Gab es am Schwarzen Donnerstag bei Stuttgart 21 Verletzte oder nicht? Foto: dpa

Stuttgarts Ex-Polizeipräsident Siegfried Stumpf hat seine Aussage im Wasserwerfer-Prozess zwar verweigert, jedoch ist nun ein Protokoll von einer Vernehmung veröffentlicht worden.

Stuttgart - Stuttgarts Ex-Polizeichef Siegfried Stumpf will beim harten Einsatz gegen Stuttgart-21-Demonstranten im Jahr 2010 im Schlossgarten keine Verletzten gesehen haben. Von den weit mehr als 100 Verletzten habe er damals erst „in den Abendstunden“ gehört, nachdem die Gitterlinie der Polizei stand und der Park geräumt war. Das geht aus dem Protokoll der Vernehmung des ehemaligen Polizeipräsidenten bei der Staatsanwaltschaft vor zwei Jahren hervor, die am Mittwoch beim sogenannten Wasserwerferprozess gegen zwei Polizeiführer Thema war.

Stumpf selbst hatte seine Aussage im Prozess letzte Woche verweigert, weil gegen ihn in gleicher Sache noch Ermittlungen laufen. Um seine Meinung zum blutigen Polizeieinsatz am 30. September 2010 dennoch zu hören, vernahm das Gericht am Mittwoch den Staatsanwalt, der Stumpf im August 2012 befragt hatte. Stumpf war damals oberster Einsatzleiter. Bei dem Einsatz zur Räumung des Schlossgartens für das Bauprojekt Stuttgart 21 wurden durch Wasserwerfer, Schlagstöcke und Pfefferspray laut Innenministerium mehr als 160 Demonstranten und Polizisten verletzt.

Staatsanwalt Stefan Biehl schilderte Stumpfs Geschichte so: Als dieser an dem Tag erstmals im Park war, noch vor 12.00 Uhr, habe es für ihn - aus einer gewissen Entfernung - so ausgesehen, als habe sich die Polizei nach und nach gegen die Demonstranten durchsetzen können. „Völlig überraschend“ sei dann der Wunsch seiner Einsatzleiter gekommen, sogenannte Mittel des unmittelbaren Zwangs einsetzen zu dürfen. Was er erlauben ließ. Da sei er aber schon auf den Weg in eine Pressekonferenz des Innenministeriums im Landtag gewesen.

Stumpf sei jederzeit ansprechbar gewesen

Stumpf sei aber, so Diehl weiter, davon ausgegangen, dass vor einem Wasserwerfereinsatz nochmal eine Rückfrage bei ihm kommt. Auch während der Pressekonferenz habe er die Polizei geführt und sei jederzeit ansprechbar gewesen. Auch am Nachmittag, so gegen 14.30 Uhr, habe er bei einer zweiten Visite im Park einen „wenig harten Einsatz“ beobachtet. Die Demonstranten hätten sich ja noch mit Schirmen vor dem Wasser schützen können. Er habe Wasserregen beobachtet und keine harten Wasserstrahlen.

Von Filmen und Fotos von Schwerverletzen, die rasch im Internet kursierten, habe er nichts gewusst. Seinen Funkspruch, in dem er seine Leute darauf hinwies, ein Wasserwerfer müsse auch „Wirkung erzielen“, erklärte Stumpf mit der „Eigensicherung“ der Polizisten. Es sei „Konsequenz geboten“ gewesen.

Vor dem Landgericht verantworten müssen sich zwei Polizeiführer. Ihnen wird fahrlässiger Körperverletzung im Amt verantworten, weil sie nicht eingeschritten sind, als Demonstranten wieder und wieder vom harten Strahl der Wasserwerfer getroffen wurden und teils schwere Verletzungen davontrugen. Nebenkläger ist etwa der Rentner Dietrich Wagner, der sein Augenlicht nahezu komplett verlor.