Erschreckende Zahlen über die Handynutzung hat Schulsozialarbeiterin Annica Lederer im Gemeinderat Meßstetten vorgelegt – und erklärt, was sie dagegen tut. Foto: Karina Eyrich

Schon junge Schüler sind mit Süchten konfrontiert. Die gute Nachricht: Annica Lederer, Schulsozialarbeiterin an der Realschule, tut viel dagegen – und zwar mit Erfolg.

Spannend war eine Auswertung über das Smartphone-Nutzungsverhalten von Jugendlichen, die Annica Lederer vom Team des Diasporahauses Bietenhausen in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats vorgelegt hat. Sie ist Schulsozialarbeiterin an der Realschule Meßstetten.

 

Laut dieser Erhebung haben 21 von 23 Fünftklässlern ein Handy – und nur bei zweien kontrollieren die Eltern von Zeit zu Zeit, was ihre Kinder damit anfangen. Die Zahlen zur Bildschirmzeit riefen ein Raunen im Gremium hervor: Drei Fünftklässler verbringen zwei bis vier Stunden pro Schultag – in den Ferien und an Wochenenden vier Jugendliche – mit dem Handy. Vier bis sechs Stunden pro Tag nutzen es vier Schüler, an freien Tagen drei. Sechs bis zehn Stunden verbringen neun Schüler täglich vor dem Smartphone – an freien Tagen sind es vier. Und zehn Stunden oder mehr haben vier Schüler als Bildschirmnutzungszeit angegeben – an freien Tagen bringen neun Fünftklässler zehn und mehr Stunden mit dem Handy in der Hand zu.

Erfragt hat Annica Lederer auch, welche Apps die Schüler nutzen, wobei sogenannte Soziale Medien wie Instagram und TikTok eine Hauptrolle spielen, aber auch Youtube, Snapchat und die Bundesliga-App spielen eine wichtige Rolle. „Ich habe die Kinder auch aufschreiben lassen, was sie an diesen Apps fasziniert“, berichtete Lederer und nannte ihr Fazit: Der Spaß steche das Bewusstsein, dass Suchtgefahr drohe oder Gewalt verherrlicht werde.

Ein Fachmann ist mit an Bord

Über solche Gefahren klärt die Schulsozialarbeiterin zusammen mit einem Fachmann vom Kreismedienzentrum an regelmäßigen Elternabenden, zusammen mit dem Gymnasium, auf.

50 Wochenstunden stehen Annica Lederer seit Mai 2023 für Schulsozialarbeit an der Realschule zur Verfügung. Sie nutzt sie vor allem für Angebote zur Prävention, Beratung, Einzelfallhilfe und Krisenintervention. Dabei berät sie nicht nur Schüler und vermittelt Hilfsangebote, sondern auch Eltern, um deren Erziehungskompetenz zu stärken. Bei Bedarf macht Lederer sogar Hausbesuche, vermittelt zwischen Eltern und Kindern und ist dabei, wenn die Eltern Gespräche an der Schule führen.

Auch Lehrkräfte brauchen zuweilen Unterstützung

An der Schule berät sie außerdem Lehrkräfte, vermittelt zwischen Schülern und Lehrern, nimmt an Klassenkonferenzen und Gesamtlehrerkonferenzen teil.

Zu den Gruppen-Angeboten in den Schulklassen gehören Gruppenarbeit zur Gewalt- und Suchtprävention, zur Stärkung der sozialen Kompetenz und zum Aufbau von Beteiligungsstrukturen wie etwa Klassenrat und geschlechtsspezifische Angebote. Die Vernetzung mit der gemeinwesenorientierten offenen Jugendarbeit, dem Kreisjugendamt, dem Jugendbüro, den Wohn- und Tagesgruppen sowie dem mobilen Dienst des Diasporahauses Bietenhausen, der Stadt und der Arbeitsagentur gehören überdies zu ihren Aufgaben. Dabei gehörten traumapädagogische und systematische Arbeitsmethoden sowie Arbeitsansätze aus dem erlebnispädagogischen Bereich bei der Umsetzung zu den Standards, betonte Annica Lederer.

Einzelgespräche sind an der Tagesordnung

129 Beratungsgespräche hat Annica Lederer im Kalenderjahr 2024 geführt, berichtete sie abschließend. Die Themen: Konflikte, Ausgrenzung, familiäre Schwierigkeiten, selbstverletzendes Verhalten, Panikattacken und Ähnliches mehr. An Runden Tischen fanden solche Gespräche auch mit Eltern und Klassenlehrern statt.

Projekte für Körper und Seele – und gegen Sucht

„Body and Soul“
 heißt ein wöchentliches Angebot seit diesem Frühjahr an der Realschule Meßstetten. In der großen Pause gibt es für die Kinder Saft und Snacks. Es wird gesungen und ein christlicher Impuls vorgetragen – in Zusammenarbeit mit der Fachschaft Religion. „Die Schüler zeigen reges Interesse und übernehmen selbst kurze Impulse“, berichtete die Schulsozialarbeiterin. Knapp 30 Kinder und Jugendliche seien regelmäßig dabei.

Alkohol- und Drogenprävention
 sind Bestandteil eines weiteren Projekts der Schulsozialarbeiterin in Zusammenarbeit mit dem Präventionsbeauftragten der Realschule für die achten Klassen. Daran wirkten auch externe Experten wie die Suchtberatungsstelle der Diakonie und der Polizei mit. Deren Präventionsbeauftragter nehme außerdem an einem Elternabend teil.

Essstörungen und Süchte
waren Thema eines Vortrags im Dezember 2024 mit dem früheren Top-Model Kera Rahel Cook für die siebten Klassen – ein Projekt, das Lederer zusammen mit der Fachschaft Biologie auf die Beine gestellt hatte. Ziel des Vortrags: Jugendliche sollten Essstörungen und Suchtverhalten besser verstehen. Das frühere Model ist selbst betroffen und hat laut Annica Lederer anschaulich über die Ursachen und Auswirkungen sowie die psychischen und sozialen Aspekte von Essstörungen und Sucht informiert. Der Erfolg des Abends hat Annica Lederer darin bestärkt, solche Veranstaltungen künftig öfter anzubieten.

Ein Büchertauschregal
hat Annica Lederer zu Beginn des Schuljahres 2024/25 in Kooperation mit der Stadtbücherei eingerichtet – das soll die Leselust fördern und Abwechslung in den Lesestoff der Schüler bringen. Die gute Nachricht: Das Angebot werde rege genutzt, freute sich Lederer.

„No Blame Approach“
ist ein Ansatz zur Bekämpfung von Mobbing, den Annica Lederer in mehreren Klassen erfolgreich umsetzt. Dabei gehe es darum, die Schüler aktiv an Situations- und Verhaltensänderungen zu beteiligen und ein besseres Klima in den Klassen zu schaffen – frei von Mobbing.

Über Ausbildungsmöglichkeiten
in sozialen Berufen sind die Realschüler der siebten Klassen im Frühjahr und Herbst 2024 in Informationsveranstaltungen zur Berufsorientierung informiert worden. Im Februar habe zudem ein einschlägiger Elternabend stattgefunden.