Über den Kamm scheren lässt sich die medizinische Notfallversorgung im Schwarzwald-Baar-Kreis offenbar nicht. (Symbolfoto) Foto: dpa

Im Notfall sind manche Zipfel des Landkreises laut neuer Studie unterversorgt.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Tiefrot gefärbt sind manche Teile des Schwarzwald-Baar-Kreises, wenn es um die Notfallversorgung geht. Laut einer umfangreichen SWR-Analyse ist auch mancher Zipfel der hiesigen Region unterversorgt.

Minuten können über Leben und Tod entscheiden. Und weil eben jede Minute zählt, wird ein hohes Augenmerk darauf gelegt, dass Rettungskräfte im Ernstfall schnell vor Ort sein müssen. Sind sie das im Schwarzwald-Baar-Kreis? Ein Landkreis hin oder her, über den Kamm scheren lässt sich die medizinische Notfallversorgung offenbar nicht. Die jetzt veröffentlichte Studie des SWR stellt klar: Während das Oberzentrum Villingen-Schwenningen vom Rettungsdienst fast schon exzellent bedient werden kann, ist Vöhrenbach beispielsweise deutlich unterversorgt. Das Nord-Süd-Gefälle ist immens: Wohingegen selbst das am südlichen Zipfel gelegene Blumberg als gut versorgt gilt, seien beispielsweise Vöhrenbach oder Gütenbach unterversorgt. Und das liegt offenbar nicht alleine an der Entfernung zur Klinik – auch die Entfernungen zur nächstgelegenen Rettungswache oder dem nächsten Notarztstandort sind ausschlaggebend.

Rettungswachen stehen in Villingen, Schwenningen, Bad Dürrheim, Donaueschingen, Blumberg, Furtwangen, Triberg, St. Georgen und Königsfeld zur Verfügung. Notarztstandorte im Schwarzwald-Baar-Kreis sind in Blumberg, Donaueschingen, Furtwangen, St. Georgen und Villingen-Schwenningen. Auf den ersten Blick scheinen die Gebiete jeweils ähnlich groß zu sein, doch der zweite Blick offenbart die Krux: Weit verzweigte Zinken und Täler im nördlichen Kreisgebiet sind der Grund dafür, dass ein Kilometer gemessen an der Zeit, die man braucht ihn zu bewältigen, eben unterschiedlich "weit" sein kann. Um die gleiche Anzahl von Kilometern zurückzulegen, benötigt ein Autofahrer im nördlichen Kreisgebiet daher unter Umständen länger, auch die Straßenverhältnisse bei schlechten Witterungsbedingungen gilt es zu berücksichtigen.

Zwar gewährt das Landesrettungsdienstgesetz den Rettungskräften eine Frist von bis zu 15 Minuten, um am Notfallort einzutreffen, jedoch fordern Notärzte und Fachleute seit Jahren, dass der Rettungsdienst schon binnen zehn Minuten eingetroffen sein soll. Die Kluft zwischen Erfüllung der gesetzlichen Vorgabe einerseits und dem medizinischen Anspruch andererseits ist groß, auch wenn es sich zeitlich nur um fünf Minuten dreht.

In lediglich 44,7 Prozent der Notfälle in Gütenbach treffe der Rettungswagen laut der Studie innerhalb dieser "medizinisch wünschenswerten Eintreffzeit" von zehn Minuten beim Notfall ein. Die Fahrt des Rettungswagens nach Gütenbach dauere im Mittel knapp neun Minuten – doch bei jedem zweiten Notfall brauche er sogar über 24 Minuten und bei jedem 20. Fall sogar noch länger. Hinzu kommt eine recht lange Transportzeit aus Gütenbach bis zur Klinik von über 22 Minuten bei guter Verkehrslage beziehungsweise beispielsweise über 29 Minuten in eine Spezialklinik bei einem Herzinfarkt.

Noch kritischer sieht es in Vöhrenbach aus. Selbst hier werden zwar die gesetzlich verlangten Fristen eingehalten, aber nur in knapp über 30 Prozent der Fälle wurde auch die Zehn-Minuten-Grenze eingehalten. Auch "Vöhrenbach ist damit unterversorgt", schlussfolgert der SWR. Für Furtwangen oder einige kleinere Gemeinden in diesem nördlichen Zipfel des Landkreises sind keine Zahlen erhältlich, da die Anzahl der im Jahr 2016 passierten Einsätze für eine annähernd repräsentative Erhebung nicht ausgereicht habe.

Im Zentrum des Landkreises hingegen sind die Zahlen ganz andere. In Villingen-Schwenningen beispielsweise rückt der Rettungsdienst in der Regel schon nach weniger als fünf Minuten aus, die Fahrt des Rettungswagens liegt bei durchschnittlich unter fünf Minuten und in 97,2 Prozent der Fälle wird die gesetzlich geforderte Frist eingehalten, in immerhin 82,1 Prozent sogar die medizinisch gewünschte Zehn-Minuten-Quote erfüllt. Das i-Tüpfelchen der doppelstädtischen Notfall-Bilanz: Spezialkliniken für Schlaganfälle, Herzinfarkt oder Polytraum sind "am Ort vorhanden". Selbst Tuningen, Dauchingen oder Brigachtal oder Bad Dürrheim stehen vergleichsweise gut da – Erfüllung der Vorgaben des Rettungsdienstgesetzes zu über 90 Prozent, medizinisch wünschenswerte zehn Minuten in über 50 Prozent der Fälle.

Wäre die bloße Entfernung zum Klinikum Ausschlag gebend, müssten diese Quoten sich weiter verschlechtern, wenn man weiter in Richtung Süden des Landkreises blickt. Doch auch Donaueschingen und Blumberg warten mit der über 90-prozentigen Erfüllung der 15-Minuten-Vorgabe oder immerhin über 50-prozentigem Erreichen der Zehn-Minuten-Frist auf – die Transportzeit zur Klinik beträgt bei Vöhrenbach und Blumberg jeweils rund 18 Minuten. Nach Blumberg aber rückt der Rettungsdienst in der Regel schon in unter fünf Minuten aus, in Vöhrenbach dauert es bis zu diesem Schritt fast eine Viertelstunde. Hinzu kommt: Die Fahrt des Rettungswagens nach Blumberg dauert keine fünf Minuten, nach Vöhrenbach jedoch über zehn Minuten. Ein kleiner Unterschied, der dazu beiträgt, ob die medizinisch wünschenswerte Zehn-Minuten-Marke erreicht wird oder nicht.