Lassen sich mit einem Mahnmal tödliche Motorradunfälle verhindern? Tobias Gaiser aus Obertal will es zumindest versuchen. "Schweigekilometer" heißt sein Projekt für die Schwarzwaldhochstraße.
Kreis Freudenstadt - Der 22-Jährige hatte im Rahmen seiner Bachelorarbeit des Studiengangs Mediendesign an der Dualen Hochschule DHBW Ravensburg die Idee dazu. Aus der Idee ist mittlerweile ein großes Projekt entstanden, für das er viele Unterstützer gefunden hat. Ob der "Schweigekilometer" umgesetzt wird, hängt allerdings noch von vielen Faktoren und Zustimmungen ab.
Helbingfelsen im Fokus
"Die Schwarzwaldhochstraße gilt als eine der unfallreichsten Motorradstrecken des Landes. Aktuelle Verkehrssicherheitsmaßnahmen erzielen nicht die erdachte Wirkung", sagt Gaiser. Vor allem im Bereich des Helbingfelsens sei es in den vergangenen Jahren vermehrt zu schwerwiegenden Unfällen gekommen, nicht selten mit tödlichem Ausgang. Er habe sich die Frage gestellt, wie ganz ohne den Einsatz von Fahrverboten, Rüttelstreifen, Blitzern oder "aufrüttelnden" Plakaten die Fahrer sensibilisiert werden könnten. Wie kann langfristig die Zahl an Unfallopfern gesenkt werden? Die Idee des "Schweigekilometers" entstand, um so auch all jener zu gedenken, die die Fahrt auf der Schwarzwaldhochstraße mit ihrem Leben bezahlt haben. "Das aber nicht mit einer Schweigeminute, sondern eben mit einem Schweigekilometer, der aufrütteln soll", so der Ideengeber.
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Viele Reaktionen auf Video
Auf einer 1000 Meter langen Gedenk-Strecke sollen die Verkehrsteilnehmer freiwillig ihre Geschwindigkeit drosseln, um so das Risiko eines folgenschweren Verkehrsunfalls zu senken. "Zugleich soll an jene Fahrerinnen und Fahrer gedacht werden, die auf der Strecke ihr Leben lassen mussten", sagt Gaiser. Damit soll auch den Angehörigen ein Ort der Begegnung geboten werden, um zu trauern und Menschen zu treffen, die denselben Verlust durchleben mussten. Mit einem Video, das den "Schweigekilometer" visualisiert, zeigt Gaiser die Möglichkeiten auf, wie dieser in Zukunft einmal gestaltet werden könnte.
"Nachdem wir das Video in den sozialen Medien veröffentlicht hatten, wurde es binnen weniger Tage mehr als 60 000 Mal angeschaut und von einigen der reichweitenstärksten deutschen Motorrad-Influencer geteilt", sagt er. Die Reaktionen seien, vor allem bei jüngeren Motorradfahrern, fast ausnahmslos positiv gewesen. Vereinzelt seien auch kritische Kommentare eingegangen. "Dabei ist wichtig, dass jede konstruktive Kritik, jede Anregung oder Vorschlag zur Umsetzung des Projekts herzlich willkommen ist. Nur dadurch können wir die Akzeptanz steigern und das meiste aus der Idee des Schweigekilometers rausholen", so Tobias Gaiser.
Kooperation mit Polizei
In rund sechs Monaten sind die Projektidee gereift und die Kontakte zur Verkehrspolizei in Baden-Baden ausgebaut worden. Denn der Parkplatz Helbingfelsen, wo der "Schweigekilometer" entstehen soll, liegt auf der badischen Seite. Wichtig sei es ihm, dass das Projekt nicht mit der Abgabe der Bachelorarbeit ende, sondern durch die Umsetzung ein Wert für die Gesellschaft geschaffen werde. "Ob das gelungen ist, müssen später andere beurteilen."
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Wenn man in der Umgebung der B 500 aufwachse, werde man unweigerlich von klein auf mit dem Thema konfrontiert – mit dem Reiz, der das Motorradfahren umgebe, aber leider auch mit den tragischen Konsequenzen, die daraus entstehen könnten. Tobias Gaiser selber fährt nicht Motorrad. Für seine Arbeit habe er sich deshalb mit vielen Menschen unterhalten, um ein möglichst differenziertes Meinungsbild zu erhalten. Es freue ihn sehr, dass sich im Verlauf des Projekts immer mehr hilfsbereite Menschen angeboten hätten, die ihn mit ihrer Zeit und ihrem Wissen unterstützen wollten.
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Die "Rennkommissare"
Neben vielen Motorradfahrern, die kräftig Werbung für das Projekt gemacht haben, habe der "Schweigekilometer" jetzt vor allem mit der Rennleitung#110 eine organisatorische Heimat gefunden. Die Rennleitung#110 ist ein privates Präventionsprojekt sportlich-motorradfahrender Polizisten sowie ihrer Freunde und Helfer. Die "Rennkommissare" widmen sich der Unfallverhütung beim Motorradfahren und der Verständigung zwischen Bikern und Behörden.
Auch der SWR berichtete in einem Instagram-Beitrag über das Projekt:
Tobias Gaiser würde es freuen, wenn der "Schweigekilometer" zumindest manchem Fahrer die Augen öffne und ihn oder sie dazu bewege, nicht nur die Schwarzwaldhochstraße, sondern auch andere Strecken in dem Bewusstsein zu fahren, dass es zu Hause jemand gibt, der auf sie wartet. "Ich denke, wenn damit nur einem Menschen das Leben gerettet werden kann, hätten wir unser Ziel erreicht", sagt er.