Friedhold Ulonska aus Rottenburg ist mit der „Nadir“ und seiner Crew im Mittelmeer unterwegs, um Flüchtlinge zu retten. Am Mittwoch kommt er nach Freudenstadt.
Friedhold Ulonska wird am Mittwoch, 25. Juni, Freudenstadt besuchen. Der Rottenburger Ulonska ist Kapitän auf einem Schiff der Organisation „Resquship“. Mit dem Segelschiff „Nadir“ sind er und seine Crew im Mittelmeer unterwegs, um in Seenot geratene Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu retten.
Doch kurz vor dem Besuch in Freudenstadt wurde nun die „Nadir“ von den italienischen Behörden festgesetzt. Mehrere überregionale Medien haben bereits über den Fall berichtet. Am Telefon erzählt Ulonska, wie er die Ereignisse der letzten Wochen erlebt hat. Auslöser für die Aktion der Behörden war offenbar ein Rettungseinsatz, der sich vor einigen Wochen 80 Seemeilen vor der sizilianischen Insel Lampedusa ereignet hat.
„Nadir“ sollte zunächst Lampedusa ansteuern
„Südlich von Lampedusa haben wir ein Boot gefunden mit 112 Leuten an Bord“, berichtet Ulonska. „Wir haben dann nach dem üblichen Verfahren die Behörden informiert und die Leute an Bord genommen.“ Zunächst sei die „Nadir“ dann angewiesen worden, einen Hafen auf Lampedusa anzusteuern.
Erst acht Stunden später habe die Crew dann neue Anweisungen von den italienischen Behörden bekommen. Das Schiff solle nicht nach Lampedusa fahren, sondern stattdessen noch auf See einen Teil der Flüchtlinge – Frauen, Kinder und Schutzbedürftige – an ein Schiff der italienischen Küstenwache übergeben. Mit den verbliebenen Geretteten solle die „Nadir“ dann Porto Empedocle an der Küste Siziliens anlaufen.
Doch ein solches Manöver hielten die Retter für zu gefährlich. „Wir haben gesagt, wir haben große Bedenken“, berichtet Ulonska. Dazu schreibt die Organisation in einer Pressemitteilung: „Die Auswahl einzelner Personen auf dem vollen Deck hätte Chaos auslösen, Menschen in Gefahr bringen und Panik verursachen können.“ Das Schiff habe daher weiter Lampedusa angesteuert – laut Ulonska ohne, dass die Behörden weitere Einwände erhoben hätten. „Die haben uns kommentarlos nach Lampedusa fahren lassen.“ Dort habe die „Nadir“ dann auch die Erlaubnis erhalten, in den Hafen einzulaufen, wo die Flüchtlinge dann an Land hätten gehen können .
Wenige Tage später sei er dann von den Italienern mit Ermittlungen konfrontiert worden, erzählt Ulonska. Die Vorwürfe: Die Crew des Schiffes habe nach der Rettung nicht unverzüglich die tunesischen und libyschen Behörden informiert und sei nicht der Aufforderung gefolgt, nach Porto Empedocle zu fahren.
Für 20 Tage darf das Schiff den Hafen nicht verlassen
Die Aktivisten widersprechen den Vorwürfen. Sie hätten versucht, die zuständigen Stellen in den beiden nordafrikanischen Ländern anzurufen. „Niemand hat abgenommen“, so Ulonska. Und Vorbedingung für die Fahrt nach Porto Empedocle sei gewesen, dass die Küstenwache einen Teil der Flüchtlinge übernimmt, wozu es eben nicht gekommen sei.
Dennoch machten die italienischen Behörden ernst: Die Crew wurde angewiesen, Lampedusa zu verlassen und Porto Empedocle anzufahren. Dort sei das Schiff dann für 20 Tage festgesetzt worden. Es handele sich dabei um eine Verwaltungsstrafe, erklärt Ulonska. Nach Ablauf der 20 Tage könne das Schiff wieder auslaufen.
Besuch in Freudenstadt trotzdem möglich
Auch betont Ulonska, dass zwar das Schiff festgesetzt wurde, aber nicht die Crew. „Ich kann mich hier frei bewegen“, sagt Ulonska. Deshalb müsse er auch seinen Besuch in Freudenstadt nicht absagen.
Es sei nicht neu, dass die italienischen Behörden Schiffe festsetzen, die im Mittelmeer Flüchtlinge in Seenot retten wollten, meint Kapitän Friedhold Ulonska. Neu sei jedoch , dass es nun auch kleinere Schiffe wie die 18 Meter lange „Nadir“ treffe. So sei zum Beispiel nun auch ein kleines Schiff der Organisation „Sea-Eye“ festgesetzt worden.
Die Veranstaltung
Der Termin
Auf Einladung des Freundeskreises Asyl wird am Mittwoch, 25. Juni, um 19 Uhr der Seenotrettungskapitän Friedhold Ulonska im Gemeindehaus der Martinskirche, Parkweg 13 in Freudenstadt über die Situation der Geflüchteten im zentralen Mittelmeerraum sprechen.
Die Themen
Kapitän Ulonska leitet seit Jahren Seenotrettungsmissionen für die Organisation Resqship und gliedert seinen Vortrag in drei Teile: Wie ist die Situation der Geflüchteten, die die meist lebensgefährliche Überfahrt von Libyen und Tunesien nach Italien versuchen? Wie ist der operative Ablauf, wenn ein Flüchtlingsboot in Seenot entdeckt wird? Wie ändern sich die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen durch neue Regeln von EU und einzelnen Ländern? Der Vortrag wird mit Bild- und Videomaterial unterstützt.
Die Veranstalter
Mitgetragen wird die Veranstaltung vom Mehrgenerationenhaus, dem Weltladen, den Omas gegen rechts sowie der Katholischen Erwachsenenbildung. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht.