2023 waren rund 9600 Menschen aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis, die bei der AOK versichert sind, adipös. Die Dunkelziffer könnte deutlich höher sein.
Viele Menschen im Schwarzwald-Baar-Kreis leiden unter Adipositas, starkem Übergewicht. So waren im Jahr 2023 gut neun Prozent der AOK-Versicherten in der Region adipös – circa 9600 Menschen. Rund 310 von ihnen sind Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre, schreibt die Gesundheitskasse in einer Mitteilung.
Zwischen 2019 und 2023 ist die Zahl der Betroffenen im Kreis pro Jahr im Schnitt um rund 1,6 Prozent gestiegen. Die Dunkelziffer könnte höher sein, da nur die Versicherten erfasst wurden, die eine entsprechende ärztliche Diagnose erhielten.
Die Gründe für starkes Übergewicht seien vielfältig. Eine ungesunde Ernährungsweise und Bewegungsmangel seien ebenso Risikofaktoren für Adipositas wie chronischer Stress oder eine depressive Stimmungslage. Auch eine familiäre Veranlagung spiele mitunter eine Rolle. Adipositas könne auch als Nebenwirkung bestimmter Medikamente auftreten oder im Rahmen anderer Erkrankungen – wie beispielsweise bei Störungen des Hormonsystems – entstehen.
Aussagekraft des BMI ist limitiert
Von Adipositas spreche man bei Erwachsenen ab einem Body-Mass-Index (BMI) von 30. Laut Matthias Osswald, Arzt bei der AOK Baden-Württemberg, ist die Aussagekraft des BMI jedoch limitiert, da er weder das Verhältnis von Fett, Knochen- und Muskelmasse noch die Verteilung des Körperfetts berücksichtigt. „Vor allem das sogenannte Bauchfett ist mit einem erhöhten gesundheitlichen Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden. Zu dessen Beurteilung kann die Messung des Taillen- beziehungsweise Bauchumfangs helfen“, sagt Osswald.
Adipositas erhöhe laut Mitteilung der AOK das Risiko für Folgeerkrankungen. „Zu den wichtigsten internistischen Komplikationen der Adipositas gehören Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 und auch manche Tumorerkrankungen. Außerdem ist Adipositas unter anderem ein Risikofaktor für die Entstehung einer Fettlebererkrankung und für nächtliche Atemaussetzer, auch Schlafapnoe-Syndrom genannt, Gallensteinleiden sowie Arthrose“, so der AOK-Arzt. Zudem werden Menschen mit Adipositas oft aufgrund ihres Gewichts stigmatisiert oder sogar diskriminiert. Dies kann ein negatives Körperbild fördern und das Selbstvertrauen verringern.
Für Betroffene ist die Hausärztin oder der Hausarzt der erste Ansprechpartner. Angestrebt wird je nach BMI eine Gewichtsabnahme von fünf bis zehn Prozent des Ausgangsgewichts innerhalb von sechs bis zwölf Monaten. Das Therapieziel sollte individuell festgelegt werden, realistisch sein und Begleit- sowie Folgeerkrankungen berücksichtigen. „Das Zielgewicht zu halten ist oft schwieriger als die Gewichtsabnahme. Aus diesem Grund bedarf es einer langfristigen Verhaltens- und Lebensstiländerung“, erläutert Osswald.
Rahmenbedingungen soll die Politik schaffen
Die ständige Verfügbarkeit von zuckerhaltigen Getränken und kalorienreichen Nahrungsmitteln erschwere zusätzlich das Abnehmen und das Halten eines gesunden Körpergewichts. „Die Politik ist gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die gesunde Lebensweisen zu unterstützen und ungesunde Gewohnheiten zu reduzieren. Dazu gehört die Förderung von Wissen über eine ausgewogene Ernährung ebenso wie strukturelle Maßnahmen. Andere Länder gehen hier mit gutem Beispiel voran – beispielsweise mit einer verpflichtenden sichtbaren Lebensmittelkennzeichnung oder einer Besteuerung stark gezuckerter Lebensmittel“, sagt Harald Rettenmaier, Geschäftsführer der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg.
Ernährungsumstellung als Basistherapie
Die Basistherapie der Adipositas bestehe aus einer Ernährungsumstellung, einer Steigerung der Bewegung und einer Verhaltensmodifikation. „Medikamente zur Gewichtsreduktion, die oft auch als ‚Abnehmspritzen‘ bezeichnet werden, stellen keinen Ersatz für die multimodale Basistherapie dar,“, erläutert Osswald.