Foto: Eppler, Frank

Der Deckel-Streit hat den Ausbau der A81 verzögert. Nun sollen Anschlusstellen folgen.

Sindelfingen/Böblingen - Der Streit um den Deckel hat den Ausbau der A81 verzögert. Das Ärgernis scheint aber auch etwas Gutes zu haben. Verkehrsplaner haben die Zeit genutzt, um im Osten von Sindelfingen und Böblingen das Straßennetz zu verbessern.

Johannes Mescher, der Baubürgermeister von Sindelfingen, will noch nicht "Hurra" schreien. Doch in drei bis vier Wochen, schätzt er, könnte es so weit sein. Bis dahin sollen die Pläne für zwei geänderte A-81-Anschlussstellen vom Innenministerium des Landes und vom Bundesverkehrsministerium genehmigt sein. Darauf warten auch der Landkreis und die Stadt Böblingen. Denn sie haben zusammen mit Sindelfingen und den Straßenplanern vom Regierungspräsidium Stuttgart (RP) ein "sehr schönes Konzept entwickelt", meint Mescher. Und: "Die Verzögerung durch die Deckeldiskussion war dafür gut."

Die A81 Stuttgart-Singen wird von Böblingen-Hulb bis Sindelfingen-Ost sechsspurig ausgebaut. Die Pläne für den sieben Kilometer langen Abschnitt hatte das RP schon im Frühjahr 2007 fertig. Doch dann liefen die Bürgerinitiative Leise A81 und die Städte Sindelfingen und Böblingen Sturm gegen die vorgesehenen bis zu 20 Meter hohen Lärmschutzwände. Sie forderten einen Deckel über die Autobahn. Über dessen Länge und Finanzierung wurde heftig gestritten. Seit Ende Juli 2009 steht fest, dass der Deckel 850 Meter lang wird. Er soll gut 50 Millionen Euro kosten.

Nach dem Bauplan vom Frühjahr 2007 wären die heutigen Anschlussstellen Sindelfingen-Ost und Böblingen-Ost nicht groß verändert worden. Mit den neuen Plänen aber wird der sogenannte Vollanschluss Sindelfingen-Ost zurückgebaut. Das heißt: Aus und in Richtung Singen geht hier dann nichts mehr. Die wichtigere Anschlussstelle wird in Zukunft Böblingen-Ost sein, die heute nur dem Verkehr aus und in Richtung Stuttgart dient. Sie wird neu gebaut und bekommt vier Rampen. Diese neue Anschlussstelle ist künftig die Drehscheibe für den Verkehr in alle Richtungen.

Doch was bringt der Vollanschluss-Wechsel? Warum ist es besser, wenn er einige Hundert Meter weit von Sindelfingen nach Böblingen verschoben wird? Davon profitieren alle Autofahrer, die auf der chronisch überlasteten Kreisstraße aus Schönaich zur Autobahn wollen. Sie können dann in Böblingen-Ost ohne Umweg auf die A81. Der neuralgische Punkt Thermalbadkreuzung wird dafür umgebaut. Für Böblingen wird die Autobahn damit auch zu einer Umfahrungsstraße.

Schleichweg bei Stau - Entlastung für Sindelfingen

Wenn die Fernstraße heute dicht ist, suchen sich Auto- und Lastwagenfahrer ihren Weg durch Sindelfingen und Böblingen. Künftig werden sie dafür eine Parallelstraße zur A81 haben. "Von der Thermalbadkreuzung übers Flugfeld bis zur Calwer Straße in Böblingen", erklärt der Böblinger Verkehrsplaner Gunnar-Steffen Müller. Möglich macht auch dies erst die neue Anschlussstelle, und den Nutzen hat vor allem Sindelfingen. Denn diese Verbindung wird dort nicht nur im Notfall gebraucht.

Sie entlastet, so hat es ein Verkehrsgutachten im Jahr 2005 gezeigt, die von Sindelfingen-Ost quer durch die Stadt führende vierspurige Verkehrsschneise Mahdentalstraße, Neckarstraße und Hanns-Martin-Schleyer-Straße erheblich. Doch damals war klar, dass Sindelfingen diese Straße im Alleingang nicht bekommen kann. Sie liegt nämlich erstens auf Böblinger Gemarkung, und zweitens erfüllt sie ihren Zweck nur dann richtig, wenn sie direkt von der Autobahn erreichbar ist. Sindelfingen hakte das Thema ab. Die Wende brachte der Kreis. Im Landratsamt wurden - wegen der überlasteten Kreisstraße aus Schönaich - erste Ideen für neue Autobahnanschlüsse entworfen. "Das war unser Glück", meint Mescher.

Freilich dauert es noch, bis es so weit ist. Die Baugenehmigung für den sechsspurigen A-81-Ausbau mit dem Deckel liegt nach Angaben eines RP-Sprechers voraussichtlich Mitte 2012 vor. Dass mit dem sogenannten Planfeststellungsbeschluss auch gleich die Bagger anrollen, ist wenig wahrscheinlich. Der Bund muss dafür schließlich Stand heute um die 140 Millionen Euro lockermachen. Die Bauzeit ist mit drei Jahren veranschlagt. Mescher jedenfalls rechnet mit einem Bauende "nicht vor 2016 oder 2017".

Bis dahin verändert sich der Sindelfinger Osten immerhin schon mal auf dem 3,5 Hektar großen Gelände der pleitegegangenen Textil-Einkaufsgenossenschaft Sütex unweit des Breuningerlands. Das Bietigheimer Möbelhaus Hofmeister hat das Areal gekauft und will dort für 50 Millionen Euro ein Möbelhaus bauen. Die Investition und etwa 400 neue Arbeitsplätze sind für Sindelfingens OB Bernd Vöhringer ein "wichtiges Signal in Krisenzeiten". Das Möbelhaus wird aber auch mehr Verkehr in die Stadt bringen. Auch da sollen die A81 und die neue Anschlussstelle helfen.

Wenn es dann so weit ist, kann Sindelfingen im Osten noch mehr ummodeln. "Es gibt Überlegungen, die Mahdentalstraße zurückzubauen", sagt der Baubürgermeister. Auf dem Abschnitt von Sindelfingen-Ost bis zu der Kreuzung, wo heute der Verkehr zum Breuningerland, den Modehäusern und der Messe Sindelfingen abbiegt, wären laut Mescher nämlich noch 17.000 Fahrzeuge am Tag unterwegs. Heute sind es 30.000. Der frei werdende Platz könnte für Parkplätze genutzt werden.