Thomas Albiez (von links), anne Spreizer, Jörg Lehnerdt, Barbara Sand und Herbert Kaltenbach mit der Broschüre, die in einer Auflage von 750 Stück erschienen ist. Foto: Schück

IHK legt Handelsbroschüre vor. Individuelle Konzepte bei gewünschtem Einkaufserlebnis und Online-Shopping gefragt. Mit Kommentar.

Schwarzwald-Baar-Kreis - In der Region steckt Kaufkraft. 22.012 Euro pro Kopf im Schwarzwald-Baar-Kreis, 22 312 Euro pro Kopf im Kreis Rottweil und sogar 22.893 Euro pro Kopf im Kreis Tuttlingen.

IHK und Einzelhändler wollen, dass das Geld hierbleibt und nicht etwa in die Metropolen oder gar in das Online-Geschäft fließt. Gestern legte die IHK in einer Pressekonfernez die druckfrische Ha ndelsbroschüre "Regional denken, lokal handeln" vor, die wissenswerte Daten undFakten zu Kaufkraft und Einzelhandel in allen Städten, Gemeinden und Kreisen der Region enthält.

Schwarz auf weiß steht drin, dass weite Teile des Schwarzwald-Baar-Kreises, der Landkreise Rottweil und Tuttlingen überdurchschnittliche Kaufkraft aufweisen. Im Süden und Südwesten der Region sieht es nicht so gut aus. "Wir haben die Kaufkraft. Wir haben Geld. So wie sich die Industrie der Region entwickelt hat, so sollen sich jetzt auch andere Branchen entwickeln. Der Einzelhandel der Region hat besonderen Bedarf bei der Imagebildung", erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Albiez. Deswegen sei ein kommunales Handelskonzept wichtig.

Barbara Sand, Projektleiterin Handel bei der IHK ist schon zur Tat geschritten und hat die Gewerbetreibenden in Villingen-Schwenningen, St. Georgen und Spaichingen aufgesucht, alle anderen Orte in der Region sollen folgen. "Wir sprechen dann darüber, welche Besonderheiten der Ort hat und wie wir die dann zum Ausdruck bringen", erklärte sie. Gelingt das, dann ist das "Einkaufserlebnis" geboren. Im Gespräch sei außerdem ein Zertifikat für Händler.

Enges Zusammenspiel zwischen Gastronomie und Einzelhandel, aufeinander abgestimmte Öffnungszeiten und Produkte können dazu führen, dass der Kunde ein "Einkaufserlebnis" hat. "Wo Handel ist, ist Leben", erklärte Herbert Kaltenbach, Vorsitzender des IHK-Einzelhandelsausschusses. Schon immer sei der Handel vielen Veränderungen unterworfen gewesen, jetzt komme noch das Internet als externer Einfluss hinzu.

Die Auswirkungen des E-Commerce seien gravierend. Bereits jetzt werden zu 30 Prozent Bekleidung und zu 25 Prozent Medien- und Unterhaltungselektronik im Internet geordert. Der Anteil des E-Commerce am Kuchen ist von fünf Prozent im Jahr 2005 auf neun Prozent im Jahr 2012 gestiegen und wird 2020 bei 20 bis 30 Prozent liegen, erklärte Jörg Lehnerdt von der BBE Handelsberatung in Köln, der zusammen mit Anne Spreizer von der IHK das Projekt betreut hat. Doch er macht: "Sie haben die Kaufkraft und anspruchsvolle Kunden".

Die Frage, wohin das meiste Geld in der Region fließt, erbrachte Erstaunliches: So übertrifft Bad Dürrheim das Oberzentrum. Wer in der Region einkaufe, wolle nicht das Gefühl haben, dass er in einer Kleinstadt shoppe, sondern er wolle ein Großstadterlebnis. Schuh- und Textilienhändler sollten, meint Lehnerdt, mindestens noch eine Kaffeebar oder Ähnliches haben.

"Früher genügte es, eine Website zu haben, heute kommunizieren Sie über social media", erklärte der Diplom-Kaufmann. Barbara Sand und Herbert Kaltenbach könnten sich mit dem Gedanken anfreunden, Kunden per Facebook anzusprechen. Die Digitalisierung bringe außerdem Vorteile, weil man beispielsweise aufgrund der Postleitzahlen der Kunden ermitteln könne, wo mehr Werbung sinnvoll wäre. Zum Erhalt der Versorgungsstrukturen und der regionalen Handelslandschaft seien viele lokale Akteure gefragt, erklärte Kaltenbach. "Einzelhandel ist ein Mannschaftssport". Mehr Abstimmung unter den Händlern in Bezug auf Service und Öffnungszeiten, aber auch mit den Kommunen sei notwendig.

Kommentar: Zauberei

Felicitas Schück

Die Akteure sind sich einig: Die geballte Kaufkraft soll in der Region bleiben und nicht etwa nach Freiburg, Stuttgart oder Singen wandern. Jetzt muss das Einkaufserlebnis her, das Kunden magisch lockt. Was ist das eigentlich? Individuell verschieden und doch irgendwie ein Muster für alle mit einer Prise Großstadt? Hier sind nun wirklich kreative Köpfe gefragt. Geht es doch sowohl um das Erlebnis, das in die Schwarzwaldgemeinde Schonach lockt, als auch um die angemessene Vermarktung der historischen Innenstadt-Substanz von Villingen. Und die digitale Welt muss irgendwie auch mit hinein ins Dorf und zum Einzelhändler, sodass der Online-Handel nicht noch mehr Kaufkraft abzieht. Regelrechte Zauberkunststücke sind von Einzelhändlern, Kommunen und IHK zu vollbringen. Der Anfang ist gemacht. Die Frage nach dem Wie ist noch nicht beantwortet.