Eine Mobilitätsstation steht bereits am Offenburger Bahnhof. Bürger können dort sowohl ein Auto als auch Fahrräder nutzen. Die Marke "Einfach Mobil" soll sich in der gesamten Ortenau etablieren. Foto: Mathias Kassel/Stadt Offenburg

Weg vom Auto, hin zur erhöhten Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und damit etwas fürs Klima tun – das will man in Schwanau. Die Gemeinde ist nun Mitglied des Mobilitätsnetzwerks Ortenau, einige Räte stehen diesem jedoch kritisch gegenüber.

Schwanau - "Um den Klimaschutzzielen näherzukommen, bedarf es in Zukunft verstärkter Anstrengungen. Dabei muss unter anderem das Thema Verkehr eine größere Rolle spielen", stieg Bürgermeister Wolfgang Brucker am Montagabend in den Tagesordnungspunkt "Mobilitätsnetzwerk Ortenau" ein. Gerade die Kommunen im ländlichen Raum stünden vor der Herausforderung, die Mobilitätswende zu gestalten.

"Mobilität bewegt sich über Gemeindegrenzen hinaus – da ganz viele Kommunen mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben, ist es sinnvoll, Mobilität regional zu betrachten", erklärte Sarah Berberich, Projektleiterin des Mobilitätsnetzwerks Ortenau. Seit rund drei Jahren betreut sie das Netzwerk, in dem mittlerweile mehr als zehn Kommunen – darunter auch Neuried und Friesenheim – Mitglied sind. Angegangen werden sollen die gemeinsame Ziele: Mobilitätsstationen realisieren, den Radverkehr ausbauen und die digitale Vernetzung. Dabei hätte die Städte und Gemeinden gemeinsam mit Projektpartnern die Möglichkeit, die Rahmenbedingungen der Mobilität aktiv zu gestalten.

Bundesweit sei es das erste Mobilitätsnetzwerk, das vom Bund Förderungen bis Ende Juli 2022 erhalte. Eine Folgeförderung von 60 Prozent sei bereits beantragt. Die Mitgliedsgemeinden haben – je nach Größe – einen jährlichen Betrag zwischen 6550 und 10 550 Euro zu bezahlen – für Schwanau wären es 6550 Euro. Des Weiteren sind für die Analyse der potenziellen Stationsstandorte einmalig 3500 Euro erforderlich. Um die bis zum tatsächlichen Beitritt in das Mobilitätsnetzwerk notwendige Mitbetreuung gewährleisten und den Beitritt vorbereiten zu können, bedarf es weiterer einmaliger Kosten von 3000 Euro, so die Projektleiterin.

"Je mehr Kommunen beitreten, desto besser", sagt Berberich. Die Ortenau würde sich für solch ein Netzwerk ideal eignen. Angestrebt sei ein schrittweises Wachstum des Netzwerks, das an der räumlichen Nähe der Kommunen zueinander orientiert ist. Daraus soll die Umsetzung von weiteren Mobilitätsangeboten realisiert werden – unter anderem durch Carsharing oder Fahrradverleih-Stationen.

"Planungen schön und gut. Aber wer betreibt das alles, wer ist vor Ort?", wollte Günter Walter (FW) wissen. Das sei das große "To do" auf der Liste des Netzwerks. "In Offenburg übernehmen dies derzeit die Technischen Betriebe. Wir haben aber auch bereits die SWEG als Interessentin, die Dienste übernehmen wollen würde", erklärte Berberich. Allerdings gehe es erst einmal darum, die Kosten für die Dienste auszuklügeln. "Wenn ich mir vorstelle, dass unser Bauhof abends durch die Dörfer fahren muss und damit beschäftigt ist, die Räder wieder an die ursprünglichen Stationen zu fahren, dann geht für mich der ökologische Effekt, der damit bezweckt werden sollte, ganz klar verloren", warf Hartmut Lässle (Liste Hartmut Lässle) ein. Außerdem sehe er dieses Vorhaben als "Kür" – "wir sollten uns doch aber erst einmal mit der Pflichtaufgabe beschäftigen". Dies konnte Bürgermeister Brucker so nicht stehen lassen und bezog klare Stellung zum Thema Mobilitätswende: "Es gilt hier auch einfach umzudenken. Es ist im ländlichen Raum sinnlos, gar ein Wahnsinn, im Halbstunden-Takt leere Busse durch die Dörfer fahren zu lassen. Ich sehe die Notwendigkeit, dem Netzwerk beizutreten, denn nur so macht das Netzwerk auch Sinn. Und das Mobilitätsnetzwerk passt gut zu unseren Überlegungen, die wir bislang hatten."

Während sich Dagmar Frenk (SPD) ebenfalls für den Beitritt aussprach, gab es erneut kritische Worte von Walter: "Für mich ist so ein Netzwerk großstadttauglich, im Ländlichen sehe ich es allerdings problematisch. Und ich habe ein Problem damit, dass der Staat sich damit um die Mobilität Einzelner kümmert. Außerdem hört man immer nur noch ›Förderung‹ – was soll der Staat denn noch alles fördern?" Mobilitätswandel koste nun mal Geld, warf Brucker ein. Im ländlichen Raum könne man nur mit einem "möglichst großen Mix aus Angeboten", vorankommen. "Es soll eine Ergänzung zum ÖPNV geschaffen werden", fügte Berberich an.

Letztlich entschied sich der Schwanauer Gemeinderat bei einer Gegenstimme (Walter) mehrheitlich für den Beitritt in das Mobilitätsnetzwerk.

Das Mobilitätsnetzwerk Ortenau erhält vom Kreis Rückenwind – dieser will als Betreiber der Mobilitäts-App, dass damit möglichst alle regionalen Angebote gebündelt werden. Auch der Ticketkauf und weitere Angebote im Tourismus- und Freizeitbereich sollen über die App ersichtlich sein. "2022 und 2023 kommt es zu den ersten Testungen", sagt Projektleiterin Sarah Berberich. Weitere Infos gibt es unter www.mobilitaetsnetzwerk-ortenau.de