Bürger gründen eine Aktionsgemeinschaft. Befürchtung: Lebensqualität könnte beeinträchtigt werden.

Rottweil/Tuningen - Rottweil als Standort für ein neues Großgefängnis ist auf der Wunschliste der Landesregierung bekanntlich ein Stück nach hinten gerutscht. Vorne stehen Tuningen und Weigheim. Dort allerdings ist längst nicht jeder erfreut über die Aussicht, eine Haftanstalt vor der Haustür zu haben.

Um im Vorfeld der Entscheidungen zum geplanten Großgefängnis auf Tuningens und/oder Weigheimer Gemarkung die Bevölkerung und die Entscheidungsträger zu einem klaren "Nein" zu bewegen, haben sieben Tuninger Bürger die Aktionsgemeinschaft gegen ein Gefängnis (AGG) gegründet. Die Gründungsmitglieder der Bürgerinitiative legten in einer Pressekonferenz ihre Argumente gegen den Standort sprechen vor.

Tuningen werde durch die Justizvollzugsanstalt (JVA) an die Kette gelegt, und die regionale Prägung des dörflichen Charakters werde sich vollumfänglich verändern, lautet ihre Botschaft. Dies durch die Gebäude auf einer Fläche von zwölf bis 15 Hektar, wo ringsum knapp zwei Kilometer Zaunfläche stehen. Das Negativimage, das hierdurch erreicht werde, sei enorm.

Die Aktionsgemeinschaft sagt nicht nur Nein zum Bau auf Tuninger Gemarkung, sondern auf der gesamten regionalen Fläche. Andere Städte und Gemeinden würden um den Standort buhlen, entsprechend sollte die Landesregierung ihre Entscheidung treffen.

Die in der Diskussion stehenden Einnahmen für die Standortgemeinde von jährlich rund einer halben Million Euro würden sich durch gegenstehende Umlagen wieder relativieren, meinte Altgemeinderat Manfred Renz. "Wir sieben wollen keine Revoluzzer sein, sondern mit begründeten Argumenten in den Kampf gegen das Gefängnis ziehen", erklärte Mitstreiter Gerhard Rometsch.

Bei dem Gefängnis handle es sich nicht um ein Mädcheninternat, meinen die Gründungsmitglieder der Initiative. Vielmehr werde, das zeige die Erfahrung anderer Gefängnisse, die Kriminalität ums das Gefängnis herum steigen. Und die Bürgerinitiative fürchtet, dass hinter den Mauern Drogen konsumiert werden, die ja irgendwie beschafft werden müssten. Dies wiederum habe eine deutlich höhere Polizeipräsenz im Ort zur Folge.

Villingen-Schwenningens Oberbürgermeister Rupert Kubon sieht das anders. Er hatte kürzlich im Interview mit unserer Zeitung gesagt: "Gefängnisse schaffen laut Beobachtungen im Umfeld bestehender Justizvollzugsanstalten vielmehr sogar eine eher kriminalitätshemmende Atmosphäre – nicht zuletzt aufgrund der erhöhten Polizeipräsenz."

Werner Nestler von der Bürgerinitiative befürchtet derweil, dass die Lebensqualität durch das Gefängnis heruntergestuft werden könnten. Die Diskussionen in den Familien, Vereinen bis hin zum Gemeinderat würden die Gemeinde derzeit spalten. Die Gruppe plädiert deshalb dafür, dass schnell eine Entscheidung in Sachen Gefängnis getroffen wird.

Nach eigenen Angaben will die Aktionsgemeinschaft keine Konfrontation mit der Verwaltung, aber die Bürger sollen durch den geplanten Bürgerentscheid mitbestimmen können.

Man wolle grundsätzlich keine unnötigen Ängste schüren, doch wolle man auf jeden Fall zu den möglichen Gefahren des geplanten Gefängnisses sensibilisieren, sagt das Aktionsbündnis. "Wir kämpfen für Tuningen", sind sich die sieben Gründungsmitglieder einig.