Nico Gerspacher ist Geschäftsführer der Schwenninger Firma Übergrafisch und hat die Leidenschaft für die Filmproduktion bereits in der Schulzeit für sich entdeckt. Foto: Gerspacher

Der Film "Dear Future Children" an dem die Schwenninger Firma Übergrafisch als Co-Producer beteiligt war, war ein Erfolg. Dieser räumte den Deutschen Dokumentarfilmpreis ab – und das sogar in zwei Kategorien.

VS-Schwenningen - Gleich zwei mal wurde der Film Dear Future Children auf dem SWR-Doku-Festival mit dem Deutschen Dokumentarfilmpreis ausgezeichnet. "Das war eine riesige Überraschung für uns alle", erzählt Nico Gerspacher, Geschäftsführer der Schwenninger Filmproduktionsfirma Übergrafisch, die an der Filmproduktion als Co-Producer beteiligt war.

Filmproduktion erhält gleich zwei Preise

Die Dokumentation porträtiert drei junge Aktivistinnen auf Protesten, die durch Gewalt gekennzeichnet sind. Hilda kämpft in Uganda für die Umwelt, Rayen und Pepper setzen sich in Santiago de Chile und Hongkong für mehr soziale Gerechtigkeit und Demokratie ein. Unter gefährlichen Drehbedingungen hat das Produktionsteam die jungen Frauen begleitet. "Bei Protesten kann man nicht mit einem Fünf-, Sechs- oder Sieben-Mann-Team anreisen", erklärt Gerspacher, "da ist es besser man ist kleiner und unauffälliger." Regisseur Franz Böhm und der Kameramann seien deshalb beim Dreh alleine gewesen. Dabei sei es teils zu gefährlichen Situationen gekommen, so wurde der Regisseur in Chile mit einem Gummigeschoss am Kopf getroffen und sogar Morddrohungen habe er erhalten. Gerspacher selbst unterstützte Böhm bei den Dreharbeiten als Creative Producer.

Die Jury weiß den Einsatz der Crew und den bewegenden Inhalt der Dokumentation zu schätzen. Der mit 20 000 Euro dotierte Hauptpreis wurde geteilt und ging zur Hälfte an "Dear Future Children". Und auch das Publikum konnte die Produktion überzeugen. "Dear Future Children" räumte den mit 3000 Euro dotierten Publikumspreis ab.

Erfolg ist dem jungen, leidenschaftlichen Team zu verdanken

Es ist nicht das erste Mal, dass der Film ausgezeichnet wird. Dieser wurde bereits mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet und hat den Audience Award des "Hot Docs Documentary Festival" 2021 in Kanada gewonnen. Was den Film so erfolgreich gemacht hat, da ist sich Gerspacher relativ sicher: Der Filmdreh sei komplett unabhängig von Sendern gewesen und wurde zunächst mit Eigenkapital, später dann über Crowdfunding finanziert, zählt Gerspacher auf. Hinter dem Film stehe außerdem "ein junges, leidenschaftliches Team, das bereit ist, Risiken einzugehen". "Um so schöner ist es, dass das jetzt so geschätzt wird", freut sich Gerspacher über die überaus positive Resonanz, die der Film erfahren hat – auch wenn es zu Beginn teils heftigen Gegenwind gegeben hat.

Leidenschaft entdeckt Gerspacher schon in der Schulzeit

Die Leidenschaft für die Filmproduktion hat Gerspacher bereits in der Schulzeit für sich entdeckt. Der aus Todtnau stammende Filmemacher hat im Deutschunterricht einen Film über Homo Faber gedreht, anstatt wie vorgegeben ein Referat zu halten. "Im Nachhinein war das vom Aufwand her natürlich blöd", gesteht er sich ein und lacht, doch da hätte ihn die Leidenschaft für das Filmemachen gepackt. Später habe er noch weitere Kurzfilme gedreht. "Mach erst mal etwas Vernünftiges", habe es nach dem Abitur von seinen Eltern geheißen. Gerspacher entschied sich für ein duales Studium im Studiengang BWL-Finanzdienstleistungen bei der Sparkasse. Er habe zu diesem Zeitpunkt ohnehin nicht gewusst, wie er in die Filmbranche einsteigen könnte. 2015 gründete er dann seine Produktionsfirma Übergrafisch mit Sitz in Schwenningen und ist seit 2016 als Selbstständiger in der Filmbranche tätig. Sein damaliges Hobby hat er heute zu seinem Beruf gemacht.

Drei weitere Dokumentarfilme sind derzeit in Arbeit

Dokumentationsfilme seien das Steckenpferd von Übergrafisch, "wir machen aber auch Imagefilme und auch der ein oder andere Spielfilm ist in der Entwicklung", verrät der Geschäftsführer. Langweilig wird es dem Filmemacher jedenfalls nicht. Aktuell steckt die Firma in der Arbeit von drei Projekten. Die Dokumentation "Black Water Green Gold" beschäftigt sich mit Gier, Missmanagement und einer aggressiven Landwirtschaft, die den Patzcuaro-See in Mexiko zerstört. "Pure Ice" spielt in Norwegen und handelt im Grunde von demselben Thema, erklärt Gerspacher: "Es geht in beiden Filmen um die Zerstörung der Natur und die indigene Kultur durch wirtschaftliche Interessen." "An diesem einen Tag" handelt von vier globalen Ereignissen im 20. und frühen 21. Jahrhundert, die jedem in Erinnerung geblieben sind. Der Dokumentarfilm thematisiert Tschernobyl, den Mauerfall, 9/11 sowie die Corona-Krise.

"Dear Future Children" läuft am 23. September im Capitol

Für "Dear Future Children" organisiert Gerspacher nach der Kinotour im vergangenen Jahr aktuell noch regelmäßig Vorführungen. "Unser Anliegen ist es, dass wir den drei Protagonisten eine Plattform bieten und ihre Geschichte publik machen." Am 23. September wird der Film im Capitol in Schwenningen zu sehen sein. Eine Uhrzeit wird noch bekannt gegeben.