Sushi ungekühlt? Da vergeht den Lebensmittelkontrolleuren der Appetit. Foto: dpa

Heidrun Schneider zuständig für Lebensmittelüberwachung. Bisher keine Lasagne mit Pferdefleisch im Kreis.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Lasagne mit Pferdefleisch statt Rindfleisch ist bisher noch nicht im Kreis gefunden worden. Vor Jahren schockte die Polizei mit Berichten von Kontrollen bei Lebensmittelbetrieben und Gastronomie. Inzwischen hört man nur noch selten etwas über Mäuse in Konditoreien und Ungeziefer in Großküchen. Das Schockierenste, das Heidrun Schneider erlebt hat, war, "dass mir jemand erzählt hat: Sushi muss man nicht kühlen". Abgesehen von den Enten, die jemand im Keller unter einem Lebensmittelbetrieb hielt.

Die stellvertretende Leiterin des Amtes für Lebensmittelüberwachung und Veterinärwesen beim Landratsamt arbeitet schon seit 1995 beim Landratsamt als "tierärztliche Sachverständige", nachdem sie zuvor in gleicher Funktion bei der Stadt Villingen-Schwenningen gewesen war. "Das war die erste Verwaltungsreform", erzählt die Tierärztin.

Im Jahr 2005 wurde der Wirtschaftskontrolldienst Aufgabe des Landratsamtes. Ausgebildete Polizisten wechselten zu der Behörde und halfen bei der Ausbildung von Lebensmittelkontrolleuren. Momentan arbeiten drei von ihnen beim Veterinäramt, obwohl, so die stellvertetende Amtsleiterin, ein Bedarf von "sechs bis sieben" bestehe. Doch nach der Ausbildung wechselten einige zu anderen Landkreisen. "Heute sind unsere Lebensmittelkontrolleure von Beruf ursprünglich Konditoren, Bäcker oder Metzger", erzählt Heidrun Schneider. Der Verbraucher habe zwar nach wie vor einen Anspruch darauf, zu erfahren, wenn Betriebe beanstandet werden, aber die Rechtslage habe sich inzwischen geändert.

Es muss nachgewiesen werden, dass das Ungeziefer die Lebensmittel tatsächlich beeinträchtigt. Und das kann dauern, denn dafür sind laut einem neueren Gerichtsurteil Gutachten erforderlich. Auf einer Internet-Seite des Landratsamtes werden nachgewiesene Hygiene-Mängel, die die Qualität der Ware verändern, veröffentlicht.

Küchenschaben in der Bäckerei

So könne zum Beispiel eine Bäckerei in Villingen-Schwenningen, die gegen Ende des Jahres 2012 geschlossen wurde, weil im Betrieb Küchenschaben gefunden wurden, wieder eröffnen, nachdem die Hygiene-Mängel beseitigt worden seien. "Das Gericht sagt zum Beispiel, wenn Mäuse im Mehl gefunden werden, dass das Mehl dann untersucht werden muss, ob es gesundheitschädigende Keime enthält. Oftmals erlebt der Verbraucher, dass Geschäfte oder Gastronomiebetriebe geschlossen werden, weiß aber nicht, warum. Hintergrund können unter anderem solche Hygienemängel sein.

Im Jahr 2012 wurden bei 760 Kontrollen der Dienstleistungsbetriebe im Kreis 152 Hygienemängel festgestellt. 7000 Euro Bußgeld wurden insgesamt verhängt. Die Spanne reicht dabei von 25 bis 350 Euro.

Zwangsgelder können bei 1000 Euro liegen "Wir untersuchen ungefähr 1000 Proben im Jahr", berichtet die stellvertretende Amtsleiterin. Ungefähr 20 Prozent sind "Verdachtsproben". Diese erheben wir, wenn wir den Verdacht haben, dass Verbraucher erkrankt sind", erklärt sie. Untersucht werden die Proben auch auf Viren. Sie berichtet ein Beispiel aus einem anderen Bundesland, als Kinder an Norovirus-Infektionen erkrankten, die durch tiefgekühlte Erdbeeren aus China verursacht wurden.

Weitaus weniger häufig als vermutet sind Salmonelleninfektionen. Manchmal ist es schwierig, nachzuweisen, ob der Verbraucher tatsächlich erkrankt ist, weil es sich beispielsweise "vor vier Wochen ein Putenschnitzel gekauft hat". Denn von diesem Putenschnitzel ist meist nichts mehr vorhanden.

Die Frage, wie viele Personen erkrankt sind, und ob, beispielsweise in Altenheimen und Krankenhäusern, auch Küchenpersonal betroffen ist. Wenn Mitarbeiter erkranken oder bei Infektionen in Altenheim ist die Sensibilität besonders erhöht. Wenn sich der Verdacht auf "fahrlässige Körperverletzung" erhärtet, "ist das ein Fall für den Staatsanwalt", berichtet Heidrun Schneider.

Über einen Vorfall im Schwarzwald-Baar-Kreis aus dem Jahr 2012 hat der Staatsanwalt noch nicht entschieden: Es geht dabei um verdorbenen Thunfisch. Wenn die Konserve nicht ausreichend gekühlt ist, entstehen Toxine, die dazu führen, dass es denjenigen schlecht wird, die den Thunfisch essen. Bei zwei Personen, die ein italienisches Lokal besucht hatten, traten die Symptone im vergangenen Jahr auf.

Schon drei Jahre zurück liegt ein Ereignis, bei dem ebenfalls verdorbener Thunfisch der Auslöser war: Die Betroffenen hatten den Thunfisch an einem Kebabstand verzehrt. Das Verfahren wurde eingestellt, weil der Nachweis nicht erbracht werden konnte, dass tatsächlich Thunfisch der Auslöser war. Ähnliche Reaktionen löst älterer Hartkäse aus, weiß Heidrun Schneider. "Alle denken an Salmonellenvergiftungen, aber was sich in diesem Bereich bei uns ereignet, ist nicht so spekulativ", sagt die Expertin.Legehennenhaltungen ab 350 Hühnern, und das sind ungefähr ein Dutzend im Kreis, werden regelmäßig untersucht und anhand von Proben überprüft. "In den letzten Jahren gab es keine Salmonellenfälle bei uns im Kreis".

Zu den Aufgaben des Amtes gehört die Überprüfung von Lebensmittelmärkten, beispielsweise, ob die Preiskennzeichnung stimmt und ob die Kühltemperatur eingehalten wird.

Die großen Logistiker dokumentierten die Temperatur bereits in ihren Fahrzeugen. Bei den drei Discountern, die im Schwarzwald-Baar-Kreis Logistikzentren unterhalten, ist in den vergangenen Jahren nie etwas zu beanstanden gewesen. Pauschal gesagt, müssen Betriebe alle zwei bis drei Jahre mit einer selbstverständlich unangemeldeten Kontrolle rechnen. "Es gibt aber auch Unternehmen, die wir halbjährlich kontrollieren", sagt Heidrun Schneider. Meist ist ein Kontrolleur alleine unterwegs. Wenn die Kontrolle abgelehnt wird, droht Bußgeld. Aber nur selten werden nach Erfahrung von Heidrun Schneider Inhaber handgreiflich.

Drei Tage später passiert ein Mord

Einmal passierte etwas Seltsames: Ein Lebensmittelkontrolleur war in Schwenningen, um ein Unternehmen zu überprüfen. Es geschah zwar nichts, aber der Mitarbeiter des Landratsamtes spürte eine "seltsame Atmosphäre" und war froh, wie er den Betrieb wieder verlassen hatte. "Drei Tage später hörten wir, dass der Inhaber dort seinen Schwiegervater umgebracht hatte", erzählt Heidrun Schneider.

Der Schutz der Kontrolleure ist oberstes Gebot. So müssen Gaststätten Gaswarnanlagen haben. Alkoholische Getränke können gären und Ohnmacht auslösen.

Auf dem Schreibtisch von Heidrun Schneider steht ein Ordner "Neubau Klinikum". Von der Planung bis zum Ausbau des neuen Klinikums ist das Amt für Lebensmittelüberwachung involviert. "Unsere Aufgabe ist das Bearbeiten von Baugesuchen", erzählt die stellvertretende Amtsleiterin. Zum Beispiel wird überprüft, ob eine Küche so geplant und gebaut ist, dass die den Vorschriften genügt. "So etwas wie den Flughafen Berlin hatten wir hier noch nicht", berichtet Heidrun Schneider.

Dass auch in Baden-Württemberg Lasagne mit Pferdefleisch statt, wie gekennzeichnet, Rindfleisch auftaucht, hält sie für möglich. "Bisher sind wir aber nicht aufgefordert worden, Proben zu nehmen". Es handele sich bei der Lasagne um Eigen- oder Billigmarken von Lebensmitteldiscountern. Die beanstandete Lasagne trug eine Kenzeichnung aus Luxemburg. "Dabei geht es um Betrug", erklärt Schneider: "Pferdefleisch ist schon essbar, zum Beispiel besteht rheinischer Sauerbraten daraus."

Weitere Informationen: www.verbraucherinfo.ua-bw.de/lmk.asp