Fast schon verzweifelt gesucht: Lehrkräfte an Schulen für Behinderte. Foto: Monkey Business - adobe.stock.com

1000 Lehrerstunden nicht besetzt. Kritik an Einstellungspolitik. Gekürzte Betreuungszeiten für Eltern ein Problem.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Der Hilferuf ist angekommen, jedenfalls im Kreistagsausschuss für Bildung und Soziales. An den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ, ehemals Sonderschulen) herrscht gravierender Lehrermangel.

Sabine Rösner, die Leiterin des Staatlichen Schulamtes in Donaueschingen, informierte im Fachausschuss über die Situation. Derzeit können im Schulamtsbereich Schwarzwald-Baar und Rottweil 1000 Lehrerwochenstunden nicht besetzt werden. Zu den vier SBBZ in der Trägerschaft des Landkreises gehören die Carl-Orff-Schule und die Karl-Wacker-Schule mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, die Christy-Brown-Schule (körperliche und motorische Entwicklung) und die Klinikschule Bad Dürrheim für Kranke Kinder und Jugendliche.

Der Lehrerversorgungsgrad ist sehr unterschiedlich und reicht von 69 (Karl-Wacker-Schule Donaueschingen) bis 103 Prozent (Gustsav-Werner-Schule Rottweil). Durch das neue Schulgesetz haben Eltern ein qualifiziertes Wahlrecht, ihr Kind an einem SBBZ oder einer allgemeinen Schule anzumelden.

Entgegen der Prognose des Landes, haben sich dadurch an den hiesigen SBBZ keine sinkenden Schülerzahlen ergeben. Den benachteiligten Kindern und Jugendlichen soll ein höchst mögliches Maß an gesellschaftlicher Teilhabe und Integration ermöglicht werden mit dem Ziel, den Umgang mit sich selbst und anderen zu lernen sowie eine größtmögliche selbständige Lebensführung sowie Berufs- und Arbeitsmarktorientierung zu erreichen. Veränderungen in der Schülerschaft stellen zusätzliche Anforderungen. Dazu zählen vermehrte und verstärkte Verhaltensauffälligkeiten.

Eine zunehmende Zahl von autistischen Schülern (SuS), von SuS mit geistiger Behinderung, psychischen Indikationen sowie Kinder mit Migrationshintergrund benötigt spezielle Unterstützung. Bei einem prognostizierten Lehrerversorgungsgrad von 83,41 Prozent ist es offensichtlich, dass Angebote und Möglichkeiten der Schulen reduziert werden müssen, heißt es aus der Verwaltung. Für Schulleiterin Winkler von der Christy-Brown-Schule ist so "nur noch Betreuung – nicht mehr Unterricht möglich".

In der Diskussion wurde deutlich, dass der ländliche Raum für Lehrer wenig attraktiv und darum vom Lehrermangel besonders betroffen ist. "Die Situation ist noch viel schlimmer als gedacht", so Anton Knapp (SPD). Kritisiert wurde, dass Referendare zum Schuljahresende in die Arbeitslosigkeit entlassen werden, sich dann anders orientieren und zum neuen Schuljahr hier fehlen.

Maria Noce (CDU) machte zudem deutlich, dass Kürzungen der Schul- und Betreuungszeit berufstätigen Eltern besonders zu schaffen machen. Das staatliche Schulamt hat, so Amtsleiterin Rössner, bereits mit einem Maßnahmenpaket reagiert: Versetzungen und Abordnungen je nach Situation zwischen den SBBZ, Erhöhung von Teilzeitaufträgen, befristete Beschäftigung von Personen mit pädagogischer Qualifikation, Weiterbeschäftigung von Pensionären, Zusammenstellung von Lerngruppen mit individuellem Förderbedarf, Erhöhung des Klassenteilers und eine Kürzung der Stundentafel um eine Nachmittagsstunde.

Zudem will das Land die Lehramtsstudienplätze verdoppeln und ein neues Aufbaustudium Sonderpädagogik einrichten, Maßnahmen, die aber erst in fünf bis sechs Jahren greifen. Damit ist laut Verwaltung klar, dass die Lehrerversorgung an den SBBZ mittelfristig nicht ausreichen wird, um alle Schulklassen mit Fachlehrern zu versorgen und Angebote reduziert werden müssen. Kleine Lerngruppen mit individuellen Förderplänen im Blick auf Stärken und Schwächen der SuS können so immer mehr zur Ausnahme werden.

Fraktionsübergreifend war man sich einig, dass hier etwas geschehen muss und "Änderungen beim Land eingefordert werden müssen", so Walter Klumpp (FW). Der Vorschlag von Joachim Gwinner, der die Sitzung für den verhinderten Landrat leitete, dazu eine Resolution an das Land auf den Weg zu bringen, stieß auf Einverständnis. Zur letzten Kreistagssitzung am 15. Juli wird die Verwaltung einen Resolutionstext vorbereiten, der in Abstimmung mit dem Landkreis Rottweil den Ist-Zustand in der Region beschreibt und das Land auffordert, geeignete Maßnahmen gegen den Lehrermangel an den SBBZ zu ergreifen.