Grauwolf "GW852m" ist noch immer im Oberen Enztal und dem Nordschwarzwald unterwegs. (Symbolfoto) Foto: bennytrapp – stock.adobe.com

Seit 2017 ist der Grauwolf "GW852m" im Nordschwarzwald unterwegs – und das, obwohl sich bislang kein Weibchen für das Raubtier gefunden hat. Die Experten vom Landesumweltministerium gehen davon aus, dass das auch so bleibt. Übrigens: In freier Wildbahn können Wölfe bis zu 13 Jahre alt werden.

Bad Wildbad - Vor rund drei Jahren sorgte der Grauwolf "GW852m" nach dem Überfall auf die Schafherde der Familie Fröschle mit mehr als 40 toten Tieren für eine riesige Diskussion. Nachdem dies bislang der einzige größere Zwischenfall geblieben ist und der Herdenschutz verbessert wurde, ist es etwas ruhiger um den Wolf geworden. Aber der jüngste Nutztierriss Anfang Mai bei Gernsbach zeigt: "GW852m" ist noch immer in der Region unterwegs – auch im Oberen Enztal. Mareike Schiffko von der Pressestelle des Landesumweltministeriums erklärt, wie es aktuell um den Wolf bestellt ist.

Anfang Mai wurde ein Nutztierriss bei Gernsbach bestätigt und "GW852m" zugeschrieben. Das heißt, das Tier ist nach wie vor in der Region unterwegs?

Ja, der Wolf "GW852m" ist weiterhin in der nördlichen Region des Fördergebiets Wolfprävention Schwarzwald unterwegs.

Können Sie sagen, ob sich sein Revier verändert hat, in welchen Gegenden er hauptsächlich unterwegs ist und ob da auch Bad Wildbad und die Region regelmäßig mit dabei ist?

Bisher gibt es aus dem Monitoring keine Hinweise, dass sich das Revier des Wolfs "GW852m" verändert hat. Das heißt, die Region Bad Wildbad liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit immer noch innerhalb der Territoriumsgrenze des Wolfes "GW852m".

Gab es in den vergangenen Wochen/Monaten einige größere Zwischenfälle wie Nutztierrisse oder ähnliches, die "GW852m" zuzuordnen sind? Ist der Riss mit mehr als 40 toten Schafen vor drei Jahren nach wie vor der größte Zwischenfall?

Nein, es gab in der jüngeren Vergangenheit keine größeren Vorfälle von "GW852m" mit Nutztieren. Der Vorfall 2018 in Bad Wildbad war der bisher größte Fall seiner Art. Bei allen bisherigen Übergriffen des Wolfsrüden auf Nutztiere war der wolfsabweisende Grundschutz nicht erfüllt.

Wie werden die Risse eigentlich genau den jeweiligen Tieren zugewiesen?

Eine Individualisierung eines Wolfes ist möglich, wenn genetische Proben entnommen werden. Also von Losungen oder Rissen. Zudem erfolgen die Nachweise auch durch Foto- und Filmaufnahmen. Hier ist eine Individualisierung nicht möglich.

Und wie kommen Sie zu den Fotoaufnahmen oder den "Losungen", also dem Kot der Tiere?

Bilder und Filmaufnahmen erhalten wir von Bürgerinnen und Bürgern oder aber durch aufgestellte Wildkameras.

Försterinnen und Förster sind zudem zu erhöhter Wachsamkeit aufgerufen. Zudem gibt es Wildtierbeauftragte auf Ebene der Landkreise. Diese können Losungen oder andere Spuren von Wölfen auffinden und gehen zudem Hinweisen aus der Bevölkerung nach.

Die Diskussionen um das Thema Wolf sind ja derzeit eher abgeflaut. Haben Sie auch den Eindruck? Und stehen Sie immer noch im Dialog mit Wolfsgegnern? Ist die Diskussion bei Ihnen noch präsent?

Mit dem Handlungsleitfaden I haben wir uns frühzeitig auf die Rückkehr des Wolfes nach Baden-Württemberg vorbereitet. Als Umweltministerium begleiten und unterstützen wir mit akzeptanzsteigernden Maßnahmen kontinuierlich den natürlichen Wiederbesiedlungsprozess durch den Wolf. Beispielsweise werden die Weidetierhalterinnen und -halter mit einer umfangreichen Förderung von Herdenschutzmaßnahmen wie dem Material und der Installation von Elektro-Zäunen oder dem Unterhalt von Herdenschutzhunden finanziell unterstützt. Die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) in Freiburg bietet zudem eine umfassende Herdenschutzberatung an.

Insgesamt ist es uns wichtig, mit allen gesellschaftlichen Gruppen, die von der natürlichen Wiederansiedlung betroffen sind, in einem intensiven und konstruktiven Austausch zu treten. Bedenken und Befürchtungen nehmen wir ernst und haben dazu einen umfassenden Dialogprozess angestoßen, mit dem wir transparent über den Wolf in Baden-Württemberg informieren.

Wie wird die "Förderkulisse Wolfsprävention" angenommen? Können Sie sagen, wie viele Tierhalter bei wolfssicheren Zäunen unterstützt wurden?

Die Fördermaßnahmen im Wolfpräventionsgebiet Schwarzwald werden rege angenommen. Für die Herdenschutzförderung hat das Land seit der Einführung 2018 bis zum März 2021 knapp 1,3 Millionen Euro ausgezahlt. Rund 380 Halterinnen und Halter von Nutztieren, wie beispielsweise Schafen, Ziegen, Lamas und Alpakas oder auch Kälbern und Fohlen, haben entsprechende Anträge gestellt und haben damit unter anderem Mittel für wolfsabweisende Zäune erhalten.

Gibt es sonst irgendwelche Maßnahmen, die zum Schutz der Weidetiere unternommen wurden?

Das Land ist indirekt über die Forstliche Versuch- und Forschungsanstalt in Freiburg an einem Forschungsprojekt (F+E-Vorhaben) im Auftrag des Bundesamts für Naturschutz (BfN) der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen beteiligt, in dem es um "alternative Herdenschutzmaßnahmen" geht. Darüber hinaus wurde das vom Umweltministerium finanzierte Gemeinschaftsprojekt von Landesschafzuchtverband Baden-Württemberg und Nabu Baden-Württemberg im vergangenen Jahr erfolgreich abgeschlossen.

Eine Übersicht der Maßnahmen sowie umfassende Hinweise für Nutztierhalter gibt es auch auf der Internetseite des Umweltministeriums.

Der Wolf ist ja nun schon einige Zeit in der Region. Wie sieht es denn mit einem Weibchen aus? Ist da was in Sicht? Gab es in der Region, in der sich "GW852m" aufhält, Nachweise von anderen Wölfen?

Bisher konnte noch kein weiblicher Wolf in Baden-Württemberg nachgewiesen werden. Ob und wann sich ein Weibchen in Baden-Württemberg ansiedelt, können wir nicht seriös vorhersagen.

Wird der Wolf auf Dauer in der Region bleiben, auch wenn kein Weibchen in Sicht ist?

Wir gehen davon aus, aber auch hier können wir keine 100-prozentige Prognose treffen. Der Wolfsrüde "GW852m" ist zum Beispiel schon seit 2018 konstant in einem Gebiet im Nordschwarzwald nachweisbar.

Wie alt ist er denn eigentlich und wie alt werden Wölfe im Allgemeinen?

Wölfe im Freiland können circa zwölf bis 13 Jahre alt werden. Der Wolfsrüde "GW852m" ist erstmals 2017 in Baden-Württemberg individuell erfasst worden und befand sich damals wohl als einjähriges Tier auf der Suche nach einem eigenen Revier. Damit müsste dieser Wolf 2021 fünf Jahre alt sein.

Wie viele Wölfe sind derzeit in Baden-Württemberg unterwegs, von wie vielen gab es im vergangenen Jahr Nachweise? Steigt die Zahl an, bleibt sie gleich oder sinkt sie?

Wir haben in Baden-Württemberg derzeit drei residente Wolfsrüden. Zwei im Schwarzwald und einen im Naturraum Odenwald. Nachweise konnten 2020 in Baden-Württemberg von fünf verschiedenen Wölfen erbracht werden. Die drei residenten Wölfe werden regelmäßig nachgewiesen. Über den Verbleib der beiden anderen nachgewiesenen Individuen ist bekannt, dass der Wolf "GW1896m" mittlerweile im Grenzgebiet Hessen/Rheinland-Pfalz lebt. Zum Wolf "GW1591m" liegen uns keine weiteren Informationen vor.

Das Fördergebiet Wolfprävention Odenwald haben wir im März ausgewiesen, nachdem dort der Wolfsrüde "GW1832m" als sesshaft eingestuft wurde. Das heißt, der Wolf wurde über einen Zeitraum von sechs Monaten wiederholt nachgewiesen.

Haben Sie Erkenntnisse, wie sich das Hiersein des Wolfs im Nordschwarzwald auf die Rotwild-Population auswirkt? Gibt es da spürbare Veränderungen? Und gibt es Hinweise von Jägern, dass sich das Verhalten des Rotwilds verändert hat, dass sich die Zahl verändert hat oder die Wege, die das Wild nimmt?

Zu beiden Fragen liegen uns keine Erkenntnisse vor.