Schwarzwald-Baar-Kreis benötigt mehr Plätze. Hoffnung liegt auf Sternensaal in Donaueschingen und Schubertstraße in VS. Mit Kommentar
Schwarzwald-Baar-Kreis - "Jetzt geht uns langsam die Luft aus", stellt Jürgen Stach fest. In ein bis zwei Wochen müsste der Landkreis sich baurechtlich ein Gebäude zur Unterbringung von weiteren Asylbewerbern sichern, sonst, so der Sozialdezernent, "schaffen wir das nur mit Turnhallenbelegung."Er hofft auf den Sternensaal in Donaueschingen. Der Gemeinderat der Donaustadt wird demnächst darüber entscheiden. Dann wäre mittelfristig die Unterbringung von zirka 100 Asylbewerbern dort möglich.
Ein weiteres Gebäude in der Schubertstraße in VS-Schwenningen käme ebenfalls in Frage. Über die Nutzung entscheidet der Gemeinderat der Doppelstadt. Allerdings wären dort umfangreiche Umbauten notwendig. In Unterkirnach wollte der Gemeinderat zwar die Weichen zur Unterbringung weiterer Asylbewerber in Maria Tann stellen, ein Investor wollte das Gebäude entsprechend herrichten. Aber der Insolvenzverwalter von Maria Tann genehmigte die Transaktion nicht. "Ich kann die Gründe verstehen", deutet Stach an. An den 96 Asylbewerbern aus Sri Lanka und Pakistan, die dort wohnen, liegt es nicht. "Dort war es noch nie so sauber wie jetzt", berichtet Sachgebietsleiter Eberhard Weckenmann. Außerdem arbeiten die Flüchtlinge beim Bauhof mit und helfen bei der Waldputzete. St. Georgen, wo 70 Asylbewerber mitten in der Stadt wohnen, hält Stach sogar für beispielhaft. Es gebe keine Widerstände der Bevölkerung, die Menschen seien sehr gut integriert. Für gemeinnützige zusätzliche Arbeit werden die Asylbewerber mit 1,50 Euro Stundenlohn bezahlt.
"Wir sind in einer Notsituation darauf angewiesen, dass wir kooperationsbereite Kommunen finden und Bürgermeister, die die Akzeptanz der Asylbewerber in den Gemeinden fördern", so Stach.
Seit einiger Zeit steigen die Flüchtlingsströme nach Deutschland, von 77 651 im Jahr 2012 auf 110 000 im Jahr 2013. Baden-Württemberg übernimmt 12,93 Prozent. Das waren 7913 Personen im Jahr 2012 und 14.000 werden es dieses Jahr sein. Der Kreis muss eine Aufnahmequote von 1,98 Prozent erfüllen, das sind 35 bis 40 Personen, die pro Monat aufzunehmen sind. Außerdem steht eine Gesetzesänderung zu Beginn des nächsten Jahres bevor. Nach neuem Recht sollen die Asylbewerber längstens 24 Monate in Gemeinschaftsunterkünften wohnen. Dann sind aber die Verfahren noch nicht abgeschlossen. Nach zwölf Monaten müssen sie im "Individualwohnraum" untergebracht werden. "Das", so Stach, "kostet wesentlich mehr Geld." Spätestens 2016 stehen den Asylbewerbern außerdem sieben Quadratmeter Wohnfläche statt, wie bisher, 4,5 Quadratmeter pro Person, zu.
Momentan sind in drei Unterkünften im Kreis 320 Asylbewerber untergebracht; in Villingen in der Obereschacher Straße 159, in St. Georgen 70 und in Unterkirnach 96.
"Wenn die Zahl der Asylbewerber weiter so steigt, brauchen wir weitere Plätze für 300 Personen", erklärt Stach. Eigentlich wäre ein Gebäude mit 650 Plätzen notwendig, doch Strategie ist es, die Flüchtlinge nicht alle zusammen und möglichst nach ethnischen Einheiten unterzubringen. Die Sozialbetreuung der Asylbewerber übernimmt das rote Kreuz. So werden beispielsweise Sprachkurse und eine Fahrradwerkstatt angeboten. Die Asylbewerber in Maria Tann erhalten 320 Euro Bargeld, in den anderen Unterkünften werden an Einzelpersonen 130 Euro in Form eines Gutscheines für Lebensmittel, weitere 190 Euro als Bargeld ausgezahlt. Das Flüchtlingsaufnahmegesetz des Landes sieht künftig Auszahlung von Bargeld an alle vor. In Unterkünften, in denen die Bewohner erworbenen Alkohol konsumieren, könne es problematisch werden, weiß Heimleiter Bernd Rist. Beispielsweise in der Obereschacher Straße in VS.
Momentan erhält der Kreis 12.270 Euro pro Asylbewerber. Das deckt die Unkosten bei weitem nicht, zumal auch Krankenversicherung enthalten ist. "Der Betrag soll auf 13.722 Euro erhöht werden, aber das deckt nicht mal die Kosten der Unterbringung", sagt Stach. Eine weitere Variante wären Wohncontainer. Doch das ist teuer. Der Kreis Waldshut habe dafür 700.000 Euro im Jahr aufgewendet.
Wenn die Bewerber nach Ablehnung des Asylantrages "geduldet" werden, dürfen sie arbeiten, allerdings nur in Jobs, für die keine EU-Bewerber gefunden werden, beispielsweise in Gastronomie und Reinigungsunternehmen. "Wenn man etwas für die Menschen tun will, sollte man die Asylbewerberverfahren beschleunigen", findet Stach.
Kommentar: Asyl gesucht
Ohne entsprechende finanzielle Ausstattung von Bund und Land sind die Kommunen mit der Unterbringung von Flüchtlingen überfordert. Dass Turnhallen von Schulen nicht genutzt werden können, weil dort Asylbewerber beherbergt werden, wäre wirklich ein Szenario, das sich niemand wünscht. Es ist verständlich, dass Menschen aus Ländern, in denen Bürgerkrieg herrscht, weg wollen. Erfahrungen mit Asylbewerbern in St. Georgen und Unterkirnach zeigen, dass diese Menschen gewillt sind, sich zu integrieren. Es sollte eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen werden, dass sie arbeiten und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Zu wünschen ist außerdem, dass die Kommunen dem Kreis gegen Bezahlung menschenwürdige Unterkünfte zur Verfügung stellen können, sodass es nicht zu Konflikten wegen Turnhallenbelegung kommt.