenne. "Moment mal, riecht das nach Eisbonbons?" frage ich verwundert in die Runde. Dominik grinst und sagt: "Richtig, 100 Punkte." Bonbons sind aber keine drin, genauso wenig wie Zitronensaft oder Rauchschinken – alle Biere sind nach dem Reinheitsgebot gebraut.
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Fazit: Ein interessanter Einblick
Auf die Frage, ob er als Bierbrauer nur sein eigenes Bier oder auch mal "fremdtrinke", antwortet Dominik: "Brauer kaufen sich meist jedes Mal eine andere Kiste. Kunden sind da viel markentreuer." Ein Brauer habe ihn einmal sogar verwundert gefragt: "Wie kann man immer nur dasselbe Bier trinken?" Apropos Kisten – die seien laut Dominik nicht wirklich rentabel, würden von Kunden aber eher gekauft, "wegen der Ästhetik."
Ehe ich mich versehe, ist das Bierbrauseminar auch schon zu Ende: Ein jeder trinkt sein Bierglas aus – ich mein Wasserglas –, wir verabschieden uns und gehen unserer Wege. Auch wenn aus mir keine Bier-Expertin geworden ist, dieser kleine Einblick in die Welt des Gerstensaftes hat sich allemal gelohnt. Und mein Six-Pack? Den teile ich mir mit Freunden. In diesem Sinne: Prost!