Heimatrevue "Blutsschwestern und Blutsbrüder" von Baal novo feiert in Nonnenweier Premiere
Eine erfolgreiche Uraufführung des Stücks "Blutsschwestern und Blutsbrüder" liegt hinter dem deutsch-französischen Theater-Ensemble Baal novo. Das Publikum in Nonnenweier belohnte die Schauspieler mit stehenden Ovationen.
Nonnenweier. Bereits zum dritten Mal war das Ensemble in Schwanau zu Gast. Nach zwei Aufführungen in der Wittenweierer Elzhalle zog es Baal novo in die Natur: Auf dem Gelände des Diakonissenhauses wurde in malerischer Umgebung das Stück "Blutsschwestern und Blutsbrüder" uraufgeführt. Zahlreiche Besucher fanden sich ein, um die Heimatrevue zu verfolgen. Angesichts der doch kühlen Temperaturen und leichtem Wind waren wärmende Decken das Accessoire des Abends.
Das von Edzard Schoppmann verfasste Stück beleuchtet die wohl dunkelste Zeit in der deutschen Geschichte. Es geht um vier Kinder, die in der Nachkriegszeit zu Jugendlichen heranwachsen und mit den Problemen dieser Jahre und ihren Erinnerungen zu kämpfen haben. Trotz des ernsten Themas gibt es aber auch humorvolle Szenen, die das Publikum herzhaft lachen ließen. Insbesondere jene, die diese Zeit selbst miterlebt haben, kommentierten das Gezeigte immer wieder leise: "Das war damals alles so."
Das Theaterstück beginnt mit der Erzählung aus Marthes (Marie Wuillème) Sicht. Ihre erste Erinnerung ist ihr vierter Geburtstag am 20. April 1943. Doch wirklich im Fokus steht nicht ihr Ehrentag, sondern der von Adolf Hitler – was das junge Mädchen damals einfach nicht verstehen will. "Heute ist mein Geburtstag", ruft Marthe immer wieder.
Im selben Haus leben auch ihre Freunde Franz (Benjamin Wendel) und Hannah (Sylvie Kristin Reimer) mit ihren Familien. Besonders der Vater von Franz, der Gauleiter Wolf, ist Marthe suspekt. "Rübezahl", wie sie ihn nennt, hat jedoch eine Vorliebe für ihre Mutter – und irgendwann wird auch Brüderchen Rudi geboren, der später ebenfalls zu der Jugendclique gehört.
Franz soll schon früh von seinem Vater das Schießen lernen. Besonders einschneidend ist sein Erlebnis, als er den französischen Arbeiter Jean erschießen will, das Radio aber verkündet, dass der Krieg vorbei sei. Für ihn ist dieser jedoch noch lange nicht beendet – und so richtet er die Waffe auf Jean, doch die Kugel erfüllt nicht den von ihm erhofften Zweck.
Nach dem Krieg beschließen die Kinder, Blutsbrüder und Blutsschwestern zu werden. Fortan spielen die Kinder unbeschwert ihre Streiche, für die sie das ein oder andere Mal "im Knast" landen, nämlich Hausarrest bekommen. Im Laufe des Stücks werden die unbeschwerten Kinder Jugendliche, die die damalige Zeit auf ihre eigene Art kennenlernen. Schlagermusik, Plattenspieler, eine Isetta. Die Mädels tragen Pettycoats und lernen mit den Jungen Rock ’n’ Roll. Gerade diese Tanzversuche der Schauspieler entlockten den Zuschauern herzhafte Lacher.
Auch ein Liebesdrama darf in dem Stück nicht fehlen. Aus der Jugendliebelei zwischen Marthe und Franz wird eine Ehe zwischen Franz und Hannah – Marthe heiratet einen Kanadier und wandert aus. Und der kleine Bruder Rudi schwärmt für die Referendarin Claudine Sommer. Nach einigen Differenzen trifft sich die Clique immer wieder, die Streitereien und Reibereien scheinen vergessen.
Mit minutenlangem Applaus und stehenden Ovationen wurden die Schauspieler für ihre Bühnenpräsentation belohnt. "Geschichten für das Nichtvergessen" lautet das Thema der Heimatrevue von Schoppmann. Deren Umsetzung ist laut der Zeitzeugen im Publikum absolut gelungen. Sylvie Kristin Reimer (Hannah) war sichtbar erleichtert angesichts der gelungenen Uraufführung, ebenso die anderen Schauspieler. Und auch Bürgermeister Wolfgang Brucker zeigte sich begeistert von der Aufführung. Bei der Vorstellung des Stücks habe er es sich komplett anders vorgestellt und sei nun positiv überrascht worden. Er freue sich auf weitere Aufführungen des Theaterensembles in Schwanau: "Gerne wieder", sagte das Gemeindeoberhaupt zufrieden.
INFO
Entstehung und weitere Termine
Rund ein Jahr hat Regisseur Edzard Schoppmann am Theaterstück gearbeitet. Die Reise führte durch die ganze Ortenau, wo Zeitzeugen befragt wurden, um Einblicke in die Geschichte zu gewinnen. Das Stück wurde vom Land Baden-Württemberg mit dem Innovationsfonds Kunst gefördert. Nach dem zweiten Termin am Sonntag in Durbach stehen neun weitere Aufführungen in der Ortenau auf dem Spielplan:
> Hausach: Freitag, 23. Juni, 20 Uhr, Klosterplatz
> Lauf: Samstag, 8. Juli, 20 Uhr, am Rathaus
> Lahr: Donnerstag, 13. Juli, 20 Uhr, Schlachthof
> Offenburg: Freitag, 14. Juli, 20 Uhr, an der Reithalle
> Altenheim: Samstag, 15. Juli, 19 Uhr, am Rathaus
> Nußbach: Donnerstag, 20. Juli, 20 Uhr Hofladen Busam
> Berghaupten: Freitag, 21. Juli, 20 Uhr, Rathausplatz
> Ettenheim: Freitag, 28. Juli, 20 Uhr, am städtischen Gymnasium
> Zell am Harmersbach: Freitag, 4. August, 20 Uhr, Kanzleiplatz