Die roten Busse der Stuttgart-Tour starten in die Schlussetappe. Noch sechs Monate dürfen sie fahren. Der Zuspruch von Touristen ist zu gering, der Betrieb zu teuer. Stuttgarts Touristik-Chef Armin Dellnitz steht mächtig unter Druck, eine bessere Lösung zu präsentieren.
Stuttgart - Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) peilt an, die Touristen statt in den roten Bussen mit den normalen öffentlichen Verkehrsmitteln zu Stuttgarts Sehenswürdigkeiten zu befördern. Damit sie sich zurechtfinden, sollen sie mittels einer Telefon-App oder eines Audioguide geleitet und informiert werden. Das brachte SSB-Vorstandsmitglied Jörn Meier-Berberich am Freitag ins Gespräch – eine Woche nach dem Beschluss des SSB-Aufsichtsrats, die von den SSB gesponserte Stuttgart-Tour Ende Dezember einzustellen.
Der zuständige Erste Bürgermeister Michael Föll (CDU) hat Verständnis dafür. Ein Defizit von 200 000 Euro pro Jahr bedeute bei durchschnittlich 60 Fahrgästen pro Tag 12,50 Euro pro Mitfahrer. „Diese Subvention ist auf Dauer nicht zu rechtfertigen – egal ob die städtische SSB es zahlen muss oder die Stadt direkt.“ Eine App sei eine mögliche Ersatzlösung. Das Angebot müsse aber noch weiter reichen.
Wie aber soll es aussehen? Mit dieser Frage setzte sich auf Antrag der CDU am Freitag der Wirtschaftsausschuss auseinander. Seither lastet noch mehr Erwartungsdruck auf Armin Dellnitz, dem Geschäftsführer der Stuttgart-Marketing GmbH. Zuvor hatte ihn in nichtöffentlicher Sitzung bereits sein Aufsichtsrat vergattert, bis Herbst ein Konzept vorzulegen. Lang hatte der große Blonde aus dem Norden gehofft, dass die roten Busse doch noch mehr Zuspruch finden würden. Am Freitag sagte er, zwei Busse zu betreiben, die auf unterschiedlichen Routen halbleer durch die Stadt pendeln, sei „auch für uns ein unbefriedigender Anspruch“.
Dellnitz: Auf jeden Fall Busse ohne Dach
Dass eine Telefon-App nicht ausreicht, ist auch Dellnitz klar. Diese technische Lösung, um Besucher in der Stadt zu führen, richte sich an jüngere und geübte Menschen. „Wir sprechen überwiegend ältere Gäste an.“ Der Ersatz für die roten Busse könne nur aus einer Kombination von Elementen bestehen, aus denen sich jeder das Passende nehme.
Auf jeden Fall müssten Busse ohne Dach durch die Stadt geschickt werden, meinte FDP-Stadtrat Michael Conz. Eine Hop-on/Hop-off-Lösung sei absolut zwingend, sagte Alexander Kotz (CDU), also das aus diversen Städten bekannte und seit zweieinhalb Jahren auch in Stuttgart praktizierte System: Man erwirbt eine Fahrkarte und darf unterwegs beliebig oft aus- und einsteigen, um Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Kotz wünschte sich außerdem ein Fahrzeug, das so attraktiv ist, dass schon deswegen viele mitfahren möchten. Einen „Hingucker“ forderte er. Beispielsweise ein Mercedes-Sprinter-Cabrio, das für Stuttgarts Bedarf angemessener wäre als ein Doppeldeckerbus.
Kotz erntete müdes Gähnen. „Vergessen Sie Mercedes in dem Zusammenhang. Die werden keinen Bus für uns bauen“, sagte Meier-Berberich. Auch Föll versuchte seinen Parteifreund auf den Boden der Tatsachen zu holen. Die Vorstellung, das Modell eines eigenen Cabriobusses für Stuttgart zu etablieren, sei „eine Illusion“. Das würde einen Millionenaufwand bedeuten und sowohl die städtische Tochter SSB wie auch den Stadthaushalt überfordern. Kotz will die Idee, für das Fahrgestell eines bereits produzierten Modells einen speziellen Aufbau zu entwickeln, trotzdem an die Daimler AG herantragen.
Konzept bis Herbst
Dellnitz hat die Hoffnung auch noch nicht aufgegeben, dass die Automobilindustrie ihm einen thematischen Lösungsansatz bietet: „Wenn wir die Historie des Automobils auf die Stuttgart-Tour übertragen könnten, wäre das perfekt.“ Einen alltagstauglichen Oldtimer durch den unter Feinstaub leidenden Talkessel zu schicken sei aber kaum die Lösung. Das Thema Mobilität soll sich trotzdem in seinem Lösungsansatz niederschlagen. Jeder, egal ob Tourist oder Einwohner, müsse sich sofort sagen, „mit dem Fahrzeug will ich diese Stadt noch einmal neu kennenlernen“. Die Stuttgarter Lösung müsse neu und kreativ sein.
Er ist guten Mutes, bis Herbst ein Konzept zu haben. Die Umsetzung im Januar verspricht er nicht. Notfalls will Dellnitz für einige Monate an die frühere Praxis anknüpfen. Bevor die Stuttgart-Tour gestartet wurde, hatte man zu bestimmten Tageszeiten geführte Stadtrundfahrten angeboten.