Die Dorfmusik sorgte von einem Anhänger aus für Unterhaltung. Links: Klaus Dölker als Dorfschütz. Foto: Günther

Die fast vergessene Tradition, sich nach getaner Arbeit mit den Nachbarn auf dem Bänkle vor dem Haus zum Schwätzchen zu treffen, lebt in Dietersweiler wieder auf

Freudenstadt-Dietersweiler - Wie die im Vergleich zum Vorjahr nochmals deutlich gestiegenen Teilnehmerzahlen bewiesen, war die Anregung des Museumsvereins, sich "am Freitagabend mit Nachbarn, Freunden und allen, die dazu kommen wollen, zusammen auf ein Bänkle vors Haus zu setzten, um bei einem Glas Most oder Bier den Tag ausklingen zu lassen" auf fruchtbaren Boden gefallen. Ab 18 Uhr bildeten sich so – über die gesamte Ortschaft verteilt – 64 kleine Nachbarschaftsfeste. Dabei hatten sich, so berichtete Verena Braun, Vorsitzende des Museumsvereins, erfreut, neben vielen alteingesessenen Familien auch viele neu Zugezogene angemeldet.

Beim Rundgang durch den Ort waren kleine und große Festplätze in allen Varianten zu sehen – vom lauschigen Zweierbänkle unterm Apfelbaum, an dem es sich ein betagtes Ehepaar mit einem Fläschchen Sekt gemütlich gemacht hatte, über aufgestellte Liegestühle und Sessel oder liebevoll dekorierte Gartenlauben bis zur großen Bänklesansammlung der "Spechtekurv‘", bei der die Nachbarn kulinarisch alles aufgefahren hatten, was die Küchen zu bieten hatten, dazu kam noch ein eigenes musikalisches Begleitprogramm.

Dabei erstreckte sich das dezentrale Dorffest über den gesamten Ort, angefangen vom ersten Bänkletreff am Dorfmuseum bis zur Bänklesgemeinschaft am Sportplatz. Trotz aller Verschiedenheit einigte gute Laune alle Bänklesgemeinschaften. Groß war die Bandbreite der Speisen, die an den einzelnen Stationen aufgetischt wurden. Neben Salzkuchen, Zwiebelberda, Pizzen, Maultaschen mit Kartoffelsalat, Käsestangen, Grillwürsten oder Fleischküchle wurden auch Flachswickel und Ofenschlupfer verkostet.

Maultaschen auf dem "Rathausbänkle"

Neu dazu gekommen war in diesem Jahr das "Rathausbänkle". Dort hatte Ortsvorsteher Joachim Auer Ortschaftsrat und Verwaltung zu Maultaschen mit Kartoffelsalat eingeladen – ist doch für Auer der Bänklestreff "die Kultveranstaltung in Dietersweiler". Gerade in Coronazeiten sei doch alles, "was das Museum macht, für Dietersweiler ganz wichtig und eine große Bereicherung", so Auer.

Dass neben dem gemütlichen Zusammenhocken auch das leibliche Wohl nicht zu kurz kommen darf, stellte Klaus Dölker in seiner Paraderolle als Dietersweiler Dorfschütz klar: "M‘r dürfet wieder zusammahocka, ond an Moscht ond a Bier neidrucka", gab er bekannt. Dölker, eigenem Bekunden nach "dienstältester Schütz im Landkreis", hat vor vielen Jahren sein Ehrenamt von Karl Beilharz, dem letzten offiziellen Dorfschützen Dietersweilers, übernommen. Seither bereichert er in der historischen Figur des Dorfschützen mit seinen gereimten, humorvollen Ansprachen viele Veranstaltungen – und Bänklesgemeinschaften.

Vereinsvorsitzende Verena Braun bereicherte dagegen das Speisenangebot der 64 Bänklesgemeinschaften mit einem vom Museumsverein gestifteten Ring Schwarzwurst – coronakonform mit einer langen Stange überreicht. Überhaupt hatte der Veranstalter mit großen Anstrengungen ein sicheres Hygienekonzept erarbeitet. Wie immer sorgte die von einem Traktoranhänger aus zünftig aufspielende Dorfmusik Dietersweiler für musikalische Unterhaltung. Wobei Dölker – ganz pflichtbewusster Dorfschütz – die Musiker mit seinem "S‘pressiert, spielet net alle Vers‘, mir müsset no 49 Bänkle anfahre" die Truppe häufig zur Eile antreiben musste.

Siegfried Schuler, der als Mitbegründer des Museumsvereins gleich am Museum das erste Nachbarschaftsbänkle der Strecke organisiert hatte, lobte derweil: "Das mit dem Bänklestag ist eine wunderschöne Idee. Das gibt den Anstoß, dass die Leute mal wieder auf den Bänkle zusammenkommen. Unglaublich, wie das in Dietersweiler funktioniert, vor allem auch der Zusammenhalt." Auch Stefan Bauer, zweiter Vorsitzender des Museumsvereins, ist der Zusammenhalt im Dorf wichtig. War es doch sein Vater Bernd, der die Idee mit diesem Bänklestag aus dem Allgäu mit nach Dietersweiler gebracht hatte.