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Fünf Teelöffel Zucker pro Tag in Ordnung. Anstieg der behandlungsbedürftigen Adipositas-Fälle um sieben Prozent.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Es ist ein Phänomen dieser Krise: Viele Eltern wollen ihren Kindern die Zeit zu Hause versüßen – und erreichen damit langfristig genau das Gegenteil. Die Folge: Immer mehr Kinder in der Region sind übergewichtig.

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Kinder essen zu viel Zucker. Gerade Lebensmittel für die Jüngsten weisen einen übermäßigen Zuckeranteil auf. Dabei leiden auch im Schwarzwald-Baar-Kreis immer mehr Kinder unter krankhaftem Übergewicht.

Die Zahl der wegen Adipositas behandlungsbedürftigen Kinder im Alter von bis zu zwölf Jahren, stieg im Zeitraum von 2014 bis 2018 um sieben Prozent. Der Anteil stieg dabei bei den Jungen mit 9,4 Prozent stärker als bei den Mädchen mit 4,1 Prozent. Darauf weist die AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg hin.

Dunkelziffer wohl um einiges höher

In absoluten Zahlen heißt das: Wurden 2014 noch 77 Kinder ambulant oder in Krankenhäusern aufgrund ihres starken Übergewichts behandelt, waren es 2018 schon 109. Es ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer um einiges höher liegt, da in die Statistik nur diejenigen Kinder eingehen, die sich tatsächlich in ärztlicher Behandlung befanden. Eine für Deutschland ausgelegte Studie des Robert-Koch-Instituts hat ergeben, dass inzwischen jedes siebte Kind übergewichtig ist. Die Anzahl der adipösen Kinder, die wegen Fettleibigkeit ärztlich behandelt werden, steigt mit dem Alter. Während bei 0,9 Prozent der Ein- bis Vierjährigen eine Adipositas vorliegt, steigt sie bei den Fünf- bis Neunjährigen auf 2,2 Prozent und bei den Zehn- bis Zwölfjährigen auf 3,7 Prozent.

Lydia Fries-Spöcker, Ernährungsberaterin bei der AOK Schwarzwald-Baar-Heuberg in Villingen, warnt. "Die Risiken des oft verharmlosten ›Babyspecks‹ seien nicht zu unterschätzen. Starkes Übergewicht schon im Jugendalter kann zu Bluthochdruck, Diabetes, Leberschäden, Stoffwechselstörungen oder Gelenkproblemen führen." Hinzu kämen massive seelische Probleme verbunden mit einem höheren Risiko für Mobbing.

Seit vielen Jahren berät die AOK-Expertin junge Menschen, die an Adipositas leiden. Gerade jetzt während der Corona-Krise greifen Groß und Klein vermehrt zu Süßigkeiten, da viele Menschen die meiste Zeit des Tages zu Hause verbringen. Laut Internationalem Süßwarenhandelsverband verzeichneten die Verkäufe von Süßwaren in den vergangenen Wochen ein zweistelliges Plus. "Zum vermehrten Naschen aus Langeweile oder Frust kommen der fehlende Sportunterricht und die eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten", gibt Fries-Spöcker zu bedenken.

Fünf Teelöffel Zucker pro Tag sind für Kinder in Ordnung

Kinder und Jugendliche mit Gewichtsproblemen benötigten während der Corona-Krise deshalb eine besonders intensive Unterstützung. "Gesunde Ernährung und Freude an Bewegung müssen einem Kind vorgelebt werden – am besten, die ganze Familie macht mit."

Zucker sei per se nicht schädlich. Zu viel Zucker führe jedoch zu Übergewicht. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt, die Zufuhr an freiem Zucker auf zehn Prozent der Gesamtenergiezufuhr zu beschränken, was bei einem Erwachsenen maximal 50 Gramm oder zehn Teelöffeln entspricht. Bei Kindern die Hälfte: 25 Gramm Zucker pro Tag.

Der tägliche Zuckerverbrauch in Deutschland beträgt jedoch durchschnittlich 90 Gramm pro Person – meist versteckt in Lebensmitteln wie Müsli, Fruchtjoghurt, Tiefkühlpizza, Säften oder Saucen