Kurz vor Schulbeginn fehlen noch immer viele Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen in der Region. Eine baldige Entspannung der Situation ist nicht in Sicht. Wir klären auf, in welchen Landkreisen die meisten Stellen unbesetzt bleiben.
Auch wenn im kommenden Schuljahr insgesamt weniger Lehrer fehlen als im Vorjahr, bleiben nach den Sommerferien weiterhin viele Stellen unbesetzt. Insbesondere der ländliche Raum ist vom Lehrermangel stark betroffen. Nur im einem Landkreis konnten fast alle vakanten Stellen besetzt werden.
Warum eine baldige Entspannung des Lehrermangels in der Region nicht zu erwarten ist, erklärt Simone Höhn, Sprecherin des Kultusministeriums: Die Gründe für den Mangel an Lehrern seien vielschichtig, insbesondere aber durch den demografischen Wandel zu begründen.
Der aktuelle Mangel sei vor allem auf den starken Anstieg der Schülerzahlen zurückzuführen. Zum „demografisch bedingten und planbaren Aufwuchs“ hinzu kommt laut der Sprecherin eine nicht absehbare Zahl an Geflüchteten aus der Ukraine und aus anderen Ländern.
Zahl der Grundschüler steigt um rund 15 000
„Mit mehr als 50 000 geflüchteten Schülerinnen und Schülern an den Schulen in Baden-Württemberg ist die Zahl der geflüchteten Schülerinnen und Schülern so hoch wie noch nie“, sagt Höhn. Die Grundschülerzahlen werden im kommenden Jahr einen historischen Aufwuchs erfahren und um rund 15 000 steigen. Doch nicht nur an den Grundschulen, auch an den weiterführenden Schulen steigen die Schülerzahlen im kommenden Schuljahr.
„Der Fachkräftemarkt generell und damit auch die Lehrkräfteversorgung in Baden-Württemberg ist grundsätzlich angespannt“, sagt Höhn. Einen sehr großen Bedarf an Lehrkräften sei insbesondere im Bereich der Sonderpädagogik, aber auch im Bereich der Sekundarstufe 1 und der Grundschule vorhanden.
Für alle drei Schulformen sei die Anzahl der Studienplätze in den vergangenen Jahren erhöht worden. Im Lehramt Grundschule wurden die Studienkapazitäten seit dem Jahr 2016 um rund 700 Plätze von 970 auf 1672 Plätze erhöht. Das Kultusministerium gibt sich zuversichtlich: „Hier zeigen sich die Erhöhungen der Studienplätze bereits in den Einstellungszahlen“, so die Sprecherin. Erstmal konnten landesweit für das beginnende Schuljahr wieder mehr als 1000 Grundschullehrkräfte eingestellt werden.
Diesen angestiegenen Bedarf mit Neueinstellungen zu decken, klappt nicht überall in der Region. Grundsätzlich sei der ländlichere Raum am stärksten von einem Missverhältnis zwischen angebotenen Stellen und Bewerbungen betroffen – insbesondere an den Grundschulen.
47 vakante Stellen im Schwarzwald-Baar-Kreis
Besonders hart trifft der Lehrermangel den Schwarzwald-Baar-Kreis. Das Regierungspräsidium Freiburg gibt auf Anfrage unserer Redaktion Auskunft über die konkreten Zahlen: Im Schwarzwald-Baar-Kreis bleiben zum Schulstart insgesamt 47 Stellen vakant – 15 davon in den Grundschulen, 20 in der Sekundarstufe 1.
Im Kreis Rottweil sind zu Beginn des Schuljahres insgesamt 26 Stellen unbesetzt. Auch hier ist der Bedarf an den Grundschulen und der Sekundarstufe 1 am größten. Insgesamt sind acht Lehrstellen in den Grundschulen offen, in der Sekundarstufe 1 sind es zehn offene Stellen.
Wenig Bewerber wollen Wohnort wechseln
Im Regierungsbezirk Karlsruhe sind insgesamt zwar ausreichend Lehrkräfte vorhanden – in den Landkreisen Calw und Freudenstadt konnten offene Stellen aber trotzdem nicht vollständig besetzt werden. Grund dafür sei häufig die mangelnde räumliche Mobilität der Bewerber. Viele angehende Lehrkräfte seien nur sehr eingeschränkt bereit, ihre Wohnorte zugunsten einer unbefristeten Anstellung zu verlassen und nehmen lieber befristete Einstellungsangebote im Raum Heidelberg oder Karlsruhe an. Damit seien hier Stellen offen geblieben, die über andere Maßnahmen teilweise auch nur vorübergehend geschlossen werden konnten.
Im Kreis Freudenstadt bleiben zum Schulstart insgesamt 51 unbefristete Stellen offen, für die sich keine ausgebildeten Lehrkräfte beworben haben. Im Kreis Calw fehlen 47 ausgebildete Lehrkräfte.
Zahl der Krankheitsfälle steigt täglich
Viele dieser Stellen konnten laut einer Sprecherin des Regierungspräsidiums jedoch mit befristeten Verträgen besetzt werden. So bleiben für das kommende Schuljahr in Freudenstadt lediglich 11 Stellen offen, im Kreis Calw sind es 18 vakante Stellen. Zusätzlich werde in den Landkreisen nach Krankheitsvertretungen gesucht. „Die Schulleitungen melden derzeit täglich neue Ausfälle, sodass hier mit steigendem Bedarf gerechnet werden muss“, sagt die Sprecherin.
Vor dem Problem der mangelnden räumlichen Mobilität der Bewerber stehen auch die Schulen im Zollernalbkreis: Während die Regionen am Bodensee und Tübingen bei den Bewerbern weiterhin beliebt sind, werde es im Zollernalbkreis „zunehmend schwieriger, die Schulen ausreichend mit Lehrkräften zu versorgen“. Eine genaue Zahl, wie viele offene Lehrerstelle es im Zollernalbkreis gibt, konnte das Regierungspräsidium Tübingen auf Anfrage unserer Redaktion bis Redaktionsschluss nicht mitteilen.
Ortenaukreis ist gut aufgestellt
Auch im Kreis Lörrach könnte es im neuen Schuljahr zu Unterrichtsausfällen kommen: Insgesamt 29 Stellen bleiben hier unbesetzt – 20 dieser vakanten Stellen sind an den Grundschulen und in der Sekundarstufe 1.
Im Ortenaukreis ist das Verhältnis zwischen Stellen und Bewerbungen hingegen fast ausgeglichen: An den Grundschulen und Gymnasien konnten durch Neueinstellungen alle vakanten Stellen besetzt werden – nur an den Berufsschulen bleiben weiterhin drei Stellen unbesetzt.
Mehr Schulanfänger als im vergangenen Jahr
Im Schuljahr 2023/24
werden in Baden-Württemberg mehr Erstklässler eingeschult als im vergangenen Schuljahr. Wie das statistische Bundesamt mitteilte, dürfen Schätzungen zufolge 111200 Schulanfänger in der kommenden Woche ihren ersten Schultag haben. Im vergangenen Jahr waren es den Angaben zufolge gut 104 000 Schüler.
Die große Mehrheit
der Kinder, rund 105 000, werden ihre Schullaufbahn laut den Statistikern an einer Grundschule beginnen. An den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) im Land werden insgesamt rund 4500 Kinder erwartet. Weitere rund 1900 Erstklässler werden an den Waldorfschulen eingeschult.