Union und SPD versprechen Rentnern mehr Geld Foto: dpa

Die gesetzliche Altersvorsorge ist eigentlich zukunftsfest bis 2030. Doch nun drehen Union und SPD das Reformrad zurück

Berlin - Für ihre mutigen Reformen in der Rentenpolitik wurden die Deutschen in den vergangenen Jahren immer wieder von ausländischen Beobachtern gelobt. Das dürfte sich nun ändern, denn die schwarz-rote Koalition plant in Sachen gesetzlicher Altersvorsorge eine milliardenschwere Rolle rückwärts. Die Zeche werden die jüngeren Generationen zahlen, warnen Experten.

Mütterrente, abschlagsfreie Rente mit 63 Jahren, Lebensleistungsrente – mit ihren im Koalitionsvertrag gefeierten Wunschvorhaben stellen CDU, CSU und SPD sämtliche Reformen des vergangenen Jahrzehnts in Frage. Durch die um einen Nachhaltigkeitsfaktor (er bildet das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentenempfängern ab und dämpft die Rentenanpassungen) ergänzte Rentenformel und die schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre wurde die Rentenversicherung zukunftsfest gemacht – zumindest bis 2030. Werden beide Maßnahmen konsequent umgesetzt, steigen die Rentenbeiträge bis 2020 voraussichtlich nicht über 20 Prozent und bis 2030 nicht über 22 Prozent. Für die weniger werdenden jüngeren Beitragszahler, die noch jahrzehntelang das Umlagesystem mit mehr werdenden Rentnern zu finanzieren haben, scheint diese Belastung gerade noch erträglich.

Es war ein schmerzhafter, ja quälender Reformprozess, so weit zu kommen. Was ist in die Politik gefahren, dass sie dies nun mit wenigen Federstrichen wieder rückgängig machen will? Eine Erklärung geht so: Der Rentenversicherung geht es einfach zu gut. Die Kassen sind prall gefüllt, seit 2006 konnte das Rentensystem Jahr für Jahr Überschüsse ausweisen. Das war aber nicht so sehr den Reformen zu verdanken, die erst mit zeitlicher Verzögerung wirken, sondern vor allem dem deutschen Jobwunder, das viel Geld in die Sozialversicherungen spülte. Viel Geld aber weckt Begehrlichkeiten in der Politik. Und so kamen alle Parteien mit Ausnahme der FDP auf die Idee, teure Wahlgeschenke zu verteilen. Dabei wäre es nur zu gerecht, das Geld per Beitragssatzsenkung denen zurückzugeben, denen es gehört: den Beitragszahlern.

Gerade die Jüngeren unter ihnen müssen sich nun aber in den kommenden Jahren auf spürbar höhere Belastungen einstellen. Schon die Rentenaufstockung für Frauen, die vor 1992 ein Kind zu Welt gebracht haben, kostet jährlich 6,5 Milliarden Euro. „Allein dadurch würden die langfristigen Einspareffekte durch die Rente mit 67 hinfällig gemacht“, warnte jüngst Herbert Rische, Präsident der Deutschen Rentenversicherung Bund. Er verlangte „Augenmaß“ von den Parteien, andernfalls würden die „erzielten Stabilisierungserfolge“ aufs Spiel gesetzt.

Einen zusätzlichen Rentenpunkt sollen die Mütter erhalten, deren Kinder inzwischen längst erwachsen sind. Im Westen sind das etwa 28, im Osten 25 Euro pro Monat. Im Westen gäbe es also pro Kind 336 Euro mehr im Jahr. Das ist gutes Geld, aber es ist auch Geld, das mit der Gießkanne ausgeschüttet wird. Viele Frauen werden darauf nicht angewiesen. Wollte man ihnen dennoch etwas Gutes tun, sollte man für diese versicherungsfremde Leistung Steuermittel in die Hand nehmen. Dann müssten alle dafür bluten, nicht nur die Beitragszahler.