Das Taxi nach Hause sollte die 84 Jahre alte Patientin selbst bezahlen, obwohl sie halb blind ist. (Symbolfoto) Foto: dpa

Tochter ärgert sich über Umstände einer Entlassung und überzeugt auch die Krankenkasse.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Das Erlebnis, das die Tochter einen "Skandal" nennt: Die Mutter, 84 Jahre alt, auf einem Auge so gut wie blind, wird aus dem Schwarzwald-Baar-Klinikum entlassen, Diagnose Lungenembolie. Als Notfall kommt sie in die Klinik. Mit dem Taxi wieder nach Hause, dies auf eigene Kosten.

Die Frau aus dem Schwarzwald-Baar-Kreis kann ihre Empörung nicht verbergen: Vor kurzem sei ihre Mutter mit Verdacht auf Herzinfarkt mit dem Notarztwagen ins Großklinikum nach Villingen-Schwenningen gebracht worden. Dort habe sich der Verdacht zwar nicht bestätigt, dafür sei sie mit der Diagnose Lungenembolie und Lungenentzündung nach einer knappen Woche wieder entlassen worden. Die Frage nach der Heimfahrt war schnell erledigt. Sie könne ja öffentliche Verkehrsmittel benutzen, wurde der alten Patientin im Klinikum signalisiert, die knapp 30 Kilometer entfernt vom Klinikum lebt.

Entlassung sehr kurzfristig

Mit dem Krankenwagen könne sie nicht nach Hause gebracht werden. Aussagen, die die Tochter ärgern: "Meine Mutter wäre nicht einmal in der Lage gewesen, einen Fahrplan zu lesen." Als sie nachhakt, warum man der betagten wie stark sehbehinderten Mutter eine Busfahrt zugemutet habe, habe sie gehört: Eine solche Entscheidung liege im Ermessen des Arztes. Die alte Dame lässt ein Taxi ordern und bezahlt die Fahrt aus der eigenen Tasche: 66 Euro. Was die Familie als "unglaublich" und "skandalös" empfindet, ist für Sandra Adams, Pressesprecherin des Schwarzwald-Baar-Klinikums, ein völlig normaler Vorgang.

"Laut der Krankentransport-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses dürfen wir, ohne dass zwingende medizinischer Gründe vorliegen, keine Krankenfahrten verordnen. Das ist gesetzlich verboten." Das Sozialrecht in Deutschland sehe vor, dass die Angehörigen sich um die Abholung eines Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus kümmern. "In dem genannten Fall lagen keine zwingenden medizinischen Gründe für eine Verordnung vor: Die Patientin konnte in gutem Allgemeinzustand entlassen werden", , erläutert Adams und fügt hinzu. "Selbstverständlich sind wir gerne dabei behilflich, für unsere Patienten am Tag der Entlassung ein Taxi zu rufen."

Die Tochter kann diese Kommentierung nicht nachvollziehen, zumal sie äußerst kurzfristig und überraschend gekommen sei. "Erst am Abend, gegen 19.30 Uhr, hat sie von ihrer Entlassung am nächsten Morgen erfahren." Für sie und ihren ebenso berufstätigen Bruder, der 100 Kilometer weiter weg wohne, sei ein solch promptes Reagieren nicht möglich gewesen.

Was sagt die in diesem Fall betroffene Krankenkasse dazu: "Leider kommt es immer wieder vor, dass Verordnungen für Krankenfahrten nicht oder nur unvollständig erfolgen. Warum der Krankenhausarzt der den Gesundheitszustand unserer Versicherten zum Zeitpunkt der Entlassung genau kannte, das Taxi nicht verordnete, ist uns nicht bekannt", reagiert DAK-Pressesprecher Daniel Caroppo auf die Anfrage des Schwarzwälder Boten. Der Arzt verordne das erforderliche Transportmittel. Maßgeblich für die Auswahl des Beförderungsmittels sei ausschließlich die zwingende medizinische Notwendigkeit im Einzelfall unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots. "Die Krankenfahrt mit Mietwagen oder Taxi ist nur dann zu verordnen, wenn der Versicherte aus zwingenden medizinischen Gründen öffentliche Verkehrsmittel oder privates Kraftfahrzeug nicht benutzen kann." In Einzelfällen könne auf die Verordnung verzichtet werden, so beispielsweise bei Notfällen, Unfällen, oder stationärer Behandlung, wenn aus den vorliegenden Unterlagen die Gehunfähigkeit hervorgehe.

Der Fall nimmt für Tochter und Mutter noch ein glückliches Ende. Aufgrund der von der Tochter nunmehr geschilderten Umstände "können wir jedoch in diesem Einzelfall auf eine Verordnung verzichten. Wir werden die Taxikosten erstatten".