Am Dienstagabend wurde zur Bürgerversammlung ins Kurhaus eingeladen. Foto: Kugel

Rund 250 Bad Herrenalber informierten sich bei der Bürgerversammlung am Dienstag über die Weiterentwicklung der Schweizer Wiese. Wie’s letztendlich weitergeht? Darüber soll in ein paar Wochen der Gemeinderat entscheiden. Stadtoberhaupt Klaus Hoffmann meinte während der rund dreieinhalbstündigen Veranstaltung, dass er und der Investor sich eine Bürgerbeteiligung vorstellen könnten.

Bad Herrenalb - Gegen halb elf Uhr war die Veranstaltung vorbei. Wenigstens der offizielle Teil. In der Wandelhalle gab’s die Schlussworte von Bürgermeister Klaus Hoffmann zu hören. Kurz danach zog er auf Anfrage unserer Redaktion folgendes Fazit: Die Teilnehmer hätten sich intensiv eingebracht. Es gebe eine große Bandbreite – von "nicht bauen" bis zu Alternativen. Es sei anders gelaufen als eingeschätzt. Grundsätzlich sei zu überlegen, wie man künftig verfahre. Ja oder Nein? – der Gemeinderat sei bei der Schweizer Wiese gefordert, die nächsten Schritte zu definieren.

 

Die Vorschläge und Anregungen aus der Bürgerversammlung sollen zügig aufgearbeitet werden. Es werde überlegt, wie die Bevölkerung bis zur Abstimmung im Gemeinderat über die Zusammenfassung informiert werden könne. Ob zum Beispiel auch Fotoprotokolle ins Internet gestellt werden.

Lage falsch eingeschätzt

Zu Beginn meinte Moderator Daniel Wensauer-Sieber, dass etwa zwei Stunden vorgesehen seien. Daraus wurde aber nichts. An den vier Arbeitstischen (Stadtplanungsprozess; konkrete Anregungen und Fragen zum Projekt; Bürgerbeteiligung; Finanzen) konnten sich die Teilnehmer erst ab etwa 21.30 Uhr einbringen. Zuvor war bei der Bürgerfragerunde Geduld gefragt. Statt Fragen gab es teils Statements.

Bei der Einführung sagte der Rathauschef, dass man sich der Bedeutung der Schweizer Wiese wohl bewusst sei. Der Gemeinderat habe Hausaufgaben mitgegeben, die er auch als 100-Punkte-Katalog bezeichne. Und der gewünschte Investor sei gefunden. Die geplante Fläche, die bebaut werden solle, entspreche ungefähr 20 Prozent. Von 14 Fußballfeldern stünden also möglicherweise drei zum Verkauf. Vielleicht sei es zu schnell gewesen, am 22. September einen Grundsatzbeschluss im Gemeinderat herbeiführen zu wollen. Er habe aber gedacht, so Hoffmann, dass alles im Gemeinderat soweit geklärt sei. Doch er habe die Lage falsch eingeschätzt.

Man befinde sich am Anfang des Weges. Früher habe man nicht ins Thema einsteigen können. Er und Bernhard Scholtes, Sprecher des Vorstands der DFH Deutsche Fertighaus Holding AG und Geschäftsführer der Divaco Immobilien Gruppe, könnten sich eine Bürgerbeteiligung vorstellen. So wäre beispielsweise ein Bürgerbeirat eine Möglichkeit. Im Laufe des Abends sprach das Stadtoberhaupt mehrmals davon, die Bürger intensiv einbinden zu wollen. Mehr als einen Bürgerbeirat zu installieren könne man freilich nicht anbieten.

Stadtplaner Michael Schöffler bezeichnete die Schweizer Wiese als sehr idyllisch. Als er meinte, die Celenus-Klinik passe gut zur Kulisse, ging ein Raunen durchs Publikum. Er sprach von der "rein planerischen Sicht". In der Vergangenheit habe es grobe Ansätze mit Skizzen und Zonen gegeben.

Scholtes sagte als Vertreter der Divaco Immobilien Gruppe, man wolle das Gebaute im Bestand erhalten. Er werbe dafür, das Projekt realisieren zu können.

Stadtbaumeister Reimund Schwarz informierte unter anderem über den Verfahrensablauf in der Bauleitplanung und Beteiligungsmöglichkeiten.

Nur einmal

Fragen wurde danach jede Menge gestellt. Wobei meist der Abstand zum Mikrofon zu groß war und es deshalb für viele Teilnehmer der Bürgerversammlung problematisch war, akustisch alles zu verstehen.

Großen Applaus gab es, als ein Bürger fragte, ob alle Schulden weg seien, wenn das Filetstück verkauft werde. Die Schweizer Wiese gebe es nämlich nur einmal.

Bürgermeister Hoffmann sagte, am Stadtentwicklungskonzept werde noch gearbeitet. Er würde auch gerne schon eine fertige Strategie vorliegen haben. Ergebe sich eine Chance, müsse man abwägen, ob es passen könnte. Wohnraum spiele auch bei den Gemeinderatsfraktionen eine Rolle. Es gebe im Übrigen Stadträte, die das erzielte Geld für weitere Dinge, die Einnahmen brächten, verwenden wollten und nicht für den klassischen Schuldenabbau.

Ob man noch an der Alb spazieren gehen könne? Hier erwähnte Hoffmann, dass beim Bebauungsplanverfahren alle Belange ermittelt würden. Und es jetzt viel zu früh sei, um konkrete Aussagen treffen zu können.

Scholtes meinte, es könne nichts vorgestellt werden, weil es nichts gebe. Absichten, Ideen und Skizzen – und als Wolken dargestellte Flächen, wo man was ansiedeln könnte. Beim Entwickeln eines Bebauungsplans liege die Hoheit bei der Verwaltung und der Investor müsse sich beugen. Wenn es ein Hotel gebe, dann handle es sich übrigens um kein Moxy-Hotel. Beim Blick auf die Zeitschiene befinde man sich noch ganz am Anfang. Werde es konkreter, entstünden Kosten. Würde der Prozess Jahre dauern, werde wahrscheinlich gegen die Siebentälerstadt entschieden. Offen gesagt, sei Bad Herrenalb nicht der Nabel der Welt, so Scholtes. Auch andere Kommunen wollten sich entwickeln. Bei den Projekten der Divaco Immobilien Gruppe handle es sich mitnichten um Luftschlösser.

Rathauschef Hoffmann bemerkte, dass das Geld durch den Verkauf der Fläche auf der Schweizer Wiese keinesfalls sofort an die Stadtwerke Bad Herrenalb GmbH für die Siebentäler Therme weitergeleitet werden. Faktisch funktioniere das gar nicht.

Mit Blick auf den Bürgerentscheid 2013 spielten frühere Beschlüsse überhaupt keine Rolle. Der einzige Beschluss des Gemeinderats laute, die Bebauung der Schweizer Wiese zu ermöglichen.

Eigene Untersuchungen

Im weiteren Verlauf der Bürgerfragerunde wurde darüber informiert, dass das Hochwasser als allererstes ein Thema gewesen sei. Es sei zudem immer klar gewesen, nicht zu nahe an die Heil- und Thermequellen zu gehen.

Nebenbei: Nahversorgermarkt und Hotelbetreiber bekundeten Interesse, weil diese ihre eigenen Marktuntersuchungen gemacht hätten.

Immer wieder wurde darauf hingewiesen, dass man erst am Anfang des Prozesses stehe und deshalb keine genauen Aussagen machen könne. Scholtes erklärte, dass die Zahl von rund 200 Wohneinheiten nicht in Stein gemeißelt sei. Vielleicht seien es auch nur 150, er wisse es noch nicht. Parkplätze sind jedenfalls unterirdisch (Tiefgaragen) vorgesehen. Eine Parkhaus-Lösung ist des Weiteren angedacht – aber hier sei auch noch alles offen.

Bei den Kosten des Bebauungsplanverfahrens werde sich der Investor beteiligen, betonte Hoffmann. Bei den Erschließungsbeiträgen gehe man davon aus, dass für die Stadt keine Kosten anfallen. Die Höhe der Gebäude orientiere sich an der Celenus-Klinik.

Bei den Gewerken würden einheimische Firmen berücksichtigt, so Scholtes. Und bei der Realisierung des Projekts würden Arbeitsplätze entstehen. Er stellte klar, dass es sich beim Verkaufspreis keinesfalls um ein Schnäppchen handle.

Das Hotel würde für den Betreiber gebaut, sagte Scholtes. Es gebe einen Mietvertrag. Auf das Klientel habe er keinen Einfluss. Bei den Wohnungen Teile zu verkaufen sowie zu vermieten funktioniere nicht – alles müsse aus einem Guss sein.

Das 3D-Modell, das auf der Homepage der Divaco Immobilien Gruppe unter der Rubrik Projekte bei Bad Herrenalb zu finden ist, sei vom freien Architekten Erik Schaufelberger. Laut Scholtes habe er dieses bei einer Gemeinderatssitzung gesehen.

Schaufelberger sprach von einer Idee – links der Therme das Hotel, rechts Wohnungen und in Sachen Mehrwert der Verbrauchermarkt. Sowie das Parkhaus hinter der Straße. Der Spielplatz bleibe.

Vier Arbeitstische

Nach der Fragerunde ging es an die vier Arbeitstische im Foyer und in der Wandelhalle. Wobei sich wegen der fortgeschrittenen Zeit bereits etliche Bad Herrenalber wieder auf den Nachhauseweg machten. Die Ergebnisse wurden an den jeweiligen Tischen präsentiert. Allerdings nicht mit Mikrofon, sodass es mitunter schwierig war, alles zu verstehen. Auf den Pinnwänden waren Beiträge zu lesen – sofern man freie Sicht hatte. Architekt Schaufelberger sprach beispielsweise bei der Verkehrserschließung von einer Engstelle, auf die aufmerksam gemacht worden sei. Stadtbaumeister Schwarz stellte fest, mit Befürwortern und Gegnern der Bebauung diskutiert zu haben. Stadtplaner Schöffler erwähnte die Anregung, den Zugang zur Alb und deren Attraktivität zu berücksichtigen. Auch wurde die Bebauung an der Ettlinger Straße erwähnt. Festgestellt wurde zudem aus dem Kreis der Zuhörer, dass ein großer Teil keinen Verkauf wolle. Stadtkämmerer Albert Wilhelm legte noch mal Wert darauf, festzustellen, dass der Verkaufserlös nicht für die Therme genutzt werde. Bei Hauptamtsleiter Tobias Kull waren Bürgerforum, Bürgerbeirat und regelmäßige Infos ein Thema. Auch die grundsätzliche Frage, ob eine Bebauung erfolgen solle oder nicht.

Das Stadtoberhaupt sagte abschließend, dass alle Anregungen zusammengetragen werden. Und der Gemeinderat dann beraten müsse. Er erwähnte die Transparenz. Es gebe unterschiedliche Auffassungen, was eine frühzeitige Information sei. Im Übrigen sei es falsch zu behaupten, dass es kein Zurück mehr gebe. Der Gemeinderat müsse abwägen. Er, so Hoffmann, habe als Vorsitzender des Gremiums auch nur eine Stimme.

Kommentar: Missglückt

Gut gemeint, schlecht gemacht. Die Bürgerversammlung am Dienstagabend im Bad Herrenalber Kurhaus zur Weiterentwicklung der Schweizer Wiese lief nicht wie vorgesehen ab. So traten bereits während und nach der Bürgerfragerunde etliche Teilnehmer wieder den Nachhauseweg an. Dass die Versammlung nicht wie im Vorfeld angekündigt voraussichtlich nach zwei Stunden fertig ist, war abzusehen. Was bei einem konstruktiven Austausch auch überhaupt nicht stört. Doch hätte der externe Moderator viel stringenter sein müssen. Vor allem, wenn man an einem Punkt angelangt ist, an dem man sich im Kreis dreht. Mit Blick auf die vier Arbeitstische war in der Mitteilung der Stadtverwaltung zu lesen: "Die Ergebnisse dieser Diskussionen werden dann als letzter Programmpunkt in großer Runde präsentiert." Was vergessen wurde zu erwähnen: nicht im Kursaal. Und nicht mit Mikrofon. So mussten sich die Teilnehmer jeweils im Foyer und in der Wandelhalle ihre Informationen holen. Was, abgesehen von den Platzverhältnissen, akustisch alles andere als einfach war. Wenn jetzt die Vorschläge und Anregungen im Rathaus zusammengefasst sind, muss die Stadtverwaltung unbedingt alle Bad Herrenalber darüber in Kenntnis setzen. Und zwar rechtzeitig vor der Abstimmung im Gemeinderat!