Hauptbestandteil des Abends war die Ansprache von Bürgermeister Thomas Schäfer. Foto: Kiryakova

Thomas Schäfer hat beim Neujahrsempfang Optimismus verbreitet – er gab das Motto aus: "2023 kann ziemlich gut werden". Seelbachs Bürgermeister brachte die Besucher auf den neuesten Stand bei laufenden Projekten der Gemeinde.

Seelbach - Für einen war der Abend etwas ganz Besonderes: Helmut Patzelt, der beim Neujahrsempfang von Justizministerin Marion Gentges und Staatssekretärin Sandra Boser mit der Landesehrennadel ausgezeichnet wurde.

Landesehrennadel: Patzelt ist seit März 2006 Vorsitzender der Nachbarschaftshilfe Seelbach, ein gemeinnütziger Verein, der alten Menschen bei den Dingen des alltäglichen Lebens unter die Arme greift, Einsamkeit lindert und sozialen Halt gibt. Mit diesem Engagement sei er "ein wunderbares Beispiel für gelebte christliche Werte", hob Gentges in ihrer Laudatio hervor.

Applaus für Helmut Patzelt

Der Geehrte selbst sagte, dass er in seinem Beruf als Maschinenbauingenieur Erfolg gehabt habe. Patzelt war unter anderem für die Firma Siemens weltweit unterwegs gewesen, 1993 wechselte er als Vertriebsleiter zur Firma Berger (heute Schneider Electric). Seit 2003 ist er im Ruhestand, seit 1997 lebt er in Seelbach. Die Nachbarschaftshilfe dort hat er auf gesunde Füße gestellt, etwa indem er der Einsatzleitung zu einem eigenen Büro in der Hauptstraße 10 verhalf.

Da er selbst Glück im Leben gehabt habe, wolle er den Menschen etwas zurückgeben, hob Patzelt hervor, nachdem Boser ihm die Landesehrennadel ans Revers geheftet hatte. Außerdem dankte er dem gesamten Team der Nachbarschaftshilfe , "das mit Herz und Seele dabei ist". Der 82-Jährige erhielt viel Beifall.

 Änderungen: Der Neujahrsempfang war ein gesellschaftliches Ereignis, bei dem viele dabei sein wollten, die Stühle im Bürgerhaus waren am Freitagabend nahezu voll besetzt. Obwohl diesmal die jungen Sportler und Musiker im Saal fehlten, die bei früheren Neujahrsempfängen ausgezeichnet worden waren, denn sie waren bereits im Sommer auf dem Freibad-Gelände geehrt worden. Das war in der Pandemie-Zeit eingeführt worden und wird nun beibehalten.

Auch sonst unterschied sich dieser Neujahrsempfang von denen vor Corona – so fehlte das Defilee mit Händeschütteln am Anfang. Er habe das Gefühl, dass das nicht mehr zeitgemäß sei, so Schäfer.

Flüchtlinge: Der Rathauschef hielt keine steife Ansprache hinter dem Rednerpult, sondern stand wie ein Moderator mittig auf der Bühne und kommentierte Fotos aus dem Gemeindegeschehen, die auf einer Großleinwand gezeigt wurden. Dabei lieferte er teils auch aktuelle Infos zu den Themen, die da gerade im Bild angerissen wurden.

Zu der Aufnahme vom Sommerfest mit ukrainischen Flüchtlingen im August beim Tretenhof gab Schäfer zum Beispiel bekannt, dass es bei der Unterbringung der Neuankömmlinge mittlerweile ganz gut aussehe. Demnach sind 45 ukrainische Flüchtlinge von Privatleuten in Seelbach aufgenommen worden. Außerdem habe man weitere 47 Flüchtlinge vor allem aus Syrien und Afghanistan im Ort, von denen 37 in Gemeindewohnungen und zehn privat untergekommen seien.

Seelbach muss weitere Flüchtlinge aufnehmen

2023 müsse man weitere 27 Flüchtlinge – keine Ukrainer – aufnehmen, für die die Gemeinde Wohnraum kaufen oder mieten werde. Nachdem Schäfer noch im Herbst die Sorge geäußert hatte, nicht allen Flüchtlingen ein Dach über dem Kopf bieten zu können, klang er diesmal hier zuversichtlicher: Die Gespräche mit Hauseigentümern würden gut laufen, "wir werden das mit vereinten Kräften hinbekommen".

Energie: Der Krieg in der Ukraine habe zu Verwerfungen geführt, etwa einer Explosion der Energiepreise, die Auswirkungen bis nach Seelbach hätten, so Schäfer. Der Bürgermeister sprach von einer "Zeitenwende", auf die man in der Gemeinde aber vorbereitet sei – hier hob er das ein Kilometer lange Nahwärmenetz im Ort hervor, mit dem fast alle kommunalen Gebäude mit rund 80 Prozent regenerativem Energieanteil aus Holz und Sonne versorgt würden.

Darüber hinaus werde die Verwaltung eine umfassende Wärmeplanung in Auftrag geben. "Wir werden uns die Quartiere anschauen und prüfen, ob Chancen für neue Energieformen und Verteilernetze bestehen."

Betreuung: Die Kita-Betreuungsplätze reichten nicht mehr aus, deshalb habe sich der Gemeinderat im März für einen Natur- und Waldkindergarten hinter dem Tretenhof entschieden, so Schäfer. In dem Zusammenhang berichtete er aber auch von Lieferschwierigkeiten für den Bauwagen im Hobbit-Stil, den es für die Natur-Kita braucht. Er hoffe aber, dass der Betrieb "Ende Frühjahr, Anfang Sommer" starten könne.

Verzögerungen gibt es auch beim Breitbandausbau. Hier erwartet Thomas Schäfer, dass 2025 "alles erledigt" ist. Dann sollen fast 99 Prozent aller Haushalte und Gewerbebetriebe an Glasfaserkabel für schnelles Internet angeschlossen sein.

 Tourismus: Mit 170 000 Übernachtungen habe man in Vorjahr wieder das Niveau wie vor Corona erreicht, nachdem der Tourismus im Ort 2020 mit lediglich 127 000 Übernachtungen auf dem Tiefpunkt war. 75 Prozent der Gäste quartieren sich laut Schäfer auf dem Campingplatz Schwarzwälder Hof ein. Dazu waren auf der Großleinwand im Bürgersaal Fotos des neuen Baumhausdorfs von Familie Schwörer zu sehen, die Betreiber des Campingplatzes – "unser neues touristisches Highlight", lobte Schäfer die urige Attraktion.

Touristen solle in Seelbach weiter viel geboten werden, deshalb werde der mittlerweile zehn Jahre alte Erlebnis-Burgpfad auf die Geroldseck ein Facelifting erhalten, kündigte Schäfer an, ohne dabei aber Details zu verraten.

Keine Schulden für die Rathaus-Modernisierung

Stolz ist der Bürgermeister darauf, dass die Gemeinde ihren Eigenanteil von 2,7 Millionen Euro für die Rathaussanierung ohne Kreditaufnahme finanzieren konnte. Insgesamt habe die Modernisierung des Verwaltungssitzes, deren Abschluss im Juni mit einem Tag der offenen Tür gefeiert wurde, 6,1 Millionen Euro gekostet, zu denen das Land Zuschüsse von 3,4 Millionen Euro beigesteuert habe.

Neubaugebiet: Der Rathauschef hob auch den Spatenstich im Juni für das Obere Feld III in Wittelbach hervor. Mehr als zehn Jahre habe man auf ein neues Wohnbaugebiet in der Gesamtgemeinde warten müssen. Bis ins Frühjahr solle es fertig erschlossen sei, danach werde entschieden, wer von den vielen Interessenten die ersten zwölf (von rund 30) Bauplätzen dort erhalten soll.

 Corona: Schäfer kam natürlich auch auf Corona zu sprechen. "2022 fanden wir allmählich den Ausweg aus der Pandemie und bekamen damit unsere Freiheit zurück", freute er sich. Er dankte allen, "die dem Virus den Kampf angesagt haben"", darunter dem Personal im Caritashaus St. Hildegard oder den Ärzten, die Bürger-Impfaktionen organisiert hatten. Er sei Optimist und glaube, dass 2023 der Frieden zurückkehrt, so Schäfer, für dessen Ausführungen es viel Beifall gab.

Bürgermeisterwahl: Am Schluss des Abends, der zweidreiviertel Stunden gedauert hatte, gab Schäfer noch eine kurze Erklärung in eigener Sache ab: Er werde "rechtzeitig im Frühjahr" bekanntgeben, ob er bei der Bürgermeisterwahl Ende des Jahres für eine dritte Amtszeit kandidiert.

Katharina: Auf der Bühne hatte am Freitagabend zunächst die Seelbacher "Katharina" 2022 Nadine Schönberger gestanden, die die Begrüßung der Gäste übernahm. Die 28-Jährige wünschte den Besuchern ein gutes neues Jahr "und dass alle Ihre Wünsche und Träume in Erfüllung gehen". Für sie selbst ist mit der Wahl zur "Katharina" im Vorjahr ein Traum wahr geworden, war den Worten der gebürtigen Seelbacherin zu entnehmen, die als Architektin auf dem Lahrer Rathaus arbeitet. Im Katharina-Kostüm über den Kätterlismärkt zu gehen, sei eine einzigartige Erfahrung gewesen. Sie sei von sehr vielen Menschen angesprochen und um ein Foto gebeten worden. Die Herzlichkeit der Menschen habe sie beeindruckt.

Bereichert wurde der Abend von Pervez Mody, ein virtuoser Konzertpianist, der die Besucher mit seinen Beethoven-, Skrjabin und Chopin-Interpretationen begeisterte.

Imagefilm: Beim Neujahrsempfang wurde auch der neue Imagefilm der Gemeinde vorgeführt. Er zeigt schöne Bilder von einer Urlauberfamilie mit zwei Kindern, die die touristischen Angebote in Seelbach genießt – vom Leben auf dem Bauernhof bis zur Kneipp-Kur in der Wassertretstelle. Der neue Imagefilm ist dabei nur noch zwei Minuten lang – er ersetzt einen Film von mehr als fünf Minuten Länge. Das kürzere Format passe besser zu den heutigen Sehgewohnheiten in den Sozialen Medien, erklärte Thomas Schäfer.

Kino-Feeling genossen die Besucher auch bei der Vorführung eines gut viertelstündigen Films über die Burgruine Lützelhardt auf dem gleichnamigen Seelbacher Hausberg, den der Seelbacher Jürgen Clever 2019 im Auftrag der Gemeinde erstellt hat. Ein absolut sehenswertes Werk mit Spielszenen, die die Lützelhardt-Sage nachstellen. Darüber hinaus zeigt der Film zeigt auch Animationen, die erahnen lassen, wie die Burg – das älteste Seelbacher Baudenkmal – einst ausgesehen hat.