Völlig erschöpft,aber total glücklich – Sebastian Kienle im Zielraum: „Mir hat alles wehgetan, sogar meine Haare haben mir wehgetan. Am Ende war die komplette Festplatte formatiert.“ Foto: EPA

Erst ein Außenbandriss, dann eine bakterielle Infektion, schließlich schlechte Laune – nach einem extrem schwierigen Jahr ist Sebastian Kienle aus Mühlacker mit Platz drei beim Ironman auf Hawaii ein grandioser Saisonabschluss gelungen.

Kailua Kona - Als Sebastian Kienle die letzten Meter auf dem berühmten Ali’i Drive lief, kehrte das Lächeln allmählich in sein Gesicht zurück. Der Jubel der Zuschauer und die Gewissheit, beim Ironman auf Hawaii gegen alle Widrigkeiten durchgehalten zu haben und als Dritter das Ziel in Kailua Kona zu erreichen, ließen ihn die Schmerzen nach der über achtstündigen Quälerei vergessen. Vor allem der Marathonlauf bei über 30 Grad und extremer Luftfeuchtigkeit brachte den Triathleten aus Mühlacker physisch und psychisch an seine Grenzen.

Es hätte nicht viel gefehlt, und Kienle hätte hingeschmissen. „Ich habe schon nach einem Kilometer des Marathons gedacht, dass ich aufgeben muss – und nach zwei und drei Kilometern auch“, gab er zu, „aber da sind so viele Kilometer noch vor einem, das kannst du als Dritter nicht machen. Wahnsinn.“ Er hatte seinen Rhythmus zwischendurch total verloren; erst auf den letzten fünf, sechs Kilometern war der 29-Jährige wieder in Tritt gekommen. „Das waren die besten im ganzen Rennen.“ Nach 3,86 Kilometern Schwimmen im rauen Pazifik, 180 Kilometern Radfahren gegen böige Winde und 42,195 Kilometern Laufen bei glühender Hitze lag der Radspezialist als Dritter 6:55 Minuten hinter dem überraschend starken Sieger Frederik van Lierde. Der 34 Jahre alte van Lierde sicherte sich als zweiter Belgier in 8:12:29 Stunden den WM-Titel vor Luke McKenzie (Australien). Zuvor hatte der nicht mit ihm verwandte Luc van Lierde 1996 und 1999 auf Hawaii triumphiert.

Für Kienle lief diese Saison eigentlich alles andere als gut

Kienle war erleichtert. Die Höllentour durch das Paradies hatte sich gelohnt. Bei seiner zweiten Teilnahme am Klassiker auf Hawaii schaffte er gleich den Sprung aufs Podium. Nach Rang vier bei seinem WM-Debüt auf Big Island galt er bei vielen als Versprechen für die Zukunft. Bald will er sich auch den Siegerkranz auf dem Ali’i Drive aufsetzen – mit seinen 29 Jahren zählt er zu den jüngeren Extrem-Triathleten in der Weltspitze. „Ich denke, ich werde noch den perfekten Tag haben“, sagte Kienle. Dass in Timo Bracht (Eberbach) als Neuntem und dem 2005-Sieger Faris Al-Sultan (München) als Zehntem zwei weitere Deutsche unter die Top Ten kamen, ging angesichts der starken Vorstellung von Kienle beinahe unter. Ebenso das Aus für Andreas Raelert. Der als Mitfavorit gehandelte Rostocker – in den vergangenen vier Jahren immerhin viermal auf dem Podium – musste kurz nach dem Wechsel vom Rad zum Laufen wegen einer Oberschenkelverletzung aufgeben.

Auch für Kienle lief diese Saison eigentlich alles andere als gut. Nach beachtlicher Frühform zog er sich beim Laufen einen Außenbandriss im Sprunggelenk zu. Kaum war die Verletzung überstanden, legte ihn eine bakterielle Infektion flach. Drei Monate lang musste der Mann vom Tri-Team Heuchelberg kürzertreten. Seine Form und seine gute Laune litten. Sein Comeback bei der Ironman-EM im Juli in Frankfurt lief mit Platz neun unbefriedigend. Umso bemerkenswerter, dass er im September in Las Vegas seinen WM-Titel über die halb so lange Strecke 70.3 erfolgreich verteidigte und nun in Hawaii vorne mitmischte. „Diese Saison war unheimlich wichtig für mich“, sagte er, „wenn es nicht zusammenpasst, dann spielt der Kopf eine noch größere Rolle.“ Nun hofft Kienle, dass 2014 körperlich alles passt: „Und dann ist die Birne auch da: Schauen wir mal, was dann passiert.“

Die größte Show bei dem Spektakel mit rund 2000 Teilnehmern lieferte aber eine Frau. Mirinda Carfrae holte sich zum zweiten Mal nach 2010 den Titel – in Rekordzeit. In 8:52:14 Stunden verbesserte sie die Marke von Chrissie Wellington. Die Britin hatte 2009 bei ihrem dritten von vier Siegen 8:54:02 Stunden gebraucht. Im Ziel sprang Carfrae ihrem künftigen Ehemann Tim O’Donnell (USA) – immerhin Fünfter bei den Männern – in die Arme. „Ich kann nicht glauben, dass ich den Rekord habe“, rief die 32-Jährige „das ist ein perfekter Tag.“ Herausragend war ihre Marathonzeit von 2:50:38 Stunden. Selbst unter ihren männlichen Kollegen waren auf Hawaii nur der Belgier Bart Aernouts (2:44:03) und der Spanier Ivan Rana (2:47:54) schneller auf der Laufstrecke. Beste Deutsche war Kristin Möller aus Erlangen als 16.