Der designierte STB-Präsident Wolfgang Drexler spricht im Interview über seine Leistungen im Schulturnen und die neue Herausforderung im Verband.
Stuttgart – Auf dem Schwäbischen Turntag soll Wolfgang Drexler an diesem Samstag zum Präsidenten des Schwäbischen Turnerbundes (STB) gewählt werden. „Ich freue mich riesig auf die neue Herausforderung“, sagt der designierte Nachfolger von Rainer Brechtken.
Herr Drexler, wann haben Sie zum letzten Mal geturnt?
(Lacht) Das ist schon lange her. Das war noch in meiner Schulzeit. Unser Sportlehrer war Kurt Knirsch (ehemaliger Nationalturner und Ex-Vizepräsident für Leistungssport im STB, d. Red.), deshalb haben wir im Unterricht sehr viel geturnt. Privat habe ich mich aber dem Handball und dem Fußball gewidmet. Und ich hoffe ehrlich gesagt, Kurt Knirsch erzählt beim STB niemandem, wie ich mich damals im Turnen angestellt habe.
Der scheidende Präsident Rainer Brechtken konnte auch nicht besonders gut turnen. Er hat aber bewiesen, dass man trotzdem als Verbandschef erfolgreich sein kann. Ein besseres Vorbild kann es nicht geben, oder?
Er hat das phänomenal gemacht. Er hat sehr viel Ahnung von der Materie. Das hat er sich alles angeeignet. Und das ist bewundernswert.
Wolfgang Drexler. dpa
Wie sehen Sie den Stellenwert des Turnens in Deutschland?
Außer den Highlights, wie den Olympischen Spielen, bekommt man leider recht wenig mit vom Turnen. Ich habe mir vor kurzem, quasi zur Einstimmung auf mein Amt, ein Training und einen Ligawettkampf beim TSV Berkheim angeschaut – und war schwer beeindruckt, was diese jungen Mädchen für Leistungen erbringen. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir den Turnsport noch präsenter in den Medien machen können.
Das wäre doch eine Aufgabe für den STB-Präsidenten. Am Samstag sollen Sie auf dem Schwäbischen Turntag in dieses Amt gewählt werden. Wie kam es dazu?
Ich war selbst überrascht, als ich angerufen und von der Findungskommission eingeladen wurde. Ich habe mir alles angehört und mir die zeitliche Belastung für dieses Ehrenamt aufzeigen lassen. Nach zwei Tagen kam ich zu der Entscheidung: Das geht nicht. Ich hatte das sehr bedauert, weil der STB sehr gut aufgestellt ist.
Nun geht es aber doch.
Rainer Brechtken hat mich einige Zeit später noch mal angerufen. Das Präsidium hatte beschlossen, mich nochmals zu fragen. Also habe ich mich hingesetzt und überlegt, wie ich es zeitlich schaffen könnte. Ich habe nach reichlicher Überlegung und vielen Gesprächen eine Lösung gefunden und gesagt: Ich kandidiere. Jetzt freue ich mich riesig auf die neue Herausforderung.
Als Stadtrat, Kreisrat, Landtagsabgeordneter und Vizepräsident des Landtags haben Sie viel zu tun. Wie schaffen Sie sich nun Zeit für Ihr künftiges Ehrenamt?
Ich bin derzeit in zwei Ausschüssen im Landtag (Verkehrs-/Infrastruktur- und Europaausschuss , d. Red.) und werde wohl einen davon abgeben. Ich möchte mir die Zeit für den STB nehmen, weil ich kein Präsident sein will, den die Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle nur vom Telefon her kennen. Ich will versuchen, jede Woche mindestens einmal dort aufzutauchen. Das ist wichtig für die Kommunikation.
„Viele sehen in der Ganztagsbetreuung eine Bedrohung für die Vereine“
Was reizt Sie an der Aufgabe beim STB?
Je mehr ich mich einarbeite, desto mehr steigt die Vorfreude. Der STB hat als größter Sportfachverband in Baden-Württemberg mit 682.000 Mitgliedern ja vor allem eine gesellschaftspolitische Aufgabe. Es geht darum, die Bewegung von Kindern schon im Kindergarten und der Grundschule zu fördern und im Zuge der demografischen Entwicklung dafür zu sorgen, dass unsere Bevölkerung gesund älter werden kann. Das sind Punkte, die auch in der Politik brandaktuell sind. Insofern gibt es viele Berührungspunkte.
Was sind Ihre Ziele?
Viele sehen in der Ganztagsbetreuung eine Bedrohung für die Vereine. Ich sehe sie als Herausforderung. Wir müssen die Vereine in die Lage versetzen, mit qualifiziertem Personal und in unterschiedlichen Modellen in Schulen und Kindergärten zu gehen. Das ist unsere Aufgabe. Hier müssen wir mit der Politik Hand in Hand arbeiten.
Sie als Politiker haben – wie Rainer Brechtken bislang auch – die besten Beziehungen hierfür.
Ich denke, deswegen ist die Findungskommission auf mich gekommen. Man muss als Verbandspräsident sehr gut vernetzt sein. Die Politik kann und darf die Augen nicht verschließen vor Kindern, denen motorische Grundfähigkeiten fehlen. Wir wollen doch alle nicht, dass unsere Kinder mit zwölf, dreizehn Jahren schon unter Rückenproblemen leiden, so wie es heute schon bei zehn Prozent der Fall ist. Das kann der Politik nicht egal sein, und in solchen Punkten müssen wir zusammenarbeiten.
Rainer Brechtken hat in seiner 18-jährigen Amtszeit viel erreicht. Er prophezeite bereits, dass Sie es in Zukunft schwerer haben werden – auch was öffentliche Gelder anbelangt.
Ich weiß genau, was auf mich zukommen wird. Der Solidarpakt läuft 2014 aus, dann kommt auch noch die Schuldenbremse. Es wird nicht einfach, aber das macht es auch reizvoll.
Der STB ist in Sachen Spitzensport führend in Deutschland. Zuletzt sorgte Marcel Nguyen, der im Kunstturnforum trainiert, mit olympischem Doppelsilber für Aufsehen. Wie wichtig sind solche Erfolge für Ihre künftige Arbeit?
Die Balance zu finden zwischen Spitzen- und Breitensport ist ein interessanter Aspekt. Der STB braucht den Spitzensport für die öffentliche Wahrnehmung. Wer an Turnen denkt, denkt zuerst an solche Erfolge. Aber der Breiten- und Gesundheitssport ist und bleibt die Basis.