Sven Hinterseh ist am 1. Juni seit einem Jahr Landrat im Schwarzwald-Baar-Kreis. Foto: Schück

"Große Freude an Herausforderung". Arbeit mit Kreisräten sehr vertrauensvoll. "Wir haben gute Beschlüsse gefasst".

Schwarzwald-Baar-Kreis - Am 1. Juni jährt sich die Amtszeit von Sven Hinterseh, dem dritten Landrat des Schwarzwald-Baar-Kreises. Im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten zieht er aus diesem Anlass Bilanz.

Am 1. Juni 2012 wurden Sie vereidigt. Wie sieht Ihre Bilanz nach einem Jahr als Landrat aus?

Für mich persönlich war es ein sehr interessantes und auch erfolgreiches Jahr. Ich bin gut im Landratsamt aufgenommen worden. Ich freue mich aber insbesondere auch, sagen zu können, dass die Arbeit mit den Kreisräten sehr vertrauensvoll und konstruktiv geschieht und wir in dem vergangenen Jahr sehr gute Beschlüsse fassen konnten.

Haben Sie das Gefühl, das sauch diejenigen Kreisräte, die Sie damals nicht wählten, nun hinter Ihnen stehen?

Es handelte sich natürlich um eine geheime Wahl, aber ich habe schon den Eindruck, dass in den vergangenen Monaten ein wechselseitiges Vertrauen entstanden ist und insgesamt ein sehr guter Geist der Zusammenarbeit herrscht.

Die Entscheidungen im Kreistag und in den Ausschüssen sind relativ einmütig und scheinbar ohne größere Diskussionen. Was ist Ihrer Meinung nach der Hintergrund dafür?

In der Tat werden die Entscheidungen oftmals einstimmig getroffen oder von einer sehr großen Mehrheit getragen. Das zeigt, dass im Kreistag alle an einem Strang ziehen und das Beste für den Kreis wollen. Eine kontroverse Debatte schließt dies aber nicht aus, sondern kann auch dazu dienen, den besten Weg zu finden.

Als Landrat müssen Sie vermutlich mehr Reden halten als zuvor im Ministerium. Ihre Reden haben in dem einen Jahr an Schwung und Länge gewonnen? Woher kommt der rhetorische Schwung?

Ja, die Aufgabe im Ministerium ist eine andere, im Ministerium agieren Sie im Hintergrund und treten selbst so gut wie überhaupt nicht in Erscheinung. Als Landrat vertrete ich den Kreis nach außen und repräsentiere auch. Das ist ohne Zweifel für mich ein neuer Schwerpunkt, und natürlich wächst man dann auch in ein solches Amt hinein. Die Reden gehören mit dazu und auch da kommt dann auch eine gewisse Routine, je öfter man gefordert ist.

Vor welchen Herausforderungen steht der Schwarzwald-Baar-Kreis in den nächsten Jahren?

Das sind natürlich noch die gleichen wie vor zwölf Monaten. Die demografische Entwicklung, das heißt, die Zunahme älterer Bevölkerung bei zurückgehenden Geburten, stellt uns vor die Herausforderung, wie wir die gute Daseinsvorsorge weiter halten, beziehungsweise ausbauen können. Beispielsweise Breitbandanbindung für schnelles Internet, ein gutes ÖPNV-System, eine gute Straßenanbindung, aber auch die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum sind solche Themen.

Welche Konsequenzen hat die Regierungserklärung des Kultusministers zur Schulentwicklung für den Kreis?

Unmittelbar geht es um allgemeinbildende Schulen in Trägerschaft der Städte und Gemeinden. Wir sind im Landkreis bekanntlich Träger von Beruflichen Schulen und Sonderschulen und werden die Entwicklung beobachten, ganz unmittelbar sind wir nicht betroffen. Weil wir aber auch für die Organisation des Schülerverkehres zuständig sind, werden wir genau hinschauen, um mögliche Veränderungen rasch bewältigen zu können

Im Finanzdezernat steht ein Wechsel bevor. Wie wichtig ist diese Stelle und wie sehen Sie die zukünftige Zusammenarbeit?

Das Landratsamt ist mit über 930 Mitarbeitern insgesamt gut aufgestellt. Wechsel gehören bei einer so großen Mannschaft immer wieder dazu. Auch wir spüren etwa den demografischen Wandel direkt im Landratsamt. Natürlich ist es aber etwas Besonderes, wenn im Führungsteam ein verdienter langjähriger Kollege in den Ruhestand wechselt. Wir haben mit Boris Schmid einen sehr gut qualifizierten Nachfolger gefunden, der nach einer gewissen Einarbeitungszeit die Stelle sicher gut ausfüllen wird.

Auch Ihre Pressesprecherin Julia Weiss wird Sie verlassen.

Ja, wie gesagt, Wechsel sind etwas Normales. Einige gehen in den Ruhestand, andere suchen sich eine neue Herausforderung. Frau Weiss hat ihren Aufgabenbereich sehr gut ausgefüllt, ich respektiere aber natürlich ihre Entscheidung, die aus privaten Gründen erfolgte.

Und wer soll ihre Nachfolgerin werden?

Da müssen wir schauen. Die Stelle wurde im Staatsanzeiger und in den regionalen Tageszeitungen ausgeschrieben.

Was war Ihr angenehmstes Erlebnis als Landrat?

Die vielen persönlichen Begegnungen bei meinen Terminen im Kreis, insbesondere die vielen Schulbesuche sind mir in guter Erinnerung. Dabei ragen unsere vier Sonderschulen heraus. Es freut mich, zu sehen, welch engagierte Arbeit die Lehrer und Betreuer mit Kindern und Jugendlichen, die ein Handicap haben, machen. Die Arbeit an der Christy-Brown-Schule, der Carl-Orff-Schule, der Karl-Wacker-Schule und unserer Krankenhausschule ist wirklich vorbildlich. Das sind beeindruckende Begegnungen, die ich sehr positiv in Erinnerung habe.

Woran erinnern Sie sich eher ungern?

Da gibt es nichts Spezielles. Es ist aber schon so, dass ich in meiner Bürgersprechstunde oft mit schweren Schicksalen konfrontiert werde, wo ich leider nicht immer umfassend so helfen kann, wie ich es gerne tun würde, weil ich natürlich an die gesetzlichen Vorgaben gebunden bin. Zum Beispiel erinnere ich mich an eine ältere Dame, die mit ein paar 100 Euro Rente leben muss und darüber hinaus eine schwere Krankheit hat. Da wünsche ich mir schon manchmal, dass ich umfassender helfen könnte.

Wollen Sie neue Akzente bei der Imagekampagne des Kreises setzen?

Die Imagekampagne läuft noch nicht lange und sie läuft ordentlich, wir sind alle gut beraten, jetzt nicht auf ein anderes Pferd zu setzen und sie auch in dem bisherigen Maß fortzusetzen.

Und beim Almanach? Wollen sie dort neue Akzente setzen?

Die große Herausforderung beim Almanach ist, ihn für die Stammleserschaft attraktiv zu halten und möglichst neue Leser zu gewinnen. Wir werden den Almanach auch in das digitale Zeitalter übersetzen müssen. Diese Frage diskutieren wir derzeit intensiv in der Redaktion.

Wie wird aus Ihrer Sicht die Freundschaft mit dem ungarischen Komitat Bacz-Kiskun weitergehen?

Auf persönlicher Ebene existiert eine gute Freundschaft mit den Verantwortlichen im Komitat. Die Verfassungsänderungen in Ungarn sind aber tiefgreifender Art. Wir müssen erst mal schauen, was dem Komitat an Aufgaben bleibt. Vizepräsident Rausch war bei unserem Festakt zum 40-jährigen Bestehen des Kreises dabei. Ich bin sicher, dass unsere Freundschaft und Partnerschaft die nicht ganz einfache Zeit überstehen wird.

Was halten Sie von Regionalkreisen?

Das war auch schon Thema bei unserem Festakt zum 40-jährigen Bestehen des Kreises. Ich teile die Einschätzung, dass Regionalkreise zu einer gewissen Entfremdung der Kreispolitik von den Bürgern führen würde. Weniger Bürgernähe und eine riesengroße Verwaltung mit weniger Ortsnähe wären die Folge. Nach der Verwaltungsreform 2005 haben wir einen enormen Effizienzstand in der Verwaltung erreicht, und ich sehe nicht, wie wir das noch steigern.

Wie werden Sie das Jubiläum am 1. Juni feiern?

Ein Jahr ist für mich kein Grund zur Feier, sondern die Aufforderung, weiter engagierte und gute Arbeit zu leisten.

Wie lange wollen Sie Landrat bleiben?

Der Landrat ist vom Kreistag für acht Jahre gewählt. Ich habe große Freude an dieser Herausforderung und werde weiter mit viel persönlichem Einsatz für eine gute Gegenwart und Zukunft im Schwarzwald-Baar-Kreis arbeiten. Natürlich möchte ich mir das Vertrauen der Kreisräte auch erhalten und möglichst noch ausbauen, hier im Kreis fühle ich mich sehr wohl und hier möchte ich gerne dauerhaft, also länger als acht Jahre, arbeiten und leben.