Rund ein Jahr lang sind hinter verschlossenen Türen intensive Gespräche geführt worden. Am Dienstag nun die Pressekonferenz im Bad Herrenalber Rathaus: Ein Investor will rund 200 Wohneinheiten, ein Hotel und einen Nahversorgungsmarkt auf der Schweizer Wiese bauen.
Bad Herrenalb - Ob "60 Millionen, 70 Millionen oder 80 Millionen Euro" investiert werden, konnte Bernhard Scholtes, Sprecher des Vorstands der DFH Deutsche Fertighaus Holding AG und Geschäftsführer der Divaco Immobilien Gruppe, zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht genau sagen. Jedenfalls handle es sich um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.
Aufmerksam auf die Siebentälerstadt mit seinen mehr als 8100 Einwohnern ist Scholtes durch Tourismus-Experte Christian Buer, der an der Hochschule Heilbronn lehrt, geworden. Im Gespräch mit unserer Redaktion bezeichnete Scholtes Bad Herrenalb als nettes Städtchen mit ein bisschen Hauch älterer Jahre – mit dem Vorhaben gebe es jetzt frischen Wind.
Der Sprecher des Vorstands der DFH Deutsche Fertighaus Holding AG und Geschäftsführer der Divaco Immobilien Gruppe meinte, man sei der richtige Partner für die Kommune. Er sprach bei der Quartierentwicklung von einem spannenden Projekt.
Parallel zur Thermen-Sanierung
In mehreren Gesprächen sei klar geworden, dass die andere Seite so "denkt wie wir". Die Schaffung neuen Wohnraums, Hotel und Parkraum – das müsse parallel zur vom Gemeinderat beschlossenen Sanierung und Umgestaltung der Therme erfolgen.
Etwa 200 Wohneinheiten bedeuteten: Hier handle es sich um ein kleines Dorf. Und irgendwann gebe es 500 neue Einwohner mehr. Das bringe auch Kaufkraft mit sich. Deshalb soll ein Verbrauchermarkt realisiert werden. Auf die Zeitschiene angesprochen, meinte Scholtes, es handle sich um ein ambitioniertes Projekt. Vorhabenbezogener Bebauungsplan, Beschlussfassungen, die Beteiligung Träger öffentlicher Belange: Scholtes geht davon aus, 2023 mit den Maßnahmen starten zu können. Mit welchen Abschnitten begonnen werde, könne derzeit noch nicht gesagt werden. Einzelheiten würden sich in den nächsten Monaten entwickeln. Momentan handle es sich um eine Grundkonzeption. Gebaut werde wohl bis 2025.
Das Hotel (Internationale Hotelkette) mit circa 120 Betten soll zwischen Celenus-Klinik und Siebentäler Therme gebaut werden. Ob ein direkten Zugang zur Therme möglich ist, wird geprüft. Laut Bürgermeister Klaus Hoffmann ist der Wunsch von Hotelbetreibern immer gewesen, eng an der Freizeiteinrichtung zu sein.
Junge Familien bis Senioren – alle Bevölkerungsgruppen sollen bei den Wohnungen (verschiedene Komplexe, abhängig vom Bebauungsplan) angesprochen werden. Wie Scholtes betonte, werde hochwertig und nachhaltig gebaut. Und die Gebäude müssten selbstverständlich in die Gegend passen.
Die Immobilien würden im Übrigen nicht verkauft, sondern sollen im Bestand erhalten bleiben.
Parkhaus auch ein Thema
Das Projekt zur urbanen Entwicklung der Schweizer Wiese teilt sich laut Stadt so auf: Revitalisierung der Therme, wo momentan die Vorbereitung des Wettbewerbsverfahrens sowie die Ausarbeitung des ersten Förderantrags laufen würden, und das Areal an sich. Bereits der frühere Schultes Robert Traub habe sich mit der Schweizer Wiese beschäftigt. Beim Bürgerentscheid im Dezember 2013 hätten sich mehr als 60 Prozent der Wahlberechtigten für die Weiterentwicklung ausgesprochen. Deshalb habe die Stadtverwaltung das Projekt der urbanen Entwicklung aufgegriffen. Die ersten Überlegungen seien dem Gemeinderat im Februar vorgestellt worden. Ideen und Anregungen aus dem Gremium habe man aufgearbeitet und bei den weiteren Überlegungen und Planungen berücksichtigt.
Beim aktuellen Planungsstand mit Hotel, Nahversorgung mit angrenzender Bäckerei/Café und Wohnen wird auch ein Parkhaus aufgeführt. Hier sei der letztendliche Standort und die Betreiberfrage aber abschließend noch nicht geklärt. Jedenfalls bestehe für Hotel, Therme und Klinik sowie sonstigen Besuchern der Stadt Bedarf hierfür. Bei früheren Überlegungen, so das Stadtoberhaupt, sei mal von 160 bis 200 Stellplätzen die Rede gewesen.
Erste Gespräche mit dem Regionalverband Nordschwarzwald zur Ansiedlung eines Nahversorgungsmarktes seien bereite geführt worden, informiert die Stadt des Weiteren. Nach ersten Einschätzungen stehe der Umsetzung an der Bahnhofstraße nichts im Wege – zur Aufwertung der Gesamtstadt werde vielmehr dieser eher stadtmittig gelegene Standort vorgeschlagen.
Die Verlegung der Tennisplätze sei von der Verwaltung geprüft und die ersten Gespräche mit dem Vorstandsvorsitzenden des Tennisclubs bereits geführt worden. Dieser sehe die Veränderung als Chance für die Weiterentwicklung des Tennisclubs. Als Möglichkeit soll dabei die Schaffung verschiedener Angebote für Sport- und Freizeitaktivitäten an einem noch zu bestimmenden Standort durch den Bau einer Mehrzweck- und Tennishalle geprüft werden, die auch weitere Vereine nutzen können. Die Vereinsvertreter würden zeitnah kontaktiert "und um die Mitteilung des Bedarfs gebeten, um deren Ideen und Anregungen bei der Umsetzung des Projekts berücksichtigen zu können".
Stadt soll attraktiver werden
Aus Sicht der Verwaltung sei es besonders wichtig, die Stadt für Bewohner, die künftigen Bürger sowie für die Gäste attraktiver zu gestalten. Dazu gehörten die Beibehaltung sowie der Ausbau der Sport-, Kultur- und Freizeitangebote.
Es gebe noch keine Festlegung zur Bebauung, vielmehr soll ein Bebauungsplan mit allen dazugehörigen Grundlagen in enger Abstimmung zwischen Investor und städtischen Gremien unter Einbeziehung der Öffentlichkeit erstellt werden.
Auch erinnert die Stadtverwaltung daran: Vom Regionalverband Nordschwarzwald werde weiteres Bevölkerungswachstum prognostiziert. Die Nachfrage nach Wohnraum in Bad Herrenalb sei bereits heute sehr hoch. Durch die Umsetzung des Projekts entstünden weitere Wohnungen, sodass dem erwarteten Bevölkerungswachstum Rechnung getragen werde. Der Investor handle für eine Pensionskasse, sei daher nicht an einer Veräußerung der Wohnungen interessiert, sondern wolle diese in Bestand behalten und zur Miete anbieten.
Die Versorgung der neuen Einwohner werde durch den Bau eines Nahversorgers deutlich verbessert. Dieser habe ein Nachhaltigkeitskonzept entwickelt und in den bisherigen Gesprächen mit der Stadtverwaltung signalisiert, einen nachhaltigen Bau im Holzbaustil zu errichten sowie seine Parkplätze bei Bedarf der Stadt zur Verfügung zu stellen. Eine Bäckerei/Café würde der Schweizer Wiese grundsätzlich neue Aufenthaltsqualität schenken.
Nebenbei: Der Rathauschef erinnerte beim Pressegespräch auch daran, dass die Weiterentwicklung des Klosterareals, Sportplätze/Sporthallen und die alte Turnhalle auf der Agenda stehen. Bei mehr Einwohnern müsse man sich auch weitere Gedanken zur Stadtentwicklung machen.
Kaufvertrag ausarbeiten
Bei der nächsten Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 22. September, soll die Stadtverwaltung mit der Ausarbeitung eines Kaufvertrages mit dem Investor beauftragt werden. Genauso mit der Aufstellung eines Bebauungsplanes für die Schweizer Wiese. Zudem soll das Gremium zustimmen, dass ein Planungsbüro sich mit einem Konzept für die Verlagerung der Tennisplätze beschäftigt.
Info: Unmittelbare Auswirkung
Der Verkauf der Flächen auf der Schweizer Wiese – 15 000 bis 20 000 Quadratmeter – wirkt sich, so die Information der Bad Herrenalber Stadtverwaltung unmittelbar auf die aktuelle Haushaltssituation aus.
Die zu erwartenden zusätzlichen Einnahmequellen würden sich auch positiv bei der Gestaltung zukünftiger Haushalte bemerkbar machen.
Einmalige Einnahmen: Verkaufspreis: circa 5,8 Millionen bis 7,7 Millionen Euro.
Einmalige Kosten (derzeit noch nicht bezifferbar):Erschließungskosten, Bebauungsplanverfahren, Umsiedlung Tennisplatz, weitere Attraktivierung der Schweizer Wiese.
Folgeerträge (basierend auf Erfahrungswerten): rund 500 000 Euro im Jahr (Grund-, Gewerbesteuer, Kurtaxe, Zuweisungen etc.).