Ermittlungschef Thomas Hechinger (links) und Oberstaatsanwalt Joachim Speiermann (Mitte) loben die Zusammenarbeit mit Italien. Von der dortigen Finanzpolizei war Giuseppe Campobasso aus Palermo zu Gast. Foto: Eich

International agierende Drogenbande hatte ihren Sitz im Schwarzwald-Baar-Kreis. Mit Video

Schwarzwald-Baar-Kreis/Rottweil - Sie führen vordergründig ein gutbürgerliches Leben und sind integriert – hinter den Kulissen spielt aber die mafiöse Gangart eine große Rolle: Polizei und Staatsanwaltschaft haben sich am Dienstag zu den Machenschaften eines Drogenhändlerrings geäußert. Im Fokus steht dabei das Kreisgebiet.

Schüsse auf eine Gaststätte, Brandanschläge, Drogen- und Waffenlieferungen aus Italien mit speziell präparierten Fahrzeugen – das alles klingt nicht nach der Idylle, die man mit der Region verbindet. Doch genau dieses Bild zeichneten die Ermittler der Kriminalpolizei, die Staatsanwaltschaft, das Landeskriminalamt und die italienische Finanzpolizei bei einer Pressekonferenz in Rottweil von den Machenschaften, die sich in den vergangenen Jahren im Schwarzwald-Baar-Kreis und im Landkreis Rottweil abgespielt haben sollen. Dabei geht es um bandenmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln in 20 Fällen.

Festgenommene hatten sich perfekte Fassade aufgebaut

Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Akteure, die italienische Staatsangehörige sind und beste Verbindungen zur Mafia in Palermo pflegen. Da wäre zum einen der Gastronom Placido A., 52 Jahre alt, der in Tuningen wohnhaft war und Restaurants in Villingen-Schwenningen sowie Rottweil geführt hatte beziehungsweise deren Besitzer war.

Ähnlich agiert haben soll sein Kompagnon aus Donaueschingen. Der 48-Jährige mit den Initialen N.M. stammt ursprünglich aus Sizilien und hat sich – ähnlich wie A. – eine perfekte Fassade aufgebaut. Er führte ein Bekleidungsgeschäft in Donaueschingen und mehrere Gaststätten im Landkreis Tuttlingen. Zudem generierte er auch Einnahmen mit der Vermarktung von Spielautomaten. N.M. geriet bereits vor vier Jahren aufgrund verschiedener Verdachtsmomente in das Visier der Ermittler, weitere Folgen hatte dies zunächst nicht. Doch das änderte sich in den vergangenen Monaten.

So soll er in einen Mordversuch Ende Mai in Hüfingen verwickelt sein – damals wurden Schüsse auf eine Gaststätte abgegeben. "Es handelte sich hierbei um klassische Einschüchterungsversuche", beschreibt Oberstaatsanwalt Joachim Speiermann die mafiöse Gangart in diesem Fall und betont: "Es wurde vor nichts zurück geschreckt."

Bürgerliches Leben macht Ermittlungen schwierig

Vordergründig spielte sich das Leben hingegen ganz anders ab. "In Deutschland und Italien wurden legale Einkommensquellen generiert – auf diesem Weg waren illegale Machenschaften möglich", erklärt Thomas Hechinger, Erster Kriminalhauptkommissar bei der Kriminalpolizeidirektion Rottweil. Involviert seien dabei auch Familienmitglieder, zum Teil als "enge Vertraute", wie Kriminaloberkommissar Thomas Flaig ausführt. Daneben gehören auch fünf weitere Personen zu den Beschuldigten, die größtenteils in Villingen-Schwenningen geboren wurden und für den lokalen Handel mit Drogen zuständig waren. Flaig: "Mehr als die Hälfte der mit der Mafia verbundenen Personen im Land führt ein ganz normales bürgerliches Leben."

Genau das sei es gewesen, was die Ermittlungen nicht gerade erleichterte. "Es ist enorm schwer, so eine Geschichte zu erahnen und zu beurteilen, ob diese Geschäfte nun legal sind oder es sich um Drogengeschäfte handelt", skizziert Hechinger eine Schwierigkeiten der akribischen Ermittlungsarbeit. Er stellt dabei ebenfalls fest: "Es handelt sich bei dem Aufgedeckten nur um die Spitze des Eisberges." Man habe sich schwerpunktmäßig auf einen Komplex konzentriert, "dabei sind viele Dinge nicht dabei, die im Hintergrund laufen."

Die Ermittlungen, die seit Oktober 2016 laufen und in die von Anfang an bereits die Ermittler in Italien involviert waren, gipfelten schließlich in einer groß angelegten Razzia am 21. Juni in Baden-Württemberg und Italien. Dabei wurden insgesamt 17 Personen festgenommen, und in Deutschland eine Vielzahl von Gegenständen beschlagnahmt: Pistolen mit dazugehöriger Munition, Messer, Fahrzeuge mit professionellem Schmugglerversteck, zehn Kilo Cannabis und eine geringe Menge Kokain. Unter anderem werfen Polizei und Staatsanwaltschaft den Beschuldigten den Handel mit 200 Kilogramm Cannabis, zwei Fälle von Brandstiftung und versuchten Mord vor. Allerdings rechnet Oberstaatsanwalt Speiermann erst in einem Jahr mit dem Prozessauftakt in diesem aufsehenserregenden Fall von internationalem Drogenhandel.