Der Abriss des Brauereiturms hat begonnen. Das Oberndorfer Bier gibt es aber weiterhin. Foto: Reimer

Lange stand er verlassen da, nun musste auch er weichen: Der Brauereiturm in Oberndorf  soll Platz für anderes machen und wird abgerissen. Doch in Versenkung wird die Marke nicht verschwinden. Denn das Oberndorfer Bier gibt es weiterhin. Aber wo wird es gebraut?

Oberndorf - Das Oberndorfer Bier blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits seit 1827 wird es gebraut, wie auch das Etikett auf den Flaschen heute noch in Kleinschrift verrät. Doch seinen heutigen Namen trägt es erst seit 1957. Zuvor war es unter dem Namen "Schwanen-Bräu" im Umlauf, da die Brauerei ursprünglich Schwanenbrauerei hieß.

Sowohl die Brauerei als auch das Bier haben eine bewegte Vergangenheit hinter sich. Kriege und Wirtschaftskrisen stellten im 20. Jahrhundert immer wieder große Herausforderungen dar, sodass die Produktion immer wieder zurückgefahren werden musste. Zur Feier des 150-jährigen Jubiläums der Brauerei im Jahr 1977 konnte die Geschäftsführung allerdings stolz verkünden, dass mehr als zehn Millionen Liter Bier pro Jahr gebraut werden.

Abfüllung in Alpirsbach

Doch einige Jahrzehnte später gab es schwere Rückschläge. Seit einem Brand im Jahr 1998, bei dem ein Schaden in Höhe von rund einer Million Mark entstand, wurde die Flaschenabfüllung in Oberndorf eingestellt. Die Brauerei kaufte ein gebrauchtes Tankfahrzeug, mit dem jede Woche drei Mal 5000 Liter Oberndorfer Bier nach Alpirsbach zur Klosterbrauerei zum Abfüllen gefahren wurden.

Blindverkostung

2004 ging die Brauerei schließlich insolvent. Der Gerstensaft kam dann eine Zeit lang aus Karlsruhe. Dort wurde er unter der Ägide von Stuttgarter Hofbräu herstellt.

Seit 2007 gehört die Marke der Firma Mebold aus Albstadt-Ebingen. Damals gab es unter den Produkten von fünf in Frage kommenden Brauereien eine Blindverkostung. Man entschied sich schließlich, das Oberndorfer Bier fortan von Baisinger in Rottenburg brauen zu lassen.

80 000 Flaschen jährlich

Heute werden jährlich etwa 40.000 Liter gebraut und in 80.000 Flaschen à 0,5 Liter abgefüllt, teilt der Geschäftsführer Andreas Mebold mit. Das Bier wird heute noch im Oberndorfer Getränkefachmarkt des Unternehmens sowie weiteren Supermärkten und Getränkehändlern verkauft. Den Charakter des Bieres beschreibt Mebold wie folgt: "Das Bier zeichnet sich durch feine Malzaromen mit dezenter zurückhaltender Süße aus".

Auch im "i-Dipfele" wird der Oberndorfer Gerstensaft noch ausgeschenkt. Allerdings nur in Flaschen, da es das Bier nicht mehr in Fässern gibt. Seit etwa 50 Jahren steht es auf der Getränkekarte, erinnert sich Bruni Lemperle.

Immer noch beliebt

Ihr Schwiegervater Eugen, der die Gaststätte 1961 gegründet hatte, wehrte sich anfangs zunächst gegen die Vorstellung, Bier anzubieten. " ›Wir sind eine Weinstube‹ hat er immer gesagt", erinnert sich Bruni Lemperle und lacht. Mit der Zeit haben aber so einige Vereine den Wunsch nach Gerstensaft geäußert. "Die Kegelclubs haben gemeint: ›Wenn ihr Bier auf der Karte hättet, würden wir häufiger vorbeikommen‹ ", so Bruni Lemperle. Schließlich entschloss man sich also doch, den Gerstensaft auf der Getränkekarte aufzunehmen.

Inzwischen hat sich das Sortiment erweitert. Neben Weizen gibt es beispielsweise auch alkoholfreies Bier. Doch das Oberndorfer Bier erfreue sich nach wie vor großer Beliebtheit, verrät sie.

Doch schmeckt man den Unterschied zu früher? "Das schmeckt nicht mehr wie Oberndorfer", sagten damals einige Gäste laut Lemperle. "Doch solche Leute gibt es immer", sagt sie und lacht. Selbst wenn es vielleicht ein klein bisschen anders schmecken sollte, inzwischen habe man sich daran gewöhnt, findet sie.