Uniornsfraktionsvizevorsitzender Thorsten Frei spricht über seine zukünftigen Aufgaben. Foto: Schück Foto: Schwarzwälder Bote

CDU-Bundestagsabgeordneter spricht über neue Aufgaben und kandidiert nicht mehr für den Kreistag.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei ist vor kurzem in ein hohes Amt bei der Union gewählt worden. Der 45-jährige Jurist spricht über seine zukünftigen Aufgaben. Der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende und Kreisvorsitzende wird 2019 nicht mehr für den Kreistag kandidieren.

Sie sind jetzt stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion. Wie fühlen Sie sich, wenn Sie auf den Beginn Ihrer Karriere im Bundestag zurückblicken. Zuvor waren Sie gern Oberbürgermeister von Donaueschingen? Bereuen Sie es, dass Sie jetzt nicht mehr OB sind?

Nein, das bereue ich nicht. Ich war sehr gerne Oberbürgermeister von Donaueschingen. Aber das Leben ist, wie es ist. Ich habe das damals auch als Chance begriffen, etwas völlig Neues machen zu dürfen und bin dann gleich in den Auswärtigen sowie in den Europa-Ausschuss gekommen. Wenn ich die vergangenen fünf Jahre Revue passieren lasse, war das eine unglaublich spannende Zeit für mich, mit vielen Reden im Deutschen Bundestag, vielen internationalen Kontakten oder Dienstreisen. Jetzt kommt eine neue Herausforderung. In der Innenpolitik steht die klassische Gesetzgebungsarbeit im Vordergrund. In der Außenpolitik spielte diese fast keine Rolle. Aktuell geht es um das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, das nun dem Kabinett vorgelegt werden soll und das wir auch zügig im Parlament verabschieden wollen.

Worum geht es dabei?

Um die Arbeitsmigration. Durch den demografischen Wandel sind wir auf Fachkräfte, auch von außerhalb Europas, angewiesen, da wir schon jetzt einen Arbeitskräftemangel haben. Mindestens ein Prozent mehr Wirtschaftswachstum in Deutschland ist derzeit nicht möglich, weil Fachkräfte fehlen. Bundesweit brauchen wir künftig mindestens ein Zuwanderungssaldo von 300  000 Menschen. Gerade hier im Schwarzwald-Baar-Kreis wird der Mangel beim Blick auf die Arbeitslosenquote von lediglich 2,6 Prozent und mehr freien Stellen als Arbeitssuchenden deutlich. Wir müssen attraktiv sein für ausländische Kräfte nicht nur im Bereich IT oder in der Pflege. Und wir brauchen Menschen, die sich in den Arbeitsmarkt integrieren, nicht in Hartz IV.

Bisher waren Sie im Bund eher für Außenpolitik zuständig. Können Sie so schnell auf Innenpolitik umschalten?

Als stellvertretender CDU-Landesvorsitzender hatte ich bereits viel mit Innenpolitik zu tun. Zum Beispiel habe ich 2016 bei den Koalitionsverhandlungen die Verhandlungsgruppe "Innen und Recht" geleitet. Und viele Bereiche in der Innenpolitik haben außenpolitische Aspekte, beispielsweise die Migration, der internationale Terrorismus und das Thema Asyl. Das sind Erfahrungen, auf die ich zurückgreifen kann.

Gibt es für Sie besondere Schwerpunkte?

Die Innere Sicherheit. Hier haben wir einige Vorhaben in der Pipeline. Zum Beispiel den Pakt für den Rechtsstaat, wo es unter anderem darum geht, dass wir mehr Stellen bei der Polizei und an den Gerichten schaffen und die Strafprozessordnung so verändern, dass Verfahren gestrafft werden können.

Geht es auch um Abschiebungen?

Ja, es geht um Verfahrensbeschleunigung. Die Abschiebehindernisse wollen wir natürlich auch möglichst minimieren, so dass es nicht mehrere Jahre dauert, bis ein Beschluss umgesetzt wird.

Wo liegen die Ziele?

Wir wollen, wie erwähnt, durchaus eine weitere Zuwanderung, aber eben in den Arbeitsmarkt. Diejenigen, die sich auf das Asylrecht berufen und nicht schutzbedürftig sind, sollen zurückgebracht werden. Wir brauchen schnelle Verfahren. Es wäre natürlich hilfreich, wenn die Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer eingestuft würden. Hierfür benötigen wir die Unterstützung des Bundesrats. Derzeit blockieren aber jene Bundesländer, in denen die Grünen in der Regierung sind. Außerdem brauchen wir eine Verdreifachung der Abschiebehaftplätze, damit diejenigen, die abgeschoben werden sollen, auch abgeschoben werden können. Heute werden Leute oft nicht angetroffen, wenn die Polizei kommt. In den Fragen zur Inneren Sicherheit arbeiten wir übrigens mit der SPD sehr gut zusammen. Im Bereich Migration könnte es besser sein. Und letztlich müssen wir sehr flexibel sein, weil sich die Lagen und Prioritäten sehr schnell ändern können, wie das jüngste Beispiel mit dem Terroranschlag in Straßburg zeigt, der auch auf Deutschland Auswirkungen zeigte. Hier wurde deutlich, dass wir eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit brauchen.

Die Zusammenarbeit ist doch seit den Anschlägen von Paris vertieft worden?

Ja, die Zusammenarbeit hat sich deutlich verbessert. Zum Beispiel haben wir eine gemeinsame deutsch-französische Wasserschutzpolizei am Oberrhein, weil das Verbrechen bekanntlich an der Grenze nicht Halt macht.

Welche Perspektiven sehen Sie als Bundestagsabgeordneter und Unionsfraktionsstellvertreter? Sind Sie bald Minister oder Staatssekretär?

Keine Ahnung. Politische Ämter kann man nicht vorausplanen. Vor vier, fünf Wochen hatte ich auch nicht geahnt, dass ich nun stellvertretender Unionsfraktionsvorsitzender bin. Am Ende müssen viele Dinge zusammenkommen, und man braucht auch Glück. Ich habe jetzt einen neuen politischen Verantwortungsbereich zugewiesen bekommen. Jetzt muss ich zeigen, dass ich das auch kann. Meine Maxime ist, dass ich meine Aufgaben so gut wie möglich erledige, dann entwickeln sich die Dinge wie sie sich entwickeln. Ich lebe im Hier und Jetzt und nicht in Zukunftsträumen. Das schafft Lebensqualität.

Als Unionsfraktionsvize haben Sie sich gegen einen Favoriten durchgesetzt?

Ja. Armin Schuster ist ein sehr profilierter Kollege mit viel Polizeierfahrung.

Was sagen Sie zur Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer als CDU-Bundesvorsitzende?

Das war der spannendste CDU-Bundesparteitag, den ich je erlebt habe. Seit den 70-er-Jahren gab es das nicht mehr, dass mehr als ein Bewerber für den Bundesvorsitz kandidierte. Jetzt waren es drei exzellente Bewerber, die alle im Dialog mit der Basis stehen. Das war eine echte Blutverjüngung und das hat viel Feuer in die innerparteiliche Debatte gebracht. Es war eine knappe Entscheidung. Jetzt geht es darum, die neue Vorsitzende nach Kräften zu unterstützen. Man muss aber auch respektieren, dass die Hälfte der Delegierten anders gewählt hat und die Positionen von Jens Spahn und Friedrich Merz entsprechend abgebildet werden müssen.

Es steht der Vorschlag im Raum, Friedrich Merz zum Wirtschaftsminister zu machen statt Peter Altmaier.

Natürlich würde ich es für eine Bereicherung halten, wenn Merz Teil der Bundesregierung werden würde. Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz sind ja auch im Gespräch.

Kommen wir zu regionalen Themen. Wie geht es mit der Gäubahn weiter? Minister Andreas Scheuer war ja gegen den Einsatz von Neigetechnikzügen, die die Fahrt von Stuttgart nach Singen schneller machen würden.

Das Problem ist überwunden. Bund und Land sind sich einig, dass das Land die Neigetechnik bestellen darf, weil es die Mehrkosten übernimmt. Momentan wird an der Finanzierungsvereinbarung gearbeitet. Hier bin ich zuversichtlich, dass wir schnell vorankommen werden. Am Geld liegt es jedenfalls nicht. 550 Millionen Euro liegen für die Gäubahn im Bundesverkehrswegeplan bereit.

Die Bundesstraßenprojekte in Ihrem Wahlkreis machen auch Fortschritte?

Der vierspurige Ausbau zwischen Donaueschingen und Hüfingen, die Ortsumfahrung Behla und die Ortsumfahrung Zollhaus und Randen standen bereits im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplanes. Die B 523 jedoch noch nicht. Bei Donaueschingen wird bereits gebaut und am Montag war die offizielle Verkehrsfreigabe der Umfahrung Behla. Diese bedeutet etwa auch für die Blumberger Wirtschaft eine deutliche Verbesserung auf dem Weg zur Autobahn. Beim Lückenschluss der B 523 war das anders. Diese Straße musste erst in den vordringlichen Bedarf aufgenommen werden. Das haben wir geschafft. Nun muss allerdings möglichst schnell geplant werden. Ich bin sicher, dass das klappt, denn Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer ist in der Sache sehr engagiert und weiß, wie wichtig die B 523 ist. Die Kosten in Höhe von 25 bis 30 Millionen Euro erscheinen gering im Hinblick auf den Nutzen. Auch für St. Georgen und den gesamten westlichen Kreis bringt die Straße große Vorteile und schließt als Ost-West-Verbindung zwischen A 5 und A 81 eine Lücke.

Und wie sieht es mit der Elektrifizierung der Höllentalbahn aus?

Die Maßnahme befindet sich im Zeitplan. Auch wenn sich der Landkreis mit Millionen am Ausbau beteiligen muss, ist das für ihn eine tolle Sache.

Als Nächstes schwebt dem Landrat die Elektrifizierung der Strecke Rottweil-Villingen vor. Sind Sie dafür?

Unbedingt. Wir brauchen einen schnellen Zugang zur Gäubahn. Zweiter Punkt ist, dass wir ohnehin bald neues Wagenmaterial für den Ringzug brauchen. Dann könnten wir weitgehend auf den schnelleren Elektroantrieb setzen. Das wäre ein Sprung nach vorn.

Das wird aber teuer. Es ist schon von mindestens 27 Millionen Euro die Rede. Dabei ist das doch eigentlich keine Landkreis-Aufgabe?

Das ist eine gewaltige Investition. Es ist ähnlich wie bei der Glasfaser eine Investition in die Zukunft. Es geht darum, dass der ländliche Raum gegenüber Ballungszentren nicht abgehängt wird. Das gilt für das schnelle Internet wie auch für die Schiene.

Was sagen Sie zur Entscheidung des Kreistages gegen das DS-Kennzeichen ?

Ich finde die Entscheidung bedauerlich. Ich hätte mir das anders gewünscht. Nach der erstmaligen Ablehnung vor rund fünf Jahren hat sich für mich die Sachlage verändert, da es inzwischen viele Altkennzeichen gibt. In meinem Wahlkreis gibt es drei Kennzeichen: VS, OG und WOL. Ich hätte mir mehr Wahlmöglichkeiten für die Bürger gewünscht.

Könnte auch das Kennzeichen VL für Villingen theoretisch wieder zugelassen werden?

Theoretisch sicher. VL müsste aber von der Stadt vorgeschlagen werden. Das Kennzeichen macht nach der Gründung der Doppelstadt natürlich keinen Sinn. Das Kennzeichen DS war aber unter anderem von den Bürgermeistern aus Donaueschingen, Blumberg, Vöhrenbach, Hüfingen, Bräunlingen und Furtwangen vorgeschlagen.

Bereiten Sie als CDU-Kreisvorsitzender schon die Kommunal- und Europawahlen vor?

Derzeit geht es um Programm und Köpfe in verschiedenen Veranstaltungen im Schwarzwald-Baar-Kreis.

Und Sie selbst? Treten Sie noch mal an?

Durch die Veränderung in Berlin habe ich mich entschieden, dass ich nicht mehr für den Kreistag kandidieren werde. Bis Sommer werde ich aber noch Fraktionsvorsitzender der CDU bleiben. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen, da ich die Verbindung von parlamentarischer Arbeit und Kreispolitik immer als ein Gewinn betrachtet habe. Aber als stellvertretender Landesvorsitzender und als Kreisvorsitzender habe ich bereits ein enormes Arbeitspensum. Und meine neue Aufgabe in Berlin bedeutet eine erhebliche zusätzliche Arbeitsbelastung.