Die dritte Welle der Pandemie scheint auch im Schwarzwald-Baar-Klinikum Villingen-Schwenningen gebrochen. Dieser guten Nachricht steht jedoch die anhaltende Belastung der Mitarbeiter in Zeiten von Corona entgegen: Nach wie vor arbeiten sie unter Hochdruck und kämpfen um das Überleben der Covid-Patienten.
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Villingen-Schwenningen - Dass das Virus seit der Aufnahme des ersten Patienten am 4. März 2020 den Alltag in der Klinik prägt, alle vor große Herausforderungen stellt und die Mitarbeiter physisch wie psychisch bis heute an ihre Grenzen bringt, zog sich wie ein roter Faden durch die Jahresbilanz von Geschäftsführer Matthias Geiser, Matthias Henschen, Ärztlicher Direktor und Leiter des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin, sowie Sebastian Russo, Direktor der Klinik für Anästhesiologie, Intensiv-, Notfall- und Schmerzmedizin.
Bei allem Leid, mit dem das Team in den vergangenen Monaten konfrontiert war, so zeigten sich die drei beeindruckt, welcher Zusammenhalt unter den Mitarbeitern entstanden ist und wie sie gemeinsam durch die Krise gehen. 1203 Patienten habe das Klinikum seit dem Ausbruch der Pandemie stationär aufgenommen, darunter 33 Kinder, gab Geiser einen Einblick in die Statistik. 178 der behandelten Menschen seien gestorben. Den Höchststand an Patienten habe es während der zweiten Welle mit 106 Patienten gegeben, in der dritten Welle hätten sich Anfang Mai mit 77 Fällen die meisten Infizierten in Behandlung befunden. Aktuell seien 30 Patienten auf der Normalstation und 13 schwere Fälle auf der Intensivstation, von denen fünf Erkrankte intubiert seien.
Während in den ersten beiden Wellen der Altersdurchschnitt rund 68 Jahre betragen habe und viele der Betroffenen unter Nebenerkankungen gelitten hätten, liege der Durchschnitt inzwischen bei 57 Jahren, erklärte Henschen. Inzwischen seien verstärkt jüngere Leute auf die Aufnahme in der Klinik angewiesen.
Jeder fünfte Patient hat gegen das Virus verloren
Trotz der Bemühungen um jeden Patienten habe die Sterblichkeit in den ersten zwei Wellen bei 20 Prozent gelegen, jeder fünfte Patient habe also den Kampf gegen das Virus verloren. Da schneide das Schwarzwald-Baar-Klinkum im internationalen Vergleich etwas besser ab, betonte Henschen. Zum einen sei es gelungen, an besondere Medikamente heranzukommen, um gegen schwere Entzündungsreaktionen vorzugehen, und eine entsprechenden Studie in die Wege zu leiten. Zum anderen sei es wohl auf die Erfahrungen der Kollegen in der Pneumologie zurückzuführen, die schon früh begonnen hätten, die Patienten nicht invasiv zu beatmen, sondern sie mit anderen Mitteln beim Atmen zu unterstützen, ein Ansatz, der inzwischen verbreitet sei.
Die Verabreichung starker Schlafmittel sei bei der invasiven Beatmung ebenso ein großes Risiko wie die erhöhte Gefahr von Lungenentzündungen, verdeutlichte Russo. Bei einer Covid-Erkrankung könne das ganze Immunsystem verrückt spielen, Gefäße und Organe in Mitleidenschaft gezogen sein. In die interdisziplinäre Zusammenarbeit bringe jeder sein Fachwissen ein. Zudem sei ein Netzwerk der Intensivmedizinern in einem weiten Umkreis vom Bodensee bis nach Waldshut und Freiburg entstanden, die sich austauschen und sich im Notfall auch bei der Aufnahme von Patienten aushelfen. Bei aller Erfahrung, die im Umgang mit Covid-Patienten jetzt vorhanden sei, bleibe die Pflege ein hoher Aufwand, der das Personal besonders fordere und angesichts der vielen schweren Fälle belaste, stellte Russo fest. Und das seit Monaten. "Ein richtiges Tal hat es nie gegeben", beschrieb er die Situation. Es seien weniger, aber niemals keine Covid-Patienten im Klikum gewesen,
"Die schweren Verläufe scheinen tatsächlich verhindert"
Hoffnung mache ihm jetzt die Impfung: Derzeit sei kein Infizierter auf der Intensivstation, der schon den vollen Impfschutz habe, höchstens die erste Impfung. "Die schweren Verläufe scheinen tatsächlich verhindert", zog er einen Rückschluss.
Als ersten Erfolg wertete es Geiser, dass rund 56 Prozent der Mitarbeiter an den Impfaktionen des Klinikums teilnahmen. Und die Quote liege höher, da viele auch einen Termin in einem Impfzentrum wahrgenommen hätten. Dank des Krankenhausschutzschirms mit einer Freihaltepauschale für Betten für Covid-Patienten und der Pauschale für die Schaffung von Beatmungsplätzen schließe das Klinikum das Jahr 2020 wirtschaftlich vermutlich wieder ausgeglichen ab, zeigte sich Geiser erleichtert, dass ihm die finanziellen Sorgen durch die Corona-Krise genommen sind.
Rund fünf Millionen Euro investiert das Schwarzwald-Baar-Klinikum in die Erweiterung der Strahlentherapie. Der Aufsichtsrat habe beschlossen, einen weiteren Bunker zu bauen, informierte Geschäftsführer Matthias Geiser. Angesichts steigender Fallzahlen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des großen Einzugsgebiets der Onkologie sei die Abteilung an die Grenzen der Kapazität gestoßen. Ein weiteres großes Projekt, das die Klinik die nächsten drei bis fünf Jahre beschäftige, sei die Digitalisierung. Der Bund habe ein drei Milliarden schweres Förderprogramm aufgelegt, aus dem Geld nach Villingen-Schwenningen fließe. Zudem stelle das Land weitere Mittel bereit. Ein digitales Aufnahme- und Entlassmanagement, künstliche Intelligenz oder auch das Versenden der Informationsbriefe an die betreuenden Ärzte auf elektronischem Weg nannte Geiser einige Themen, die das Klinikum in den nächsten Jahren in Angriff nehmen will.