Ängstlich schaut dieser kleine Hund, ebenfalls einer der 15, die kein Sonnenlicht sahen. Foto: Tierheim

Veterinäramt befreit 15 Hunde in St. Georgen. Tierhalterin hat auch im Kreis Rottweil eine Müll-Wohnung hinterlassen.

St. Georgen/Rottweil - "Es war unbeschreiblich", sagt eine Augenzeugin aus dem Kreis Rottweil. "Die Hunde haben gewinselt und gejammert, es war Hochsommer, mir taten die Tiere so leid, dass ich geweint habe".

Die Frau, die nicht namentlich genannt werden möchte, wohnte in einer Gemeinde des Kreises Rottweil über der Hundehalterin, deren 15 Hunde vor wenigen Tagen in St. Georgen aus einem Berg von Kot, Urin und anderem Dreck befreit worden sind. Die meisten haben wohl noch nie das Tageslicht gesehen. Sie wurden aus einem Haus geholt, dessen Fenster zugeklebt waren und haben ihre Rettung wohl nur dem Zufall zu verdanken. Eine Passantin ging mit ihrem Hund "Gassi", hörte das Hundegebell, sah die zugeklebten Fenster und alarmierte den Tierschutzverein in St. Georgen. Möglicherweise ein besonders krasser Fall eines "Animal Hoarder". Davon sprechen Experten, wenn Menschen krankhaft Tiere horten.

Kreisveterinär Michael Langer und die Polizeibeamten, die an dem Haus in St. Georgen klingelten, mussten Schutzkleidung und Gummistiefel tragen. Obwohl die Frau und ihre Tiere offiziell dort erst seit vier Wochen wohnten, war der Dreck schon zentimeterhoch. Gar bis an die Decke reichten nach den Zeugenangaben Kot, Urin und Müll in der Wohnung im Kreis Rottweil, deren Besitzer nun vor einer völlig verwahrlosten und vermüllten Immobile steht. "Sie war Messie", sagt die ehemalige Nachbarin der Hundehalterin im Kreis Rottweil: "Sie hat nicht nur Tiere gesammelt, sondern auch Dreck."

Erst vor wenigen Tagen habe die Mieterin die Schlüssel zu ihrer Wohnung im Kreis Rottweil übergeben. Dann sah die Nachbarin, was die Ursache des bestialischen Gestankes war, der das ganze Haus in eine übel riechende Wolke gehüllt hatte: "So etwas habe ich noch nie gesehen. Es war wie im Fernsehen", erzählt sie: "Alles voller Hundekot und Dreck, bis zur Decke hoch. Ich weiß nicht, wie man in so einer Wohnung noch essen und schlafen kann." Als die Altenpflegerin im Jahr 2011 in die 100 Quadratmeter große Wohnung mit ihrer Tochter und deren Freund einzog, hatte die Familie drei Hunde. Diese vermehrten sich offenbar rasch, denn bereits ein Jahr später waren es sieben Tiere, Mischungen aus Jack Russel und Pinscher. "2012 haben wir zum ersten Mal gemerkt, dass etwas nicht stimmt", sagt die Augenzeugin.

Die Hundehalterin, ihre Tochter und deren Freund seien 12 bis 16 Stunden abwesend gewesen, die Hunde blieben in der Wohnung und jaulten. Sie rief die Polizei und alarmierte das Kreisveterinäramt in Rottweil. Die Beamten seien zusammen mit einer Tierärztin vor Ort gewesen, hätten geklingelt und seien dann, nachdem die Familie auch nach 22 Uhr nicht öffnete, unverrichteter Dinge abgezogen. "Es wurde gesagt, da könne man nichts machen, weil die Hunde nicht geschlagen und misshandelt wurden", erinnert sich die Augenzeugin.

Allerdings erhielt die Hundebesitzerin, die als "Frau von Ende 40" beschrieben wird, wohl die Auflage, mit den Tieren "Gassi" zu gehen. "Das ging dann zwei, drei Wochen gut", sagt die Nachbarin. Inzwischen waren aus sieben Hunden zwölf geworden. "Vom Ausmaß dessen, was in St. Georgen gefunden wurde, war ich schon überrascht", erklärte Jörg Hauser, Leiter des Kreisveterinäramtes in Rottweil. "Es ist doch erstaunlich, dass in vier Wochen eine Wohnung so verdreckt". Das Rottweiler Veterinäramt sei im Dezember 2013 mit der Polizei vor Ort gewesen. Hauser selbst war nicht dabei. "Vermutlich waren die Zustände nicht so, dass wir einschreiten mussten", sagt er. "Es könnte sein, dass die Tierhalterin uns einen Teil der Tiere vorenthalten hat."

Das macht auch für die Nachbarin Sinn. Ein Teil der Hunde könnte schon Anfang des Jahres nach St. Georgen gebracht worden sein. Dort waren sie dann wohl meistens sich selbst überlassen. Allerdings wurden die Tiere, die nun im Kreistierheim in Donaueschingen auf neue Besitzer warten, wohl gut gefüttert, ihr Gesundheitszustand ist so, dass sie bald vermittelt werden können. Ein neuer Wurf mit fünf Welpen ist dabei. "Das waren so richtig süße, knuddelige kleine Hunde", erinnert sich die Nachbarin im Kreis Rottweil.

In St. Georgen, wo gestern das Haus ausgeräumt und geputzt wurde, in dem die Hundehalterin gewohnt hatte, hieß es, dass die Frau schon früher aufgefallen war, als sie in einer Nachbargemeinde wohnte. "Und wissen Sie, was das Schlimmste ist?", sagt die Nachbarin: "Die haben auch Pferde. Die sollen irgendwo in St. Georgen stehen".

Wer sich für einen der Hunde interessiert und ihm ein neues Zuhause geben möchte, erhält weitere Informationen unter Telefon 0771/15 89 89 7. E-Mail: info@tierheim-donaueschingen.de 

Info: Animal Hoarding

Animal Hoarding kann mit Tiersammel-Sucht übersetzt werden. Es beschreibt ein Krankheitsbild, bei dem Menschen Tiere in einer großen Anzahl halten, sie aber nicht mehr angemessen versorgen. Es fehlt an Futter, Wasser, Hygiene, Pflege und tierärztlicher Betreuung. Die Halter erkennen nicht, dass es den Tieren in ihrer Obhut schlecht geht.